Die Frage nach Privatkäufern und Zulassungen führt bei den Herren von Mercedes zum typischen Zahnarztbesuchsgesicht kurz nach der Extraktion. Die Antwort kommt dann wie nach erfolgter Wurzelbehandlung: Kurz angebunden und kaum verständlich. Warum hat man auch gefragt, man sieht ja kaum eine R-Klasse auf der Straße, während der moppelige Q7 Audi in der Nachbarschaft bereits in Rudelgröße auftaucht. Einst wurde die R-Klasse mit der B-Klasse als "Grand Sports Tourer" mit solcher Grandezza vorgestellt, als habe man das Rad noch einmal neu erfunden. Die meisten Menschen kennen die Fahrzeugklasse GST bis heute nicht, macht auch nichts, denn MB selbst benutzt die Begriffskreation auch nicht mehr. Ein Blick in die Statistik klärt auf. 4500 R-Klasse-Modelle wurden im letzten und weniger als 2000 in den ersten fünf Monaten dieses Jahres in Deutschland zugelassen. Das ist alles andere als ein Erfolg, zumal hier jede Zulassung erfasst wird. MB-Eigenbedarf und PR-Modelle für Hotels inklusive.
Plötzlich Gelände
Jetzt soll die R-Klasse vom Wachstum des SUV-Segments profitieren. Wie das biedere Tantchen steht sie neben den offroadtauglichen M, den Gl und G-Modellen. Es sieht aus, als habe jemand seinen Galaxy beim Hummer-Treffen falsch geparkt. Sei es drum, offroadtauglich ist die R-Klasse natürlich nicht. Weder gibt es eine nennenswerte Bodenfreiheit noch irgendwelche Sperren im Antriebstrang. Offroad-Light machen andere (Koreaner!) auch, dort sehen die Modelle dann aber zumindest nach Offroad aus. Nun, möge jeder selbst die R-Klasse auf sich wirken lassen, vielleicht fällt ja doch einem Amazonas-Überquerung ein.
Konzept "Billiger"
Außer dem Patz neben den SUVs, gibt es Varianten mit kleineren Motoren und ohne Allradantrieb, um die Kunden zu begeistern. Die Maschinchen bewegen den Koloss durchaus, aber nicht mit der gebotenen Leichtigkeit. Sorry, doch wenn das Geld nicht reicht, sollte man es vielleicht besser mit dem T-Modell der E-Klasse probieren. In ihr kommen die Motoren nicht an ihe Grenzen. Ebenso geheimnisvoll ist die neu kreierte "Rückbank". Außen bringt die R-Klasse stattliche Maße auf die Straße, beim mittleren Sitz reicht es nur für eine "Besucherritze". Denn ursprünglich wurde die R-Klasse für stattliche Clubsitze ausgelegt, sie halten bequemen Abstand zur Fahrzeugwand - leider wird es dadurch in der Mitte sehr unkomfortabel. Wirklich groß wird es ohnehin erst mit dem längeren Radstand. Die Preisersparnis kann sich zwar sehen lassen, man liegt nun in etwa gleichauf mit dem Audi Q7, wobei es aus Ingolstadt freilich einen Allradantrieb gibt. Aber 46.707 Euro Einstiegspreis für den kleinen Benziner-Sechszylinder sind immer noch happig.
Auch mit dem verwässerten Konzept bleibt die R-Klasse das, was sie schon immer war: Der Sharan für den gefüllten Geldbeutel. Wer gern gemütlich in großer Kabine unterwegs ist, kann sich mir ihr anfreunden. Irgendeinen rationalen Grund für diese Bauform gibt es nicht.