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Neue Kraftwerke Stadtwerke rüsten gegen Energieriesen

Große Kommunalversorger kommen den Energiekonzernen ins Gehege: Sie wollen im Verbund 8KU in den nächsten zehn Jahren 10 Milliarden Euro in neue Kraftwerke investieren.
Von Michael Gassmann

Die acht größten deutschen Stadtwerke bieten den mächtigen Stromkonzernen die Stirn. Ihre 8KU genannte Allianz kündigte umfangreiche Investitionen in die Stromerzeugung an: "Wir sind als 8KU in der Lage, in zehn Jahren 10 Milliarden Euro zu investieren und damit zehn Gigawatt Kraftwerksleistung zu bauen", sagte der Koordinator Thomas Prauße im Gespräch mit der FTD. Der Gruppe gehören unter anderen die Versorger in Hannover, Frankfurt, Mannheim und Köln an.

Die Ankündigung ist eine Kampfansage an die Energiekonzerne RWE, Eon, Vattenfall und EnBW, die den Erzeugungsmarkt dominieren. Erstmals sagen die großen Kommunalversorger eine konkrete Investitionshöhe zu. Die Summe würde reichen, um ein Zehntel der gesicherten Kraftwerksleistung Deutschlands zu ersetzen. Die Leistung entspricht etwa der von acht großen Kernkraftwerken.

Stadtwerke fordern Planungssicherheit

Die Stadtwerke fordern für ihre Vorhaben die Unterstützung der Politik. Voraussetzung für die Realisierung der Pläne sei eine entschlossene Umsetzung der Energiewendegesetze, sagte Prauße. Daran fehle es bisher. Seien die Voraussetzungen erfüllt, könnten die Kommunalbetriebe schnell reagieren: "Die Projekte liegen in den Schubladen. Was uns fehlt, ist Planungssicherheit auch bei den Durchführungsbestimmungen", sagte Prauße.

Der Atomausstieg samt der sofortigen Schließung von acht Meilern hat die Dominanz der vier großen Energiekonzerne in der Stromerzeugung entscheidend geschwächt. Entsprechend selbstbewusst geben sich nun die Kommunalbetriebe: "In der Stromerzeugung haben wir es geschafft, uns zu mausern und dem 85-Prozent-Oligopol Marktanteile abzunehmen", sagte Prauße. Das 10-Milliarden-Investitionspaket der 8KU-Partner fließe voraussichtlich überwiegend in ortsnahe Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung auf der Basis von Gas oder Kohle. Ein großer Teil der Mittel diene darüber hinaus zum Ausbau erneuerbarer Energien, hauptsächlich der Windkraft.

Was kann Polen bieten?

Dabei blicken die Kommunalfirmen über den deutschen Markt hinaus. "Wir schauen uns bei 8KU den polnischen Windmarkt nach interessanten Projekten an", erläuterte Prauße. Konkrete Verhandlungen würden in Polen noch nicht geführt. Frühere Pläne in Frankreich hätten sich allerdings zerschlagen. Schritte ins Ausland dürften die Kritik an der wachsenden Marktmacht der staatlichen Energiewirtschaft anheizen. So führt der CDU-Wirtschaftsrat derzeit eine Kampagne gegen den Trend zur Rekommunalisierung.

Die rund 1000 Kommunalversorger gelten mit weit über 50 Prozent Marktanteil als Riesen im Stromverkauf, sind aber in der Erzeugung bisher großenteils auf die Konzerne angewiesen. Mithilfe eigener Kapazitäten könnte sich das ändern. Andere Stadtwerkeallianzen wie Trianel oder Thüga, bei denen auch kleinere und mittlere Versorger mitmachen, verfolgen ebenfalls Projekte. Mit der Übernahme des fünftgrößten Stromerzeugers Steag, der über mehr als sieben Gigawatt Kohlekraft verfügt, hat eine Gruppe von Ruhr-Stadtwerken zudem kürzlich den größten Schritt in den Erzeugungsmarkt gemacht. Skeptiker zweifeln indes an der Fähigkeit der Kommunalbetriebe, auf lange Sicht ausreichend Kapital für den Ausbau bereitzustellen.

Strompreise ziehen wohl weiter an

Die Strompreise werden nach Einschätzung der Großstadtwerke weiter anziehen - trotz des am Freitag bekannt gegebenen geringen Anstiegs der EEG-Umlage auf 3,6 Cent. "Ich rechne damit, dass die Strom- und Gaspreise durch die Erhöhung von staatlichen Abgaben, Gebühren und Netzentgelten steigen", sagte Prauße, im Hauptberuf Chef der Stadtwerke Leipzig. Von der Politik verlange er "mehr Ehrlichkeit gegenüber den Menschen: Dieser Weg der Energiewende wird teuer." Ohne staatliche Hilfen sei der Komplettumbau der Energiewirtschaft zudem nicht zu schaffen: "Wenn die Energiewende eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit ist, muss man auch über Subventionen nachdenken."

FTD

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