Volkswagen setzt mit einem neuen Werk in den USA zur Aufholjagd im weltweit größten Automarkt an. Das rund eine Milliarde Dollar (620 Millionen Euro) teure Werk in Chattanooga im Bundesstaat Tennessee soll dem Wolfsburger Konzern helfen, binnen zehn Jahren den US-Absatz mehr als zu verdreifachen. Mit dem Neubau folgt VW Konkurrenten wie Daimler oder BMW, die bereits in Amerika produzieren, um sich vom starken Euro unabhängiger zu machen. Bisher beliefert Volkswagen den US-Markt aus seinem Werk im mexikanischen Puebla und mit Importen aus Europa.
Euro als Problem
Der Höhenflug der europäischen Gemeinschaftswährung schmälert die Erlöse deutscher Unternehmen bei Exporten in die USA und erschwert für VW die Ertragswende im verlustträchtigen US-Geschäft. Das neue Werk sei Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens im Dollarraum, sagte Vorstandschef Martin Winterkorn. "Die USA sind für unsere Volumenstrategie ein wichtiger Markt, den wir jetzt mit großer Konsequenz erschließen."
VW kämpft wegen einer verfehlten Modellpolitik seit längerem mit rückläufigen Verkaufszahlen in den USA. Mit stärker auf den US-Geschmack ausgerichteten neuen Modellen will der Autobauer die Wende einleiten. Als erstes ist eine Mittelklasse-Limousine geplant.
Erste Autos ab 2011
Die ersten Wagen sollen in Chattanooga Anfang 2011 vom Band laufen. In der ersten Ausbaustufe will Volkswagen 150.000 Autos im Jahr bauen. 2007 waren in den USA rund 230.000 Fahrzeuge der Marke VW verkauft worden. Hinzu kamen 93.000 Audi. Damit lag der Marktanteil des Konzerns bei zwei Prozent.
Die Region Chattanooga habe eine entwickelte Zuliefer- und Verkehrsinfrastruktur sowie qualifizierte Arbeitskräfte, begründete das Unternehmen die Entscheidung. Mittelfristig werde VW an dem Standort rund 2000 Mitarbeiter beschäftigen.
Zunächst sollen in Chattanooga nur Modelle der Kernmarke VW gebaut werden. Danach könne aber auch eine gemeinsame Produktion mit der Schwestermarke Audi ins Auge gefasst werde, sagte ein Sprecher in Ingolstadt. Die VW-Tochter denkt ebenfalls über ein US-Werk nach, will sich mit einer Entscheidung aber noch Zeit lassen. "Wir werden im Frühjahr nächsten Jahres über einen Standort in den USA entscheiden", bekräftigte der Sprecher.
Die USA spielen in den Plänen von Firmenchef Winterkorn eine wichtige Rolle, den Absatz binnen zehn Jahren auf mehr als zehn Millionen Fahrzeuge zu heben. Damit wollen die Wolfsburger zum japanischen Rivalen Toyota aufschließen. Bis 2018 will Volkswagen in den USA jährlich eine Million Autos verkaufen.
Den ohnehin krisengeschüttelten Markt lähmen allerdings die explodierenden Spritpreise. Viele amerikanische Autokäufer verabschieden sich von den schweren Geländewagen und Pickups der drei US-Hersteller GM, Ford und Chrysler. Davon profitieren europäische und asiatische Hersteller, die mit spritsparenden Kleinwagen auf den Markt drängen.