Russland Prozess gegen Ex-Yukos-Chef geht weiter

Das Gericht in Moskau lehnte einen von der Verteidigung unterstützten Antrag einer Menschenrechtsorganisation ab, das Verfahren im Rundfunk zu übertragen und ein Mikrofon im Gerichtssaal aufzustellen.

Chodorkowskis Verteidiger Juri Schmidt sagte, der Staatsanwalt habe argumentiert, dies würde die Beteiligten ablenken. Der Prozess gegen den ehemaligen Yukos-Konzernchef Michail Chodorkowski ist am Montag fortgesetzt worden.

Es war der erste Prozesstag, seit russische Gerichtsvollzieher in der vergangenen Woche das Vollstreckungsverfahren gegen den Ölkonzern eingeleitet hatten. Das russische Finanzamt verlangt allein für das Jahr 2000 Steuerrückforderungen über 99,4 Milliarden Rubel (2,76 Milliarden Euro). Der angeschlagene russische Ölkonzern hat laut Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax der Regierung in Moskau die Zahlung von 7,5 Milliarden Dollar zur Begleichung seiner Steuerschulden angeboten.

Sibneft-Anteil als Sicherheit geboten

Yukos-Chef Stephen Theede habe diesen Vorschlag am Donnerstag in einem Brief an die Regierung unterbreitet, so Interfax weiter. Yukos-Pressesprecher Alexander Schadrin bestätigte den Brief an die Regierung, wollte sich aber nicht zum Inhalt äußern. Der Ölkonzern hatte am Mittwoch eine Frist für die Nachzahlung von Steuern für das Jahr 2000 über 3,4 Milliarden Dollar versäumt. Am Freitag hatten Gerichtsvollzieher dann begonnen, die wichtigsten Ölanlagen des russischen Konzerns Yukos in Sibirien nach Vermögenswerten zu durchsuchen.

Yukos hatte nach Möglichkeiten gesucht, sich mit der Regierung auf einen Modus für die geforderten Steuerrückzahlungen für die Jahre 2000 und 2001 von jeweils 3,4 Milliarden Dollar zu verständigen. Interfax zufolge hat Theede die Zahlung von drei Raten über je 2,5 Milliarden Dollar innerhalb von drei Jahren vorgeschlagen. Damit sollten alle Forderungen der Jahre 2000 bis 2003 beglichen werden. Zudem habe er als Sicherheit den Yukos-Anteil am kleineren Konkurrenten Sibneft von 35 Prozent angeboten. Dieser habe einen Wert von etwa 4,7 Milliarden Dollar. Er habe die Behörden auch gebeten, bei einer Einigung die Erstattung der Mehrwertsteuer für Ölexporte an den Konzern von rund 550 Millionen Dollar zu berücksichtigen.

Offene Forderungen von zehn Milliarden Dollar

Yukos hatte in den vergangenen Wochen mehrfach betont, dem Unternehmen drohe der Konkurs, da die Konten wegen der Betrugs-Ermittlungen der Behörden eingefroren sind. Analysten schätzen, dass die Steuerforderungen nach Prüfung der Bücher für 2002 und 2003 auf mehr als zehn Milliarden Dollar anwachsen könnten. Yukos stellt etwa ein Fünftel der russischen Ölexporte und beschäftigt mehr als 100.000 Mitarbeiter.

Chodorkowski werden Steuerhinterziehung und Betrug vorgeworfen. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm zehn Jahre Gefängnis. Beobachter schlossen schon im Vorfeld eine erneute Vertagung der Verhandlung nicht aus. Nach ihrer Einschätzung könnte sich der wichtigste Prozess Russlands seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion bis weit in den Herbst hinziehen. Das harte Vorgehen gegen Yukos und seinen ehemaligen Chef und Großaktionär Chodorkowski wird von vielen als Reaktion der Führung um Präsident Wladimir Putin auf mögliche politische Ambitionen Chodorkowskis gesehen. (AP)

DPA

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