Nun also auch Busse und Straßenbahnen. Die Gewerkschaft Verdi hat für diesen Freitag die Beschäftigten von Verkehrsbetrieben in fast ganz Deutschland aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. Die Räder von Bussen und Straßenbahnen in rund 130 Verkehrsunternehmen sollen stillstehen. Und gerade erst zu Ende gegangen ist der Streik des Luftsicherheitspersonals an den Flughäfen, kurz zuvor jener der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer bei der Deutschen Bahn, der etlichen Menschen in Deutschland viel Zeit und Nerven gekostet hat.
Daten belegen keine starke Zunahme von Streiks in Deutschland
Wird der Stillstand hierzulande mehr und mehr zum Normalfall? Macht sich eine Streikkultur breit? Zumindest für die vergangenen Jahre lässt sich das Anhand der Zahlen nicht belegen.
Laut Statistischem Bundesamt sind 2022 rechnerisch 6,5 Arbeitstage pro 1000 Beschäftigte durch Arbeitskämpfe verlorengegangen. Der Wert lag in den zehn Jahren zuvor jeweils zwischen 3,2 und 14,0 – mit einer Ausnahme: 2015 waren es 28,2 Arbeitstage, unter anderem wegen Warnstreiks der IG Metall mit mehr als 880.000 Beteiligten sowie bei der Bahn und bei der Lufthansa.
Und auch die Anzahl der Arbeitskämpfe bewegt sich in den Jahren von 2012 bis 2022 Im Wesentlichen auf ähnlichem Niveau. So verzeichnet die Bundesagentur für 2022 insgesamt 1532 von (Warn-)Streiks betroffene Betriebe. Rund 284.000 Beschäftige haben sich beteiligt. Die geringsten Werte gab es 2012 mit 367 Betrieben, in denen insgesamt rund 22.000 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt habe. Der Höchststand an bestreikten Unternehmen wurde 2015 erzielt (1618), an Streikenden 2018 (682.000). Für 2023 und das laufende Jahr liegen jeweils noch keine Daten vor.
114, 117, 449 Tage: Die längsten und größten Streiks in Deutschland

Dass Deutschland im Streikfieber ist, lässt sich anhand der Zahlen nicht belegen. Klar ist aber: Streiks bekommen immer dann mehr Aufmerksamkeit, wenn sie bemerkbar sind. Schließlich fällt es mehr Menschen auf, wenn Busse und Bahnen nicht fahren, als wenn bei einem Autozulieferer zwei Tage die Bänder Band stillstehen. Und es gilt, wie es der Deutsche Gewerkschaftsbund formuliert: "Der Streik war und ist das Mittel für ArbeitnehmerInnen, um ihre Interessen gemeinsam durchzusetzen." Der Arbeitskampf hat hierzulande Verfassungsrang, ist aber an strenge Regeln und Bedingungen geknüpft.
International ist Deutschland ohnehin weit davon entfernt, Streik-Weltmeister zu sein. Nach ausgefallenen Arbeitstagen belegt die Bundesrepublik Rang neun von 18 untersuchten Ländern. Führend ist Belgien. Bei unseren Nachbarn fielen von 2012 bis 2021 im Durchschnitt 96 Arbeitstage pro 1000 Beschäftigte aus.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien zuerst am 20. Januar 2024 und wurde für die erneute Veröffentlichung aktualisiert.