Sie sind in dem Wahlprogramm der Sozialdemokraten enthalten, das an diesem Montag vom SPD-Vorstand verabschiedet werden soll und der dpa vorliegt. Das 37 Seiten starke Papier mit dem Titel "Vertrauen in Deutschland" sieht auch einen gesetzlichen Mindestlohn vor, falls sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht auf eine tarifliche Lösung einigen.
Bürgerversicherung soll private Krankenversicherung nicht abschaffen
Ein neues Elterngeld, auf das ein Jahr Anspruch besteht, soll sicherstellen, dass Familien mit kleinen Kindern ihren Lebensstandard auch bei Berufsunterbrechung halten können. Zudem wird die Einführung der Gebührenfreiheit in Kindertagesstätten angekündigt. Am Bafög will die SPD festhalten, ebenso am gebührenfreien Erststudium.
Die geplante Bürgerversicherung im Gesundheitswesen soll nicht die private Krankenversicherung abschaffen. Zwischen den gesetzlichen und privaten Kassen solle es einen Wettbewerb um die beste Versorgung geben. "Jeder muss versichert sein. Auch Gutverdienende, Beamte, Selbstständige und Politiker werden in die Solidarische Krankenversicherung einbezogen", heißt es. Jede Kasse müsse jeden Bürger "ohne Ansehen des Risikos versichern". Die Beiträge sollen sich wie bisher nach dem Einkommen richten.
Geld aus "Reichensteuer" soll für Bildung und Forschung ausgegeben werden
Einen dreiprozentigen Aufschlag auf die Einkommensteuer sollen Ledige von 250.000 Euro Jahreseinkommen an, Verheirate von 500.000 Euro an zahlen. Das Geld ist für Investitionen in Bildung, Forschung und Zukunftstechnologien vorgesehen. Die Steuer auf große private Erbschaften soll "sozial gerecht" verändert werden. An der Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschlägen will die SPD anders als Union und FDP unverändert festhalten.
Kritik an der "Reichensteuer" übte der SPD-Finanzsenator von Berlin, Thilo Sarrazin. Dem Magazin "Der Spiegel" sagte er: "Dieser Plan ist mehr ein kommunikativer Gag als eine Sachentscheidung." Angesichts einer jährlichen Finanzlücke von 80 Milliarden Euro in den öffentlichen Haushalten und erwarteten 1,7 Milliarden Euro aus der "Reichensteuer" ändere diese nichts an der "katastrophalen Haushaltslage". "Wir sollten uns nicht mit Symbolpolitik verzetteln, sondern mutig eine grundlegende Überarbeitung unseres Steuersystems angehen."

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Ankurbelung der Konjunktur durch Bauprogramme
Private Haushalte sollen laut Wahlmanifest bei der Modernisierung von Immobilien 20 Prozent ihrer Kosten von der Steuer abziehen können - bis zu einer Höhe von 3000 Euro. Davon verspricht sich die SPD die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Handwerk. Zur Ankurbelung der Konjunktur sollen in den nächsten vier Jahren zusätzlich zwei Milliarden Euro in den Ausbau von Straßen und Bahnen gesteckt werden.
Die SPD spricht sich weiter dafür aus, dass Ausländer verstärkt Deutschland zu ihrem Lebensmittelpunkt machen. Für den Schulbesuch soll die Kenntnis der deutschen Sprache unverzichtbar werden. Die in der Türkei und arabischen Ländern praktizierte Zwangsheirat soll unter Strafe gestellt werden.
Im außenpolitischen Teil des Manifests wird die zunehmende internationale Verantwortung Deutschlands bekräftigt. Aber wie beim Irak-Krieg müsse Deutschland, wo der Einsatz militärischer Mittel zweifelhaft sei, "Nein sagen", heißt es in dem Text weiter.
