E-Bike VanMoof S4 im Test – billiger und reduziert auf das Maximum

VanMoof S4 Seite
An der grundlegenden Form eines VanMoof hat sich auch beim S4 nichts verändert.
© Christian Hensen / stern
Mit dem VanMoof S5 hat der niederländische Hersteller eine Generation übersprungen – sowohl mit neuen Funktionen als auch preislich. Das brandneue S4 soll die Lücke zwischen dem alten Topseller S3 und dem High-End-Bike S5 schließen – und verfolgt einen minimalistischen Ansatz.

Eine Information vorab: Der Hersteller VanMoof hat einige Wochen nach Erscheinen des Tests Insolvenz angemeldet. Mehr dazu erfahren Sie in diesem Artikel.

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Vor rund zwei Jahren galt das VanMoof S3 als 1A-Angebot für urbane Radler (hier im Test). Kein Wunder: Top-Technik und ikonisches Design trafen auf einen günstigen Preis und schnelle Verfügbarkeit. Was folgte, war eine unerwartete Buckelpiste für den Hersteller. Ende 2022 stand VanMoof sogar kurz vor der Insolvenz, Probleme bei der Lieferkette trieben das Unternehmen finanziell an den Abgrund.

Dabei hatte VanMoof mit dem S5 bereits das nächste E-Bike angekündigt – wenn auch dessen Lieferung erst bald erfolgt. Doch das neue Top-Modell hat noch einen Haken: Es ist wesentlich teurer geworden. Der Generationssprung von S3 auf S5 hat also nicht nur technische Gründe, sondern macht sich auch beim Preis bemerkbar: Unter 3.500 Euro geht nichts. Die ursprünglichen, meist jungen Fans, will man aber nicht im Stich lassen – und geht nach zwei Schritten vorwärts nun einen zurück: Das neue VanMoof S4  (und X4) ist da.

Fast 40% günstiger als das S5: VanMoof S4 für rund 2.200 Euro

Das S4 knüpft (wie auch das X4) preislich enger an das S3 an. Es liegt bei rund 2.200 Euro und damit fast 40 Prozent unter dem S5. Nur wenige Altbestände aus dem VanMoof-Outlet sind noch etwas günstiger. Um das zu erreichen, folgt das S4 einem einfachen Rezept: Reduzierung auf das Maximum, Konzentration auf das Wesentliche. Vereinfacht gesprochen: Im Vergleich zum S5 fehlt eine Menge. Zu viel? Das soll der Test zeigen.

VanMoof S4 Rahmen
Das S4 gibt es in vier knalligen Farben – das Testrad gab es in Dunkelgrün, der wohl unscheinbarsten Variante des Modells.
© Christian Hensen / stern

Das wohl auffälligste Merkmal gleich vorab: Das S4 ist farbig! Während es das S5 nur in Grau oder Dunkelgrau gibt, ist das S4 wahlweise in Flieder, Gelb, Dunkelgrün oder Mintgrün erhältlich. Die S-Reihe richtet sich an Personen mit einer Größe zwischen 1,70 und 2,10 Metern, das kompakere X4 setzt bei 1,55 Metern an und reicht bis 1,90 Meter. Technisch sind die Räder beinahe identisch, zum Test stand das S4 zur Verfügung.

Das Design ist typisch für VanMoof und weicht nicht von anderen Modellen ab. Herzstück sind die dicken Rahmenrohre, in denen Technik und Licht sitzen. Angetrieben wird das S4 von einem Vorderradnabenmotor mit 250 Watt und 36 Volt, dessen maximales Drehmoment bei 59 Newtonmetern liegt. Aktiviert wird er über einen Pedalsensor und ist in vier Stufen einstellbar – via App. Die festverbaute Batterie bietet 478 Wattstunden Kapazität, was laut Hersteller für bis zu 150 Kilometer Strecke im Sparmodus reicht. Bei voller Leistung sollen es noch 60 Kilometer sein. Eine elektrische Zweigangschaltung soll dafür sorgen, dass man stets angenehm fahren kann.

VanMoof S4 Front
Wie gehabt: Die Lichtanlage bildet den Anfang und das Ende des oberen Rahmenrohrs, darin befindet sich die Technik. Die LED-Lichtausbeute reicht auch bei Dämmerung aus.
© Christian Hensen / stern

Die Verarbeitung des E-Bikes ist gewohnt tadellos, das Bike ist auf Haltbarkeit und Stabilität ausgelegt. Nur zwei Kabel am Lenker (Bremsleitungen) liegen außen, der Rest läuft gut geschützt durch den Rahmen. VanMoof erklärte, dass man die Kabel zudem zu dicken Strängen zusammengelegt habe, um Schäden durch permanente Bewegung zu vermeiden. Das sei auch beim S5 der Fall und habe sich als praktische Lösung erwiesen.

