Neue Klage rollt an EU knöpft sich VW-Gesetz aufs Neue vor

Wie viel Einfluss darf ein Land auf ein Wirtschaftsunternehmen haben? Nach dem Geschmack der EU-Kommission verletzt die gesetzlich festgeschriebene Macht Niedersachsens bei Volkswagen geltendes Recht. Brüssel startet jetzt einen zweiten Angriff.

Die EU-Kommission fährt ihre zweite Attacke auf das VW-Gesetz: Die Brüsseler Behörde hat entschieden, in dem schon zehn Jahre laufenden Verfahren Deutschland erneut wegen Verletzung des EU-Vertrags vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen. Die Behörde verlangt, dass Deutschland als Sanktion zu einem Bußgeld von mindestens 46,5 Millionen Euro verurteilt wird, wie am Donnerstag bekannt wurde.

Das VW-Gesetz sichert den besonderen Einfluss des Landes Niedersachsen und der Arbeitnehmervertreter bei VW ab. Nach Ansicht der EU-Kommission bevorzugt das VW-Gesetz einseitig den Aktionär Niedersachsen, schreckt andere Investoren ab - und wäre damit ein Verstoß gegen die Freiheit des Kapitalverkehrs. Die Hüter der EU-Verträge fordern von Deutschland daher, den Passus abzuschaffen, der Niedersachsen mit einem Anteil von 20 Prozent eine Sperrminorität bei dem Wolfsburger Autobauer sichert. Allgemein üblich im Aktienrecht sind dafür 25 Prozent.

Zwei von drei Punkten wurden 2007 gestrichen

Nach einem ersten Urteil von 2007 hatte die Bundesregierung zwei der drei strittigen Punkte des VW-Gesetzes gestrichen, die Sperrminorität blieb aber erhalten. "Deutschland hat das Gerichtsurteil nicht vollständig umgesetzt", begründete die EU-Kommission daher ihre Klage. Das faktische Vetorecht habe dazu beigetragen, Volkswagen vor der Übernahme durch Porsche zu bewahren; es behindere daher Investitionen und mache feindliche Übernahmen unmöglich.

Das Gericht muss nun klären, ob auch das novellierte VW-Gesetz unzulässig ist. Die Richter könnten weitere Änderungen verlangen und zudem ein Bußgeld verhängen, das auch noch höher ausfallen kann. Die Strafe ist von der Bundesrepublik - und nicht vom Konzern - zu zahlen.

Politik und Gewerkschaften fürchten um den Schutzwall und die Mitbestimmung. Schon im Vorfeld hatte es daher massiv Kritik aus Deutschland an der neuen EU-Klage gehagelt.

DPA · Reuters
fw/DPA/Reuters