Wirtschaftsminister in Athen Die hoffnungsvolle Reise des Herrn Rösler

Er war nach Athen gereist, um Optimismus zu verbreiten. Wirtschaftminister Rösler versprach bei seinem Griechenlandbesuch Unterstützung, machte aber auch klar: "Wir kommen mit klaren Forderungen."

Ein Sack Geld als Mitbringsel der Gäste aus Deutschland wäre den Griechen womöglich lieber gewesen. Doch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler kam nur mit einer Prise Hoffnung, aber mit wenig Konkretem für das am wirtschaftlichen Abgrund taumelnde Euro-Land.

Und selbst dieses kleine Geschenk in Form der grundsätzlichen Bereitschaft der deutschen Wirtschaft, sich stärker in Griechenland zu engagieren und dem Land so auf die Sprünge zu helfen, soll es nicht ohne Gegenleistung geben. "Wir kommen mit ganz klaren Forderungen", machte Rösler vor und während seines Besuchs in Athen klar: Ohne Strukturreformen, ohne eine schnellere und bessere öffentliche Verwaltung und ohne den Willen zu einer Lösung alter Zahlungsstreits zwischen deutschen Firmen und griechischen Auftraggebern, zumeist dem Staat, wird es kaum etwas mit mehr deutschen Investitionen.

Was sollte Rösler auch anderes mitbringen nach Athen? Er ist der Mann der Realwirtschaft, der Händler, Dienstleister und Produzenten - und nicht des Geldes. Der heißt in Deutschland Wolfgang Schäuble und hat sich in jüngster Zeit nicht in Griechenland blicken lassen - wie auch der Rest des deutschen Kabinetts. Dabei rangiert Geld, nämlich der Erhalt der nächsten Hilfszahlung der Euro-Partner und des IWF, für Griechenland auf der Prioritätenliste im Moment ganz oben. Doch dafür halten die Deutschen sich derzeit für die falsche Adresse. Die Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission ist es, die mit ihrem Prüfbericht zur aktuellen Entwicklung des Landes über weitere Hilfszahlungen entscheidet, nicht Berlin. So lautet die offizielle Sprachregelung - und das sagt auch Rösler.

Gewillt, die notwendigen Entscheidungen zu treffen

Rösler bleibt vor allem eines: Signale zu setzen, "starke Signale", wie er immer wieder sagt. Allein schon seine Reise sei ein solches starkes Signal der Zuversicht für das Krisenland. Die Liste von Röslers Gesprächspartnern in Griechenland scheint ihm Recht zu geben. Vor allem ein Programmpunkt: es ist nicht üblich, dass ein Wirtschaftsminister gleich vom Regierungschef des Gastgeberlandes - Giorgos Papandreou - empfangen wird. "Eine große Geste", sagt eine mit dem Protokoll vertraute Expertin. Und dass dieses Gespräch fast dreimal so lange dauerte wie vorgesehen, spricht für sich.

Auch, dass der zweitwichtigste Mann im griechischen Kabinett, Finanzminister Evangelos Venizelos, sich Zeit für Rösler nimmt, zeigt: Griechenland wirbt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln um Deutschlands Unterstützung. Und dabei wird Minister Rösler, der kürzlich mit Äußerungen über eine geordnete Insolvenz des Landes für Aufsehen gesorgt hatte, in Griechenland als wichtige politische Stimme gewertet. "Eine intelligente und dynamische Person" sei der deutsche Minister, schreibt eine große griechische Zeitung. Und sein Amtskollege Michalis Chrysochoidis bescheinigt ihm "ein sehr hohes Reaktionsvermögen". Er habe gezeigt, wie man auf Krisen zu reagieren hat.

Dass der Minister mit glasklaren Forderungen nach Griechenland reist - "Reformen müssen auch umgesetzt werden" - trifft nicht auf Abwehr - im Gegenteil. Chrysochoidis geht bei einem Empfang aus sich raus in dieser Frage. "Wir sind bereit, Veränderungen herbeizuführen. Wir wollen die Wende", versichert er mit Pathos. "Wir verstehen die Notwendigkeit von Änderungen". Die alten Rezepte führten nicht mehr heraus aus der Krise. "Wir sind gewillt, die notwendigen Entscheidungen zu treffen".

"Ich brauche ein Bild, das mich mit Rösler zeigt"

Und er lässt keinen Zweifel: "Die Zukunft unseres Landes ist in Europa, ist in der Euro-Zone." Da stimmt Rösler mit ihm überein, auch wenn das nicht all seine Fraktionskollegen in Berlin so sehen: "Wir wollen alle Staaten, die in der Euro-Zone sind, in der Euro-Zone halten." Dem diene auch sein jüngster "Resolvenz-Vorschlag", wie notleidende Staaten im Währungsraum gehalten und wieder auf die Beine kommen sollen.

Und einen ganz konkreten Hilfsvorschlag hat Rösler auch im Gepäck - zusammen mit der Zusage, dass Deutschland tatkräftig dabei helfen will: den für eine griechische Förderbank, die Finanzierungsschwierigkeiten bei großen Investitionsprojekten im Land beheben soll. Dafür könnte Geld aus EU-Mitteln, ungenutzte EU-Strukturfondsmittel, genutzt werden. Dafür will Rösler in Brüssel werben. Denn derzeit, das räumt er ein, erlauben die Regeln eine solche Verwendung eigentlich nicht.

Zudem unterzeichnete Rösler am Freitag mit seinem griechischen Kollegen Michalis Chrysochoidis eine Erklärung, die deutsche Mithilfe bei der Beschleunigung von Verwaltungsverfahren und der Lösung von Finanzierungsproblemen vorsieht, um Firmen zu einem Engagement zu ermutigen.

Ob die mitgereisten deutschen Geschäftsleute nach dem Besuch gleich Investitionen für Griechenland auflegen, muss bezweifelt werden. Das braucht auch im günstigsten Fall noch einige Zeit, denn Reformen und die Rückgewinnung verloren gegangenen Vertrauens ist keine Sache von Tagen. Für einen in der Wirtschaftsdelegation, in der die großen Namen fehlen, ist das Ziel der Reise ganz einfach: "Ehrlich gesagt, ich brauche vor allem ein Bild, das mich mit Rösler zeigt", sagt er. Es geht nicht um Eitelkeit. Vielmehr will der Unternehmer, der in Griechenland schon Millionen investiert hat und harte Korruptionserfahrungen machte, mit dem Bild den griechischen Geschäftspartnern signalisieren: Aufgepasst, ich habe höchste Verbindungen und werde Unregelmäßigkeiten bei Geschäften nicht dulden. Wieder ein Signal. Daher ist er in Röslers Reisegruppe wohl ganz richtig.

Reuters
fro/Reuters