BMW 7er Liebesgrüße nach Moskau

Zwei Tonnen auf die Fahrbahn wuchten und dann wieseln wie ein Winzling. Beim Thema Fahrdynamik zeigt der 7er eindrucksvoll, wer der Platzhirsch in der Oberklasse ist. Ob die Welt jetzt nach einem Luxuswagen giert, ist dagegen eine andere Frage.

Das agilste Dickschiff aller Zeiten – nicht mehr und nicht weniger will BMW mit der neuen Oberklasse anbieten. In Deutschland dürfte vor allem das "Weniger" interessieren. Der neue kommt ohne Sicken und Sucken, Tränensäcke und Wickeltisch aus. Die komplexe Formensprache des Vorgängers wurde bekanntlich vom gemeinen Mobilsten nicht verstanden, geschweige denn goutiert.

Der neue Versuch schwört dem ganzen skulpturalen Spielkram der Vergangenheit ab und zeigt sich nach dem Peeling als tiefengereinigte Reiselimousine. Herausgekommen ist mehr Understatement als Statement. Der 7er sieht sehr harmonisch aus, eckt nirgends an und versteht es gut seine Länge und sein Gewicht zu kaschieren. Auffallen wird man mit ihm dagegen kaum. Der von Karim Habib gezeichnete 7er ist vor allem gefälliger. Ob es in dieser Klasse ausreicht, nur keine Fehler zu machen, darf bezweifelt werden. Zumal große Wagen heute vor allem für Märkte gebaut werden, in denen Reichtum protzig zur Schau gestellt und nicht verschämt versteckt wird.

Auffällig sind die Bemühungen die Motorisierungen der Oberklasse sozial vermittelbar zu gestalten. In Sachen unauffälliger Effizienz lassen sich die sportiven Bayern ohnehin von niemanden vorführen. Mit Tricks und mehr Aluminium gelang es das Gewicht des Wagens um 50 Kilo zu reduzieren. In der Klasse ist das beachtlich. Der Außenstehende wird ein Zwei-Tonnen-Auto allerdings immer noch als eher schwer bezeichnen. Am Ende steht die erwünschte Mischung von mehr Leistung und weniger Verbrauch. Der 730d lässt sich mit 7,2 Litern je 100 Kilometer betreiben, der 740i genehmigt sich 9,9 Liter. Hybrid-Modelle sollen weitere Reduzierungen bringen. Diese Werte beruhigen das Öko-Gewissen. Angesichts des fahrerischen Potenzials und des Gewichts sollten die Messwerte nicht mit dem Praxisverbrauch verwechselt werden.

Der Diesel, das Einstiegsmodell mit "nur" 245 PS, bewegt den 7er souverän voran, 540 Nm Drehmoment verleihen dem großen Wagen die nötige Puste. Die den Atem raubende Agilität speist sich allerdings nicht primär aus dem potenten Motor, Ursache für das spürbare "Mehr an Fahrspaß" ist das neue Fahrwerk mit elektronischer Dämpferverstellung. Auffällig sind hier die beiden Sporteinstellungen, die dem Vorstandswagen auf Knopfdruck in einen Sportrenner verwandeln. Als Option gibt es die Aktivlenkung mit mitlenkenden Hinterrädern. Sie ist es vermutlich, die den großen Wagen in Sachen Agilität eine Klasse kleiner erscheinen lässt. Hinzu kommt die Armada elektronischer Helferlein. Kameras und Sensoren überwachen und weisen, das Lenkrad zittert wenn die Begrenzungsstreifen überquert werden und selbst Tempozeichen werden automatisch mitgelesen. Wichtiger dürfte sein, dass BMW jetzt endgültig die fummeligen Kinderkrankheiten des iDrive-Systems überwunden hat.

Im nächsten Jahr kommt dann auch ein Zwölfzylinder, auch wenn der 750 Li schon jetzt deutlich mehr Leistung entfacht als der Vorgänger 760 Li. Die Märkte in Asien und USA verlangen danach. Weil es auch in diesen Märkten nicht mehr so gut läuft, wie angenommen, wird der neue 7er sein Glück vor allem in Russland suchen müssen.