Cadillac BLS Europäischer Ami

Von Hans-Robert Richarz
Sein Äußeres deutet auf US-Gene hin. Doch unter der Karosserie des neuen Cadillac BLS steckt Saab- und Opeltechnik. Ein Fahrbericht.

Den Hinweis hätte Chip Thole bes ser gelassen. Bei der Vorstellung des neuen Cadillac BLS in der Nähe von Nizza verwies der Chefdesigner von General Motors darauf, dass er sich bei der Formgebung des neuen kleinen Cadi von der kantigen Optik des Tarnkappenbombers F-117 Nighthawk hat inspirieren lassen. Was der Amerikaner wohl nicht wusste: Unter Flugzeugingenieuren gilt der für das Radar weitgehend unsichtbare Flieger als eines der hässlichsten Flugzeuge. Sie nennen ihn deswegen bis heute "Cockroach" - Kakerlake.

Technische Daten

Motoren

Benziner: 2,0 l mit 175 PS/129 kW oder
210 PS/154 kW, 2,8 l mit 255 PS/188 kW
Diesel: 1,9 l mit 150 PS/110 kW

Fahrleistungen

0-100 km/h: von 6,7 bis 11,0 Sec.
Spitze: 210 bis 250 km/h

Verbrauch (Norm)

Benziner: 8,1 l (9,0 l Autom.) 8,5 l
(9,1 l Autom), 10,2 l (10,,8 l (Autom.)
Diesel: 6,1 l und 7,2 l (Autom.)

Abmessungen

L/B/H: 4,68/1,76/1,45 Meter, Kofferraum:
425 Liter, Leergew.: 1460 bis 1650 kg

Preis

Ab 27590 Euro

"Mutiges Design hat Cadillac vor 50 Jahren groß gemacht", sagt Thole. "Daran wollen wir anknüpfen und die Marke auch außerhalb Amerikas erfolgreich machen." Ob mutiges Design allein zu mehr Verkäufen in Deutschland führt (2005: ca. 300), ist die Frage. Einen gewagten Blechschnitt jedenfalls haben alle aktuellen Cadillac-Modelle. Ob es die Mittelklasse-Limousine CTS ist, der große STS, der Sportroadster XLR, die Geländebullen SRX und Escalade oder nun der kleine BLS - bei allen stehen Scheinwerfer und Schlussleuchten senkrecht, sie haben eine aggressiv gestaltete Kühlerpartie, ungewöhnlich hohe Seitenlinien sowie viele Ecken und schroffe Flächen vorn wie hinten im Blechkleid.

Vom Namen her ist der BLS zwar ein Ami, viele seiner Gene sind aber europäisch. Das gilt für große Dinge wie Motoren, Getriebe und Fahrwerk, die sich im Saab 9-3 oder im Konzernbruder Opel Vectra wiederfinden. Ebenso für kleinere Details wie Lenkrad, Zündschlüssel, Handbremshebel oder Außenspiegel, die einem von Saab her bekannt vorkommen. Dass die schwedische GM-Tochter ihre Finger stark im Spiel hat, verrät aber nur ein winziger Aufkleber im Motorraum. Darauf ist zu lesen: "Manufactured by/ Fabriqué par Saab Automobile AB Trollhättan, Sweden/Suède".

Am wichtigsten für europäische Bedürfnisse ist, dass der BLS als erster Cadillac auf Wunsch mit Dieselmotor und Fünfgang-Handschaltung geliefert wird. Vom typischen American Way of Drive ist wenig zu spüren. Erinnerungen an Schwabbel-Fahrwerke mit gefährlichem Eigenleben werden nicht wach. Stattdessen erzeugt die sportlich-straffe Abstimmung viel Fahrspaß, und die bequemen Sitze bieten ordentlichen Halt. Die Servolenkung allerdings fühlt sich matschig an und vermittelt dem Fahrer ein ungenaues Gefühl zur Straße. Und das Getriebe der Sechsgang-Automatik wirkt ratlos, wenn in der Stadt zügig angefahren und rasch wieder gebremst wird. Dann schaltet es hektisch hin und her.

Doch für die angepeilte Kundschaft kommt die sportliche Gangart sowieso nicht infrage. Die 50-Jährigen legen mehr Wert darauf, dass es im Auto auch bei flotter Autobahnfahrt ruhig bleibt. Nicht nur das ist so, auch fürs Auge gibt es innen keine grobe Beleidigung: Das Armaturenbrett wird zwar keine Stil-Ikone, es ist jedoch klar gegliedert, und alle Schalter liegen griffgünstig. Hinten wird es allerdings eng, wenn vorn größere Leute sitzen und ihre Sessel nach hinten schieben. Auch der Kofferraum ist mit 425 Litern bescheiden.

Üppig dagegen die Ausstattung. Schon in der Basisversion gibt es unter anderem sechs Airbags, den Schleuderschutz ESP, Klimaanlage, vier elektrische Fensterheber, Bordcomputer, Audiosystem sowie Alufelgen serienmäßig. Und der Dieselmotor ist ab Werk mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet.

"Das markante Design wird Kunden ansprechen, die den Mut haben, aufzufallen", hofft Chefdesigner Chip Thole. Der Mischling BSL soll gegen Audi A4, BMW 3-er Reihe und Mercedes C-Klasse antreten. Thole: "Mit einem Preisvorteil von fünf bis zehn Prozent." Doch bei dem angepeilten Verkauf von 500 Stück für 2006 wird der Tarnkappen-Cadillac wohl weitgehend unsichtbar bleiben.

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