Das wissen wir:
Volkswagen hat bei der Abgasunteruntersuchung betrogen
Volkswagen hat in den USA falsche Werte für seine Diesel-Motoren angegeben. Bei einem Test des angesehen ICCT zeigte sich, dass die Autos bis zu 35 mal soviel Giftstoffe ausstießen, wie offiziell erlaubt sind. In der folgenden Untersuchung der US Umweltbehörde berief sich Volkswagen zunächst auf einen Softwarefehler, räumte aber schließlich ein, dass die Messwerte systematisch manipuliert wurden.
So funktionierte der Betrug
Volkswagen implementierte einen speziellen Öko-Schongang in die Softwaresteuerung der Motoren, der nur auf dem Messstand aktiviert wurde. Dann erreichte der Motor traumhafte Abgaswerte, auf der Straße wechselt die Steuerung in einen anderen Modus, nun produzierte der Motor sehr viel mehr Schadstoffe.
Dieser Motor ist betroffen
Laut VW ist die Steuerungen in den Motoren des Typs EA 189 betroffen. Das ist der Standard-Vier-Zylinder-Diesel des Volkswagenkonzerns. Insgesamt sind elf Millionen Pkws damit ausgeliefert worden - weltweit und auch in Deutschland. Alle diese Maschinen arbeiten mit dem speziellen Testzyklus-Modus.
Rückruf und Verkaufsverbote in Kalifornien und den USA
In Kalifornien sind bereits Verkaufsverbote für die betroffenen Diesel angeordnet worden. In anderen US-Bundesstaaten bietet VW die betroffenen Modelle nicht mehr zum Verkauf an, wenn sie auch noch auf der Webseite konfiguriert werden können. Die entsprechenden Werbemittel sind zurückgezogen worden. Sicher ist: VW muss fast 500.000 Autos zurückrufen. Unklar ist, wie und ob diese Wagen normgerecht umgerüstet werden können.
Keine Fahrverbote
Obwohl die VW-Diesel die geltenden Normen verletzen und ihre Zulassung mit betrügerischen Angaben erlangt haben, sind bislang keine Fahrverbote für die betroffenen Autos ausgesprochen worden.
Überprüfung aller VW-Diesel in Deutschland
Verkehrsminister Dobrindt hat angekündigt, alle Diesel-Motoren von VW erneut überprüfen zu lassen. Wie der Test konkret aussehen wird, ist unbekannt, es ist aber anzunehmen, dass es sich um einen Test unter Praxisbedingungen handeln wird, ähnlich dem Test, den das ICCT in den USA absolvierte.
Ermittlungen und Klagen
In den USA und auch in anderen Ländern haben die Ermittlungen gegen VW begonnen. Neben Strafen wegen des Verstoßes gegen die Umweltschutzbestimmungen sind strafrechtliche Ermittlungen gegen die Verantwortlichen angekündigt worden. Noch ist aber keine Person angeklagt oder in Haft genommen worden. Ebenfalls angekündigt sind Sammelklagen der geneppten Kunden, die einen saftigen Aufpreis für die cleane Schwindeltechnik bezahlten. Erwartet werden ebenfalls Klagen, weil Volkswagen die Aktieninhaber nicht rechtzeitig über die Ermittlungen informiert haben soll.
Unklar ist bisher:
Haben die anderen auch getrickst?
Bislang handelt es sich um einen reinen Volkswagen-Skandal, es gibt keine Erkenntnisse, dass auch andere Hersteller eine vergleichbare Betrugssoftware eingesetzt haben. Obwohl es Gerüchte über diese Art von Testzyklen-Optimierung schon lange gab. Allerdings: Ein BMW X5, der am Test in den USA beteiligt war, absolvierte ihn ohne Beanstandung
Wurde überall betrogen?
Da die Software weltweit eingebaut wurde, liegt der Verdacht nahe, dass es die Diskrepanz zwischen Messwerten und realem Betrieb auch in anderen Ländern geben wird. Bewiesen ist das aber noch nicht. Unklar ist auch, ob sich ebenfalls so extreme Abweichungen wie in den USA ergeben.
Gibt es eine Nachrüstung?
Niemand weiß, ob Volkswagen die Probleme technisch in den Griff bekommt. Also ob es möglich ist, die Fahrzeuge technisch so auszustatten, dass sie die einstmals versprochenen Umwelt-, Verbrauchs- und Leistungswerte auch wirklich erbringen. Oder ob es nur zu einem faulen Kompromiss reicht, wie etwa: bessere Abgaswerte dafür aber weniger Leistung. Unklar ist auch, welche rechtlichen Folgen sich ergeben. Dies dürfte von Land zu Land verschieden sein. Der Worst Case für Volkswagen: Der Konzern muss die Betrugsautos zurücknehmen und den Kunden den Kaufpreis erstatten.
Verlieren die Fahrzeuge die Straßenzulassung?
Sicher ist, dass VW die Autos in den USA mit falschen Daten zugelassen hat. Es ist anzunehmen, dass die Prozedur wiederholt werden muss. Welches Ergebnis dabei herauskommt und welche Folgen sich daraus ableiten, ist unklar. Eine begründete Vermutung dürfte aber sein, dass es in den USA keine Straßenzulassung geben wird, wenn die VW-Modelle die Umweltbestimmungen nicht einhalten.
Was kommt auf die Mitarbeiter zu?
Sicher ist, dass der Skandal den Konzern teuer zu stehen kommt. Wie kostspielig es wirklich wird, kann derzeit niemand sagen. Ebenso ist vollkommen unklar, wie es in Zukunft mit dem Absatz von Modellen des Konzerns aussieht. Schon jetzt lähmt der Skandal die Nachfrage nach Dieselmodellen. Als begründete Vermutung kann man sagen: Wenn VW die Probleme mit dem Motor nicht schnell in den Griff bekommt, stürzt das Unternehmen ins Chaos. Es ist einer der Standard-Antriebe in vielen Fahrzeugen des Konzerns, bei ihnen dürfte die Nachfrage kollabieren. Eigentlich müsste Volkswagen sofort energische Maßnahmen ergreifen, damit große Kundengruppen nicht zur Konkurrenz wandern.
In den nächsten Wochen wird man den Einbruch der Nachfrage beziffern können und wird wohl auch sehen, wie der Konzern bei seinen Kunden gegensteuern will.
Bleibt Martin Winterkorn?
Noch hält Martin Winterkorn aus, aber seine Ära endet mit diesem Skandal. Offen ist eigentlich nur, ob sofort abgeräumt wird oder er als Frontmann noch den Shit-Storm durchstehen wird, um seinem Nachfolger einen unbelasteten Start zu geben. Nach Informationen der FAZ stammt die Software aus dem Jahr 2005 - das ist die Ära Pischetsrieder-Piech in Wolfsburg. Sollte das zutreffen, wäre Winterkorn nicht für die Entwicklung der illegalen Motorsteuerung verantwortlich.