Opel-Krise Mehr Geld - weniger Arbeit

Die Krise bei Opel ist offenbar noch dramatischer als ohnehin angenommen. Laut einem Zeitungsbericht fehlen der General-Motors-Tochter im Falle einer Insolvenz des Mutterkonzerns 1,8 Milliarden Euro. Zudem soll die Produktion weiter zurückgefahren werden, es ist sogar von einer 30-Stunden-Woche die Rede.

Der Autobauer Opel braucht offenbar im "schlimmsten anzunehmenden Fall" eine Bürgschaft über 1,8 Milliarden Euro. Dabei gehe es um 1,3 Milliarden Euro für das kommende Jahr und weitere 500 Millionen für 2010, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ("FAZ") am Dienstag unter Berufung auf Teilnehmer der Berliner Krisengespräche. Opel wollte die Zahl nicht kommentieren.

Der Europachef des kriselnden Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM), Carl-Peter Forster hatte das erbetene Bürgschaftsvolumen nach dem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montagabend auf "etwas mehr als eine Milliarde Euro" beziffert. Forster betonte, es gehe nur um eine Vorsorge für den Fall, dass nach einer Insolvenz der amerikanischen Konzernmutter die Geldströme abreißen.

Opel-Chef Hans Demant erklärte in der "FAZ": "Selbst im Fall einer starken Rezession ist auch ohne die Bürgschaft unsere Liquidität für eine absehbare Zukunft gesichert." Auch im Fall einer Insolvenz von GM wäre die Zahlungsfähigkeit von Opel gewährleistet. Die Bundesregierung will bis Weihnachten über die Gewährung einer Bürgschaft entscheiden.

30-Stunden-Woche möglich

Um auf die Krise zu reagieren, plant Opel offenbar eine Produktionssenkung und erwägt die Einführung der 30-Stunden-Woche. "Wir bereiten uns auf schlechte Zeiten vor und korrigieren unsere Volumenplanung für 2009 um gut zehn Prozent nach unten", sagte Demant der "FAZ". Nach den Worten von Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz wird auch über die Reduzierung der Wochenarbeitszeit nachgedacht: "Diskutiert wird eine 30-Stunden-Woche in allen unseren europäischen Werken mit Ausnahme von Rüsselsheim, weil dort der neue Insignia anläuft", sagte Franz. Er werde Gespräche über Teillohnausgleiche und Kurzarbeitergeld aufnehmen. "Wir werden die geplante Volumenreduzierung ohne Personalabbau bewältigen", erklärte er.

Opel-Chef Demant erteilte den vielen Vorschlägen für eine Herauslösung von Opel aus dem GM-Verbund eine klare Absage. Man sei bald 80 Jahre Teil des Konzerns, da seien Strukturen gewachsen, sagte er dem Rundfunksender Bayern2. So befindet sich in Rüsselsheim das zweitgrößte Entwicklungszentrum von GM mit weltweiter Bedeutung. Allein die Einkünfte aus den 1,6 Millionen verkauften Autos in Europa würden nicht ausreichen, "um die Gesamtentwicklung, die wir machen müssen, zu bezahlen". Als Teil eines großen Konzerns zu agieren, habe eine ganze Menge Vorteile, sowohl für Opel als auch für die Mitarbeiter.

Unter anderem der "Wirtschaftsweise" Peter Bofinger hatte vorgeschlagen, der deutsche Staat solle Opel GM zumindest für einige Zeit abkaufen. Auch der Autoexperte Wolfgang Meinig sagte, eine schnelle Abspaltung von Opel sei der einzige Weg aus der Krise.

Arbeitnehmervertretung lehnt Nullrunde ab

Der Opel-Betriebsrat erklärte unterdessen, er wolle den von GM geforderten Lohnverzicht für die Beschäftigten des Rüsselsheimer Autobauers verhindern. "Wir werden das nicht akzeptieren", sagte Betriebsratschef Klaus Franz. Gemeinsam mit Arbeitnehmervertretern anderer Konzerntöchter habe sich das deutsche Unternehmen gegen die geforderte Nullrunde ausgesprochen. Der Tarifvertrag für die Metallindustrie solle wie mit dem Management vereinbart mit einem Abschlag von einem Prozentpunkt bei Opel Anwendung finden. Darüber verhandele der Betriebsrat bereits mit der Geschäftsführung. Die Metall-Tarifparteien hatten sich auf eine gestaffelte Lohnerhöhung von 4,2 Prozent ab Februar geeinigt.

Die geplante Bürgschaft von Bund und Ländern sei für das Unternehmen unabdingbar, sagte Franz. Es gebe "ausstehende Forderungen im Milliardenhöhe, die von der Konzernmutter eventuell nicht erbracht werden könnten." Zudem sei das Geld notwendig, um geplante Investitionen abzusichern, die den Fortbestand von Opel garantieren sollen.

Vertreter von Bund und Ländern trafen sich am Dienstag zu einem Gespräch über eventuelle Bürgschaften für Opel. Konkrete Ergebnisse gab es nicht. "Alle Beteiligten ziehen an einem Strang", sagte der hessische Finanz-Staatssekretär Walter Arnold nach den Gesprächen im Bundesfinanzministerium. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe arbeite zügig an den Details. Das Land Hessen will Opel und den Zulieferern mit Bürgschaften von bis zu 500 Millionen Euro unter die Arme zu greifen. Am Mittwoch soll der Landtag vor seiner Auflösung darüber abstimmen.

Bei Opel sind an den vier Standorten Rüsselsheim (Hessen), Bochum (NRW), Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz) und Eisenach (Thüringen) rund 25.700 Mitarbeiter beschäftigt.

DPA · Reuters
DPA/Reuters