Das Blutvergießen im Jemen nimmt kein Ende, das Land steuert auf einen Bürgerkrieg zu. Seit drei Tagen versuchen die Truppen von Ali Abdullah Salih, die Aufständischen mit Waffengewalt niederzuschlagen. Das Kommando über das Militär, das jetzt neben Scharfschützen auch Mörsergranaten einsetzt, führt Salih-Sohn Ahmed.
Nach Informationen von Menschenrechtsaktivisten starben am Dienstag mindestens neun Menschen, als ein Geschoss ein Zelt der Protestierenden auf dem Taghier-Platz traf. Damit sind seit Sonntag, als Salih-Truppen damit begannen, in die Menge unbewaffneter Demonstranten zu schießen, fast 70 Menschen ums Leben gekommen. Seit Ausbruch der Proteste gegen das Salih-Regime töteten Sicherheitskräfte rund 500 Demonstranten.
Bereits am Montag hatten Armee-Brigaden, die loyal zu Präsident Ali Abdullah Salih stehen, nach Angaben von Ärzten und Helfern bei Angriffen auf Regimegegner 32 Menschen getötet. Unter den Opfern war auch ein kleines Kind.
Tausende Anhänger der Opposition hatten am Montagabend einen Stützpunkt der Salih-loyalen Republikanischen Garde gestürmt. Der seit 1978 amtierende Präsident hält sich seit einem Bombenanschlag im Juni, bei dem er schwer verletzt worden war, im benachbarten Saudi-Arabien auf.
Die Opposition demonstrierte am Dienstag unbeeindruckt von der neuen Gewalt weiter für ihr Ziel, den Rücktritt des an seinem Sessel klebenden Präsidenten. Für das jüngste Blutbad macht sie außer Staatschef Salih auch dessen Sohn Ahmed verantwortlich. Der kommandiert die Republikanische Garde. Demonstranten skandierten "Ahmed, du Sohn eines Schlächters!", berichtete der Nachrichtensender Al-Dschasira.
Präsident Salih weiter im Exil
Der inzwischen wieder weitgehend genesene Präsident traf am Montagnachmittag mit dem saudischen König Abdullah zusammen. Der Monarch rief die Jemeniten nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur SPA dazu auf, "die aktuelle Krise zu überwinden". Hinter den Kulissen hält das saudische Königshaus Salih noch davon ab, in den Jemen zurückzukehren. Der Gast aus dem Nachbarland residiert angeblich in einem luxuriösen Palast in Riad, womit ihm seine Gastgeber den Aufenthalt im arabischen Königreich zu versüßen trachten.
Die Website "News Yemen" meldete, am Montag sei ein Kameramann des TV-Senders Al-Hurra im Krankenhaus an den Folgen seiner Verletzungen gestorben. Ein Scharfschütze habe auf ihn geschossen, während er die Gewalt gegen Demonstranten in Sanaa filmte, hieß es.
Jemen gilt als strategisch besonders sensibel: Es grenzt an den weltweit größten Ölexporteur Saudi-Arabien und ist Rückzugsgebiet der einflussreichsten unter den regionalen Al-Kaida-Gruppen.