In China hat die Corona-Krise begonnen. Die Chinesen waren die ersten, die ihre Wirtschaft massiv herunterfuhren. Und sie sind die ersten, die nun den flächendeckenden Neustart proben. Offiziell gibt es in der Volksrepublik derzeit keine Neuinfektionen mit Sars-CoV-2. Seit Mittwoch dürfen sogar die Einwohner von Wuhan ihre Stadt wieder verlassen. Und im Rest des Landes nehmen bereits seit Februar zuvor geschlossene Betriebe ihre Arbeit wieder auf.
Während viele Dienstleistungsbetriebe noch warten müssen, liegt die Priorität derzeit darauf, die Fabriken - den Motor des chinesischen Wirtschaftswachstums - wieder ans Laufen zu bekommen. Dabei stehen die Chinesen vor der heiklen Aufgabe, die Produktion wieder an ihr Normalniveau heranzuführen, ohne einen erneuten massiven Ausbruch des Virus zu riskieren. Also genau der Spagat, der auch Deutschland und anderen Industrienationen in den kommenden Wochen und Monaten bevorsteht.
Massive Schutzvorkehrungen
Beim Wiederhochfahren der Fabriken gehen die Chinesen genauso generalstabsmäßig vor wie zuvor beim Shutdown, wie ein Report der "Washington Post" zeigt. Die Zeitung berichtet von zahlreichen massiven Schutzvorkehrungen, die Regierung und Unternehmen in Kraft gesetzt haben, um Infektionen am Arbeitsplatz zu verhindern.
Das staatlich verordnete Tragen von Schutzmasken und tägliches Fiebermessen für alle sind dabei nur die Basisinstrumente. Darüberhinaus müssten Arbeitgeber der Regierung täglich in einem Report Auskunft über den individuellen Gesundheitsstatus ihrer Mitarbeiter geben. Zudem hat der Staat verfügt, dass in jedem Büro dreimal am Tag je 30 Minuten die Fenster zwecks Lüftung geöffnet werden müssen. Fingerscanner an Eingangstüren sind verboten und beim Mittagessen dürfen sich die Kollegen nicht gegenüber sitzen, denn da müssen sie den Mundschutz ja wohl oder übel abnehmen.

Neben diesen staatlich verordneten Regeln operieren viele Unternehmen mit weiteren Maßnahmen, die teilweise in Deutschland wohl nur schwer zu vermitteln wären. So sind einige Betriebe dazu übergegangen, Mitarbeiter komplett auf ihrem Firmengelände einzuquartieren, um private Kontakte als Infektionsquellen auszuschließen. So hat etwa Glashersteller Fuyao auf dem eigenen Campus 50 Schlafplätze für Mitarbeiter eingerichtet, die eigentlich außerhalb wohnen.
Foxconn sichert den iPhone-Nachschub
Auch der taiwanische Apple-Zulieferer Foxconn, der mehrere Produktionsstätten auf dem chinesischen Festland hat, ergreift spezielle Maßnahmen. An einer iPhone-Produktionsstätte sei die Belegschaft in Zellen von je 20 Leuten eingeteilt, die Tag und Nacht zusammenbleiben müssen. "Dieselbe Gruppe von Mitarbeitern arbeitet, reist, lebt und isst zusammen, um sicherzustellen, dass die Bewegungen der Mitarbeiter vollständig verfolgt werden", zitiert die Post aus einer Mitteilung der lokalen Behörden.
Eine Foxconn-Mitarbeiterin berichtet der Zeitung, dass neben Gesichtsmaskenpflicht und obligatorischem Fiebermessen auch die Arbeitsplätze umgebaut wurden. Zwischen den Arbeitsplätzen gebe es nun Trennwände, sodass man sich nicht sieht oder miteinander sprechen kann und auch die Tische in der Cafeteria seien mit großen Trennern separiert. Die Tische in der Cafeteria seien zudem mit QR-Codes ausgestattet worden, sodass nachvollzogen werden kann, wer wann wo gesessen hat. Auch Infrarot-Kameras, die die Körpertemperatur der Mitarbeiter im Vorübergehen messen, wurden installiert. Zudem testet der Konzern seine Mitarbeiter auch mithilfe von Röntgenstrahlung auf Auffälligkeiten in der Lunge, wie der Economist hervorhebt.
Die benötigten Gesichtsmasken produziert Foxconn übrigens selbst: Der Konzern hat erklärt, bereits zehn Millionen OP-Masken für den Eigengebrauch produziert zu haben. Ziel sei es, zwei Millionen Stück pro Tag zu produzieren.
Fabriken schon wieder bei 80 Prozent
Der Aufwand scheint sich zu lohnen. Alle Foxconn-Fabriken auf dem chinesischen Festland sind wieder in Betrieb. Insgesamt operierten die meisten chinesischen Fabriken schon wieder auf einem Niveau von 80 Prozent ihrer Kapazität, schreibt der Economist.
Hygiene wird dabei überall groß geschrieben. In einer Klimaanlagenfabrik des Elektrogeräteherstellers TCL im Küstenort Jiujiang sollen die Arbeiter sogar ihre eigenen Handtücher mitbringen. Zudem dürfen nie mehr als zwei Mitarbeiter gleichzeitig die Sanitärräume betreten. Die vorgeschriebene Morgenroutine für TCL-Arbeiter sehe derzeit wie folgt aus, zitiert die Washington Post aus einer Online-Mitteilung: "Schritt eins: Temperaturcheck. Schritt zwei: Desinfiziere deinen gesamten Körper. Schritt drei: Nimm eine Gesichtsmaske. Schritt vier: Scan den QR-Code, um dein Betreten der Fabrik zu protokollieren."
Techgigant Huawei hat gleich ein 73-seitiges Handbuch mit Maßnahmen und Verhaltensregeln erstellt. Darin steht unter anderem, dass sich jeder Mitarbeiter täglich vor Betreten eines Huawei-Gebäudes in einer Health-App einloggen und seinen Gesundheitsstatus bestätigen muss. Führungskräfte seien angehalten, stichprobenartig zu kontrollieren, ob ihre Mitarbeiter die Hände waschen. Und: In der Kantine ist nur noch gut durchgekochtes Essen erlaubt. Weichgekochte Eier und einseitig gebratene Spiegeleier seien verboten.
Quellen: Washington Post / Economist