Unkrautvernichter Keine Mehrheit unter EU-Ländern für Neuzulassung von Glyphosat

Ein Landwirt bringt das Pflanzenschutzmittel Glyphosat auf einem Feld aus
Ein Landwirt bringt das Pflanzenschutzmittel Glyphosat auf einem Feld aus
© Sven Simon / Imago Images
Kritiker und Befürworter des Unkrautvernichters Glyphosat streiten schon lange über mögliche Gefahren des Mittels. Die EU-Staaten sollten über eine Verlängerung der Zulassung entscheiden, doch konnten sich nicht einigen.

Für die Neuzulassung von Glyphosat gibt es unter den EU-Ländern vorerst keine Mehrheit. Ein Expertengremium der Mitgliedstaaten konnte sich nach Angaben der EU-Kommission am Freitag in Brüssel nicht auf deren Vorschlag einigen, den Einsatz des Mittels für weitere zehn Jahre zu erlauben. Die Kommission hatte im September einen entsprechenden Vorschlag veröffentlicht. Jetzt wird im November über die Erneuerung der Zulassung in einem Berufungsausschuss weiter diskutiert. Änderungen an dem Vorschlag der Kommission sind möglich. Wenn sich im Berufungsausschuss weder eine qualifizierte Mehrheit für noch gegen den Vorschlag findet, kann die EU-Kommission eigenständig entscheiden.

Frankreichs Landwirtschaftsminister Marc Fesneau hatte zuvor der Nachrichtenagentur AFP gesagt, Frankreich werde dem Vorschlag der EU-Kommission nicht zustimmen. Weitere Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, hatten bereits angekündigt, sich zu enthalten oder dagegen zu stimmen. Österreich und Luxemburg kündigten zuvor an, gegen den Vorschlag zu stimmen.

Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, dass Glyphosat bis Ende 2033 in der EU genutzt werden darf – noch ist der Wirkstoff bis Mitte Dezember in der EU zugelassen.

Im sogenannten ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (ScoPAFF) braucht die EU-Kommission eine qualifizierte Mehrheit für ihren Vorschlag. Ansonsten muss in einem Berufungsausschuss weiter verhandelt werden. Für eine qualifizierte Mehrheit wird die Zustimmung von mindestens 55 Prozent der EU-Staaten gebraucht, die gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Deutschland gegen Verlängerung von Glyphosat

Ende Juli hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) eine Untersuchung zu Glyphosat veröffentlicht, in der sie keine inakzeptablen Gefahren, aber Datenlücken in mehreren Bereichen gesehen hatte. Zu den Aspekten, die nicht abschließend geklärt wurden, gehören laut Efsa etwa ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Auch mit Blick auf den Artenschutz ließen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.

In Deutschland spricht sich das Bundesagrarministerium klar gegen eine Verlängerung aus. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) begründet das damit, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass Glyphosat der Biodiversität schade.

Aus den Reihen des Regierungspartners FDP gibt es Widerspruch. FDP-Fraktionsvize Carina Konrad etwa macht sich für eine weitere Nutzung des Mittels stark. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien steht hingegen: "Wir nehmen Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt."

Am Donnerstag war bereits im EU-Fachausschuss über den Vorschlag der EU-Kommission beraten worden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zeichnete sich bei einem Stimmungsbild noch keine ausreichende Mehrheit für den Vorschlag der Kommission ab.

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Glyphosat wird vor allem in Landwirtschaft eingesetzt

Eine repräsentative Umfrage des Instituts Ipsos im Auftrag der glyphosatkritischen Organisation Pesticide Action Network (PAN) Europe ergab, dass die Bürgerinnen und Bürger Glyphosat eher kritisch sehen. Auf die Frage, welche Aussagen der eigenen am nächsten komme, antworteten in Deutschland knapp 70 Prozent, dass die Nutzung verboten werden solle. Gut 15 Prozent sprachen sich dafür aus, dass der Wirkstoff weiterhin genutzt werden sollte.

Glyphosat wird auch als Totalherbizid bezeichnet, es lässt Pflanzen absterben. Wo Glyphosat versprüht wird, wächst kein Gras, Strauch oder Moos mehr. Das Mittel wird vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt, um ein Feld frei von Unkraut zu halten, bevor Nutzpflanzen ausgesät werden.

DPA · AFP
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