Kopfpauschale oder Bürgerversicherung? Innerhalb der großen Koalition ist diese Frage heftig umstritten. Die Fraktionschefs Volker Kauder (CDU) und Peter Struck (SPD) wollen bis zur Mitte 2006 einen Kompromissvorschlag vorlegen. Noch sind die Positionen unversöhnlich: Die CDU will eine Kopfpauschale einführen (im Gespräch sind rund 200 Euro), die jeder Bürger zu zahlen hat - unabhängig vom jeweiligen Verdienst. Die SPD will die Bürgerversicherung etablieren, eine Art Einheitskasse, in die auch Beamte und Selbständige einzahlen sollen. Die Höhe der Beiträge bliebe abhängig vom Gehalt und würde auch weiterhin zu gleichen Teilen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sprach sich am Dienstag auf der Bundespressekonferenz in Berlin für das Konzept der Union aus. Die Kopfpauschale sei die "beschäftigungsfreundlichste Variante", weil sie helfe, die Lohnnebenkosten zu senken. Gleichzeitig plädierte Hundt für "mehr Wettbewerb, mehr Eigenverantwortung, Kapitaldeckung und die Überprüfung des Leistungskataloges" - der Bürger soll also einen größeren Teil der Gesundheitskosten künftig selbst zahlen. Der soziale Ausgleich für Geringverdiener solle über Steuermittel erfolgen.
Loch von 20 Milliarden Euro
Dass das Gesundheitssystem grundlegend reformiert werden muss, ist unzweifelhaft. Nach Berechnungen des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach fehlen den Gesetzlichen Kassen in den kommenden vier Jahren mehr als 20 Milliarden Euro. Allein die Erhöhung der Mehrwertsteuer werde die Ausgaben für Medikamente um 800 Millionen Euro pro Jahr steigen lassen. Um diese Kosten abzufangen, müssten die Kassen die Beiträge anheben - womit automatisch auch die Lohnnebenkosten steigen würden. Sowohl CDU als auch SPD wollen das verhindern.
Die Probleme der jeweiligen Konzepte liegen allerdings auf der Hand. Bei Einführung der Kopfpauschale wäre es zum Beispiel notwendig, ein großen bürokratischen Apparat aufzubauen, um den Sozialausgleich aus Steuermitteln zu organisieren. Die Bürgerversicherung setzt eine Abschaffung der Privaten Krankenversicherung voraus, die - im Gegensatz zur Gesetzlichen Versicherung - bislang gut funktioniert hat. EU-Nachbarländer , die eines der beiden Konzepte ausprobiert haben, konnten bislang keine durchschlagenden Erfolge verbuchen. SPD-Fraktionschef Struck spekuliert vermutlich auch deshalb auf einen "dritten Weg".