Als "historische Steuererleichterung" bezeichnete das Weiße Haus die verfrühte Auszahlung der Kinderfreibeträge. Die Maßnahme, die nun ausläuft, ist Teil des "American Rescue Plan". Dabei handelt es sich um ein Konjunkturprogramm in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar, das die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen der Pandemie auffangen soll.
36 Millionen Haushalten in den USA profitierten von Zahlungen
36 Millionen Haushalte profitierten von der finanziellen Hilfe. Normalerweise zahlt der Staat die Kinderfreibeträge einmal im Jahr mit der Steuererklärung aus. Im Rahmen der Corona-Hilfe hat sich das Weiße Haus im vergangenen Jahr für eine alternative Lösung, die erweiterten Kinderfreibeträge, entschieden. Bereits im laufenden Jahr haben Eltern die Hälfte der Kinderfreibeträge erhalten, die sie sonst 2022 erhalten hätten. Ausgezahlt wurde die Summe in sechs monatlichen Raten. Somit konnten etliche Haushalte von Juli bis Dezember laut US-amerikanischem Finanzministerium "auf gleichbleibender Basis finanzielle Unterstützung erhalten, anstatt auf die Steuererklärung zu warten".
Zudem hat die Regierung die Beträge aufgestockt. Für ein Kind im Alter von unter sechs Jahren steht den Erziehungsberechtigten eine Gesamtsumme von 3.600 statt 2.000 Dollar pro Kind zu. Für Sechs- bis 17-Jährige sind es 3.000 statt 2.000 Dollar. Ebenfalls angehoben wurde die Altersgrenze: Von 16 auf 17 Jahre.
"Kurzfristiger Sieg im Kampf gegen die Kinderarmut"
Im Dezember wurde der "Child Tax Credit" ein letztes Mal ausgezahlt. Die Auswirkungen machten sich bereits im Folgemonat bemerkbar. Die Kinderarmutsrate stieg von 12,1 auf 17 Prozent an. In absoluten Zahlen sind das 3,7 Millionen Kinder mehr, die nun unter die Armutsgrenze fallen. Das geht aus einer Studie des Zentrums für Armut und Sozialpolitik der Columbia University hervor.
Mit dem Wegfallen der Beträge leben nach Angaben der Columbia University nun insgesamt 12,6 Millionen Kinder in Armut. Besonders betroffen sind schwarze und lateinamerikanische Kinder. Eines von vier schwarzen Kindern fiel im Januar unter die Armutsgrenze, 600.000 mehr als im vorherigen Monat. In letzterer Gruppe waren es 1,3 Millionen mehr.

Als einen "kurzfristigen Sieg im Kampf gegen die Kinderarmut, der nun langsam entgleitet", benennt Joshua McCabe, Experte für Sozialpolitik am Nikskanen Center, das sich unter anderem für bürgerliche Freiheiten einsetzt, die Zahlungen in einem Artikel der "Washington Post".
Kinderarmutsrate in den USA wird hoch bleiben
Allerdings steht den Eltern noch die zweite Hälfte der Freibeträge für das Steuerjahr 2021 zu. Das Geld erhalten sie wie gewohnt nach Einreichen der Steuererklärung. Die Forscher der Columbia University erwarten, dass die Armutsrate damit schlagartig, aber nicht nachhaltig zurückgehen wird. "Es ist wahrscheinlich, dass die monatliche Kinderarmutsrate bis zum Ende des Jahres 2022 anhaltend hoch sein könnte ohne den erweiterten Kinderfreibetrag", prognostizieren die Experten.
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Präsident Biden plädiert nach Angaben des Weißen Hauses dafür, die finanzielle Erleichterung zu verlängern und sogar dauerhaft beizubehalten. Der "Child Tax Credit" gilt als wichtigster Treiber des "American Rescue Plan". Dieser sieht unter anderem vor, die Kinderarmut im Land auf lange Sicht zu halbieren. Aktuell schraubt die Regierung die Ausgaben für die Corona-Hilfen allerdings zurück, um die Inflation einzudämmen. Nicht nur deshalb hat sich eine Mehrheit von Politikern gegen den "Child Tax Credit" ausgesprochen.
Kompromiss in den USA?
So argumentierte Senator Joe Manchin beispielsweise, die Zahlungen könnten dazu führen, dass Eltern sich aus dem Erwerbsleben zurückziehen. Die Studie der Columbia University hingegen kommt zu dem Schluss, dass die Kinderfreibeträge keine negativen Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit der Eltern hatten. Die Experten erwähnen lediglich positive Effekte: Die Zahlungen seine ein finanzieller Puffer, der es den Familien ermöglicht, die Grundbedürfnisse zu erfüllen.
Den erweiterten Kinderfreibetrag bezeichnet Samuel Hammond, Direktor für Sozialhilfe und Armut am Niskanen Center, im Gespräch mit der "Washington Post" als "eine der wirkungsvollsten Maßnahmen zur Armutsbekämpfung dieser Generation". Auf lange Sicht könnte sich die Regierung auf einen Kompromiss einigen. Senator Mitt Romney schlug vor, die Zahlungen beizubehalten, aber den Gesamtbetrag auf eine niedrigere Summe herabzusetzen. Noch gibt es allerdings keine Anzeichen für eine baldige Einigung in der Frage.
Quellen: Columbia University, "The Washington Post", "The Washington Post", The White House, U.S. Department of the Treasury