60 Kilometer mit der Turbo-Taste – kein Problem

Was die Reichweite betrifft, stimmen die Werte des Herstellers erstaunlich präzise mit den Testergebnissen überein. Im Hamburger Flachland schaffte es das Bike mit Turbo-Dauerfeuer auf rund 64 Kilometer – sehr gut!  Der "Turbo Boost", der aus dem Stand dabei hilft, schnell auf Touren zu kommen, ist ein Knopf am Lenker, der – entsprechendes Treten in die Pedale vorausgesetzt – kurzzeitig für spürbare Motorunterstützung sorgt und so das Anfahren nach einem Halt und das Erklimmen von Steigungen deutlich erleichtert. Das zieht aber natürlich am Akku. 

VanMoof S4 Lenker
Simpler ist eigentlich nicht möglich. Der Lenker besteht aus zwei Griffen, zwei Bremshebeln und zwei Knöpfen. Links wird gehupt und per PIN entsperrt, rechts ist der Turbo.
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Ärgerlich mag mancher den festverbauten Akku finden – und es stimmt: Andere Hersteller haben da praktischere Lösungen parat. Wer das VanMoof nicht neben eine Steckdose stellen kann, wird es nicht aufladen können. Es sei denn, man kauft die herstellereigene Powerbank dazu. Für rund 350 Euro verkauft VanMoof einen tragbaren Akku, der sich elegant in den Rahmen des E-Bikes setzen lässt und das S4 auch während der Fahrt auflädt. Kleiner Wermutstropfen: Von 0 auf 100 Prozent kann die Powerbank die E-Bike-Batterie nicht bringen, da der mobile Akku weniger Kapazität bietet. Für den Alltag ist das aber eine mögliche Lösung für das Problem, welches jedes VanMoof E-Bike betrifft.

Lädt man das VanMoof S4 direkt an der Steckdose, sind es weniger als zwei Stunden für rund 50 Prozent der Batterie, voll ist das Bike nach viereinhalb Stunden. 

An der Schaltung wurde merklich gespart

Eine ernsthafte Begegnung mit den Einsparungen, die VanMoof am S4 vornehmen musste, um den Preis halten zu können, gab es immer dann, wenn das Fahrrad die maximale Geschwindigkeit erreichte. Denn durch die Zweigangschaltung und den Vorderradnabenmotor ergibt sich ein etwas merkwürdiges Fahrgefühl. Bei 25 km/h angekommen, tritt man zum Halten der Geschwindigkeit etwas ins "Leere", sprich die Pedale bieten keinen nennenswerten Widerstand mehr. Das führt dazu, dass man viel zu schnell kurbelt, um die Motorunterstützung zu halten. Ein dritter Gang hätte dem Rad gutgetan. Die Lösung für das S4: Alles etwas entspannter angehen, nicht immer am Limit fahren. Bei Motorunterstützung 3 (von 4) und entspannter Fahrt um und bei 20 km/h harmonieren Fahrer und Fahrrad besser.

Auf Nachfrage erklärte VanMoof, dass man an diesem Problem arbeite und es per Software möglich sei, den fehlenden Widerstand bei Maximalgeschwindigkeit nachträglich zu erhöhen. Zum Zeitpunkt des Tests gab es kein Update, allerdings erfolgten die Fahrten auch vor dem Marktstart.

Wie alle VanMoof-E-Bikes, mit Ausnahme des noch zu erscheinenden VanMoof V, bietet auch das S4 keine Federung. Das macht es selbstverständlich weniger geeignet für holprige Strecken, etwa Wald- oder Feldwege. Auf der Straße reicht die Eigendämpfung der 27,5-Zoll-Reifen (Innova) völlig aus.

VanMoof S4 Reifen
Eine Federung bietet auch das S4 nicht. Die großen Reifen dämpfen aber auf heimischem Terrain, also Asphalt, vieles weg.
© Christian Hensen / stern

Keinerlei Einsparungen gibt es beim VanMoof S4 in puncto Sicherheit. Das betrifft erstens die sehr guten hydraulischen Bremsen, die das VanMoof S4 auch aus voller Fahrt sicher zum Stehen bringen, als auch die Sicherheitsvorkehrungen, um ungewolltes Abhandenkommen zu verhindern.

