Ärztetag Mediziner verteufeln Bürgerversicherung

Die Ärzte befeuern den Wahlkampf in der Gesundheitspolitik. Sie wettern gegen eine Bürgerversicherung und malen ein düsteres Bild vom Ende der Freiheit in der Medizin.

Ärzte und FDP machen Front gegen die von SPD und Grünen geplante Bürgerversicherung. "Die Bürgerversicherung macht den Versicherten zum Bittsteller einer Einheitskasse", sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) beim 116. Deutschen Ärztetag am Dienstag in Hannover. Systeme dieser Art in anderen Ländern liefen auf eine schlechtere Versorgung und ein Zwei-Klassen-System hinaus. Das Modell aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung habe sich bewährt. Sein Ziel sei es, in der nächsten Wahlperiode die Vorteile weiter zu stärken und die Nachteile abzubauen.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, warnte, Einheitssysteme wie eine Bürgerversicherung schränkten den Leistungskatalog ein. "Die Geldspeicher sind voll. Es herrscht also überhaupt keine Not, das System von den Füßen auf den Kopf zu stellen." Ein Modell der Ärztekammer sieht vor, das duale System beizubehalten und zu stärken. Zudem soll die Finanzautonomie der Kassen wieder hergestellt werden. Den Arbeitgeberanteil an den Beiträgen wollen die Mediziner auf 7,3 Prozent festschreiben.

Auch Wirtschaft kritisiert Bürgerversicherung

Beim Modell der Bürgerversicherung sollen die gesetzliche und private Krankenversicherung zusammengelegt werden. Die SPD will den Bürgern aber freistellen, welche Krankenkasse sie wählen. Privatversicherte sollen die Möglichkeit zum Wechsel erhalten. Die Grünen wollen eine solche Wahl für bisher Privatversicherte allerdings nicht.

Auch aus der Wirtschaft kommt immer wieder Kritik an dem Modell. Eine Studie des IGES-Instituts im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung und der Verbraucherzentralen hatte ergeben, dass mittlere und höhere Einkommen spürbar belastet würden.

Montgomery regte zudem an, für jedes in Deutschland geborene Kind ein "Gesundheitssparkonto" einzurichten, in das der Staat 100 Euro im Monat einzahlen könne. Der entstehende Grundstock von rund 20.000 Euro pro Kind soll Kostensteigerungen in der Zukunft abfangen. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte, die Vorschläge gingen in die richtige Richtung.

Ärzte wollen Inflationsausgleich von 30 Prozent

Der Ärztepräsident appellierte in seiner Rede zudem an die Politik, sich einem Inflationsausgleich für die Mediziner in Höhe von 30 Prozent bei der Behandlung von Privatversicherten nicht zu verweigern. Er verwies darauf, dass der sogenannte Punktwert in der Gebührenordnung (GOÄ) seit 1996 unverändert sei. Im selben Zeitraum seien die Gebührenordnungen anderer freier Berufe angepasst, etwa von Tierärzten und Rechtsanwälten. Die Inflationsrate sei letztlich für alle gleich.

Bahr hatte die Forderung schon vor wenigen Tagen mit der Bemerkung zurückgewiesen, er kenne keine Berufsgruppe, die einen kompletten Inflationsausgleich bekomme.

Reuters
kng/Reuters