DPA
Deutschland
"Deutschland soll entscheiden. (...) Um unser Land in eine gute Zukunft zu führen, müssen Blockaden aufgebrochen und lähmender Streit überwunden werden. Jetzt und nicht erst in einem Jahr soll die notwendige Richtungsentscheidung getroffen werden. (...) Die Agenda 2010 ist das wichtigste Reformprojekt seit langem. (...) Wir setzen sie konsequent um und entwickeln sie weiter. (...) - Wir erneuern unser Land, aber wir wollen kein anderes Land. CDU/CSU und FDP wollen eine grundlegend andere Politik. Sie wollen die globale Wirtschaft nicht politisch gestalten, sondern ihr sich unterwerfen."
Neue Linkspartei
"Populistische Illusionen sind so gefährlich wie soziale Kälte unmenschlich ist - beide sind im Kern unmoralisch."
Steuern
"Der Körperschaftsteuersatz für Kapitalgesellschaften wird von 25 auf 19 Prozent reduziert. (...) Durch eine rechtsform- und finanzierungsneutrale Unternehmensteuer sollen künftig alle Betriebe einheitlich besteuert werden. (...) Wir wollen, dass hohe Individualeinkommen - ab einem Jahreseinkommen von 250 000 Euro (Ledige) beziehungsweise 500 000 Euro (Verheiratete) - stärker zu Finanzierung von notwendigen staatlichen Aufgaben - vor allem für Bildung und Forschung - herangezogen werden und dafür eine drei Prozent erhöhte Einkommensteuer zahlen. (...) Die private Erbschaftsteuer und das hiermit zusammenhängende Bewertungssystem werden wir sozial gerecht und verfassungsfest umgestalten. (...) An der Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschlägen halten wir fest."
Ostdeutschland
"Die unterschiedliche Höhe der Regelsätze für Arbeitslosengeld II in Ost und West werden wir aufheben (Angleichung Ost an West auf 345 Euro)."
Arbeit
"Die Tarifparteien sind aufgefordert, bundeseinheitliche tarifliche Mindestlöhne in allen Branchen zu vereinbaren. Soweit dies nicht erfolgt oder nicht erfolgen kann, werden wir Maßnahmen für einen gesetzlichen Mindestlohn ergreifen. (...) Die von Union und FDP gewollte weitgehende Abschaffung des Kündigungsschutzes wird es mit uns nicht geben. Gesetzliche Eingriffe in die grundsätzlich garantierte Tarifautonomie lehnen wir ab. (...) Die Mitbestimmung in Deutschland steht für uns nicht zur Disposition."
Familien
"Wir werden das bisherige Erziehungsgeld in ein für ein Jahr gezahltes Elterngeld mit Einkommensersatzfunktion umwandeln. Wir stellen dadurch sicher, dass Familien ihren Lebensstandard, auch wenn sie ihre Berufstätigkeit unterbrechen, halten können ... Wir wollen zusammen mit Ländern und Gemeinden schrittweise die Gebührenfreiheit für Kindertagesstätten umsetzen."
Bildung
"Das Erststudium bleibt frei von Studiengebühren. Das Bafög bleibt und wird nicht in ein Volldarlehen umgewandelt."
Ausländer
"Wir sind gegen die Existenz von Parallelgesellschaften. Ziel ist die Einbürgerung der Menschen, die Deutschland legal zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht haben. (...) Wir werden die Zwangsheirat expliziert als Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufnehmen."
Gesundheit
"Wir werden die Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln, in der gesetzliche und private Krankenversicherung nebeneinander Bestand haben. Jeder muss versichert sein. Auch gut Verdienende, Beamte, Selbstständige und Politiker werden in die solidarische Krankenversicherung einbezogen ... Jeder zahlt entsprechend seiner Leistungsfähigkeit."
Außenpolitik
"Wir sagen Nein, wenn wir von der Legitimation und dem Sinn eines kriegerischen Vorgehens nicht überzeugt sind. (...) Einem Wortbruch gegenüber Bulgarien und Rumänien, deren EU- Beitrittsverträge sich bereits im Ratifizierungsprozess befinden, und gegenüber der Türkei, mit der nach Erfüllung der Voraussetzung am 3. Oktober 2005 die langjährigen Beitrittsverhandlungen beginnen sollen, treten wir entschieden entgegen."