Ein geklautes VanMoof dürfte lästig werden

Das E-Bike ist sowohl mit GSM-Ortung. als auch mit Fernabriegelung und Alarm ausgestattet. Auch das sogenannte "Peace of Mind"-Abo kann für 348 Euro drei Jahre lang zum Bike gebucht werden. Das beinhaltet eine Art Detektiv-Service bei gestohlenen Rädern und Ersatz, sollte das eigene VanMoof wider Erwarten nicht mehr auftauchen. 

Für das schnelle Abstellen hat VanMoof auch dem S4 das bekannte "Kick Lock" spendiert. Das ist ein Bolzen, der sich per sanftem Fußtritt ins Hinterrad klemmen lässt und sowohl die Bewegungsfreiheit des E-Bikes einschränkt als auch die genannten Diebstahl-Funktionen aktiviert. Wichtig zu wissen: Das Trittschloss verhindert zwar ein Wegschieben, nicht aber ein Wegtragen. Wer wirklich auf Nummer sicher gehen möchte, sollte zumindest ein kleines Schloss mitführen.

VanMoof S4 Kick Lock
Praktisches Schloss, solange niemand das Fahrrad unter lautem Getöse wegträgt: Das "Kick Lock" lässt sich einfach eindrücken und hindert das Rad an der Weiterfahrt. Entsperrt wird es mit einer Art PIN-Code über den Lenkerknopf oder per App.
© Christian Hensen / stern

Ein Display, wie es beim S3 zu sehen war, oder smarte Lenkerlichter, die nun beim S5 verbaut sind, gibt es beim S4 nicht. Das spartanische Bike bietet auf dem Steuerrohr des Rahmens eine SP-Connect-Halterung der neusten Generation (SPC+), auf der man, passende Hülle vorausgesetzt, das Smartphone sicher anbringen kann. 

Falls nötig, bekommt man damit einen guten Blick auf die VanMoof-App, die bestimmte Einstellungen ermöglicht, Informationen zur Fahrt liefert und als Fahrradschlüssel dient, wenn man es digital (und nicht per PIN-Eingabe) entsperren möchte. So viel sei verraten: Beim Fahrten zur Arbeit oder an bekannte Orte braucht man das nicht unbedingt. Weniger Bildschirme und Messinstrumente bedeuten unweigerlich mehr Aufmerksamkeit für den Verkehr und die Straße – was in Großstädten nicht unbedingt schlecht ist. 

VanMoof App
In der App kann man viele Einstellungen vornehmen, beispielsweise die Motorunterstützung festlegen oder die Bimmel einstellen. Infos zur Fahrt gibt es auch, falls diese bei Ausflügen gewünscht sind.
© Christian Hensen / stern

Fazit VanMoof S4: Es reicht!

Die Hauptunterschiede zwischen dem S4 und dem S5 liegen bei der Ausstattung. Während das S5 alle Register zieht und das neueste vom neuen bietet, ließ der Hersteller beim S4 alles weg, was irgendwie zu sehr ins Geld geht. Am Fahrspaß ändert das aber sehr wenig.

Nach dem Test kann man zu keinem anderen Fazit kommen, als dem S4 die (fast) bedingungslose Alltagstauglichkeit bescheinigen zu müssen. Die Ausstattung mag spartanisch sein, aber für eine flotte Fahrt durch die Stadt bei vollkommen ausreichender Akkuleistung reicht es.

Die Verarbeitung ist ohne Tadel, das Fahrgefühl im entspannten Modus natürlich und die Sicherheitsfunktionen, welche die Marke ausmachen, sind ohne Einschränkungen ebenfalls vorhanden. Lediglich das etwas gehetzte Pedalieren bei Höchstgeschwindigkeit aufgrund der reduzierten Schaltung hat etwas gestört. Die Tatsache, dass der Akku nicht entnehmbar ist, trifft auf alle Produkte der Marke zu.

Wer nach einem verlässlichen, augenscheinlich langlebigen und gemütlichen E-Bike um 2.000 Euro sucht, bekommt mit dem S4 ein rundes Paket. Die Zeiten von High-End-Fahrrädern zu diesem Preis sind nunmal vorbei, selbst die durchaus interessante Alternative, das Cowboy 4, beginnt erst bei 3.000 Euro.

Die Auslieferung will VanMoof diesmal deutlich schneller bewältigen als es beim Krisen-Bike S5 der Fall war. Das VanMoof S4 (und X4) ist ab heute für 2198 Euro erhältlich. In der EU wird das dunkelgrüne Modell als erstes verkauft. Die anderen Farben folgen. Interessenten können sich auf die Warteliste setzen lassen, um benachrichtigt zu werden, bevor einzelne Farben zum Verkauf stehen. Die Lieferungen plant VanMoof ab August.

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