In kaum einem Punkt waren die Positionen von CDU und SPD vor der Wahl so unterschiedlich, wie bei der Frage, welchen Weg die gesetzliche Krankenversicherung einzuschlagen hätte. Deshalb erwarten sich Beobachter auch vom Ringen um diese Reform einen der spannendsten Polit-Krimis für das laufende Jahr.
Zur Einigung verdammt
Die SPD setzte im Wahlkampf auf das Konzept der Bürgerversicherung. Alle - inklusive der heute Privatversicherten - sollen nach diesem Modell in eine Versicherung mit einheitlichem Leistungsangebot einzahlen. Als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge will die SPD neben den Arbeitseinkommen auch Kapitaleinkünfte einbeziehen.
Die Union will vor allem die bisherige private Krankenversicherung beibehalten. Die gesetzliche Krankenversicherung will die Union auf ein Pauschalprämienmodell umstellen, bei dem jeder Versicherte eine einkommensunabhängige Gesundheitsprämie bezahlt. Geringverdiener erhalten einen Zuschuss aus Steuermitteln. Kinder bleiben beitragsfrei mitversichert.
Beispiel Niederlande
Die Konzepte klingen praktisch unvereinbar. "Es ist schwierig, sich einen Kompromiss in der Gesundheitspolitik zwischen Kopfpauschale der CDU und Bürgerversicherung der SPD vorzustellen", sagte der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen noch Ende Januar in einem Zeitungsinterview. Für Ende März haben Union und SPD ihre Reformkonzepte in Aussicht gestellt. In den vergangenen Tagen dämpften führende Politiker beider Seiten die Hoffnungen auf ein baldiges Gelingen einer großen Gesundheitsreform. Ohne eine wirksame Reform aber werden die Krankenkassenbeiträge wieder steigen. Oder es müsste weitere Einschnitte bei den Leistungen geben, um den Anstieg der Ausgaben zu stoppen.
Ein Punkt, in dem die Meinungen der Koalitionspartner auseinander gehen, ist die Frage, wie viele Ausgaben in der Gesundheitsversorgung vom Steuerzahler aufgebracht werden sollen. Ob etwa die Mitversicherung von Kindern über Steuern finanziert werden sollte. Als einen Punkt, an dem eine Reform ansetzen könnte, nennen Gesundheitsexperten überdies die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern oder eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Da bedeutet, dass nicht mehr nur das Erwerbseinkommen, sondern alle Einkünfte beitragspflichtig würden.
Auf der Suche nach Übereinstimmungen verwiesen Fachleute beide Parteien in den vergangenen Monaten häufiger auf die Niederlande. Dort wurde eine Mischung aus Prämienmodell und einkommensbezogenem Versicherungsbeitrag eingeführt.