Kaum baut eine Oma einen Unfall, erhebt sich der Ruf nach einer strengeren gesetzlichen Regelung, eine Art Rentner-TÜV für den Führerschein. So auch in dieser Woche: Am Montag rauschte eine 80-Jährige in Wuppertal in eine Apotheke und verletzte dabei elf Personen, einige schwer. Obwohl der Crash keine Chance hat, zum Horrorunfall des Monats zu werden, preschen die Grünen in NRW vor. Der verkehrspolitische Sprecher, Arndt Klocke, will die Fahrtüchtigkeit bei Senioren ab dem 80. Lebensjahr verbindlich checken lassen. "Der Gesundheitscheck sollte unabhängig von früheren Auffälligkeiten turnusmäßig alle zwei Jahre erfolgen", sagte Klocke.
Sind Rentner die schlimmsten Verkehrsrowdies?
Aber ist der der Rentner TÜV eigentlich angemessen? Befürworter weisen auf eine merkliche Zunahme der Unfallzahlen mit Senioren hin. Vollkommen unklar ist aber, ob die Zunahme nicht auf Faktoren wie der größeren Zahl älterer Bürger und einer höheren Autofahrerquote unter den Senioren zu erklären ist. Ob Senioren bei den schweren und tödlichen Unfällen, auf die es hier ankommt, überproportional vertreten sind, ist ebenso unbekannt. Die Kfz-Versicherer, die jeden Schaden akkurat auswerten, erheben jedenfalls keinen Opi-Zuschlag.
Sicher ist , dass hohes Alter allein ganz bestimmt nicht der einzige Indikator für einen riskanten Fahrstil ist. Solange nur er herausgepickt wird, haftet am Senioren-TÜV stets der Ruf der Diskriminierung.
Selbst, wenn Senioren für den einen oder anderen Bumms mehr verantwortlich sein sollten, an die Blutspur junger Männer werden sie kaum heranreichen. Also wären zunächst die jüngeren Fahreinsteiger dran. Es darf vermutet werden, dass auch Personen mit gesundheitlicher Vorschädigung eine höhere Unfallgefahr als gesunde Alte darstellen. Ein Rezept, das für Senioren taugt, muss für Herzgeschädigte, Adipöse und Depressive erst recht gelten. Von Personen mit Alkohol- oder Drogenproblemen mal gar nicht zu reden.
Denkt man das Problem zu Ende, würde ein Traum der Fahrlehrer wahr: Der Führerschein auf Zeit, der alle paar Jahre mit einer Nachschulung der Fertigkeiten und einem umfangreichen Gesundheitscheck aufgefrischt wird. Für Fahrlehrer wäre das ein willkommenes Geschenk. Und auch für Ärzte, denn derartige Gesundheitsüberprüfungen sind keine Kassenleistung.
Technik ersetzt Aufmerksamkeit
Tatsächlich ist das ganze Spektakel aber eine Diskussion über die Probleme der Vergangenheit. In der Zukunft wird Sicherheit im Verkehr anders definiert. Dann werden die Fahrassistenzsysteme die aktive Sicherheit von Autos enorm verbessern. Aktiv heißt: Das smarte Auto übernimmt zur Not das Kommando, wenn der Fahrer überfordert ist oder Mist baut.
Schon seit ein paar Jahren kann in Serienfahrzeugen von Mercedes und anderen Herstellern ein Radar die Straße überwachen. Falls nötig, bremst der Wagen vor einem Hindernis vollautomatisch ab. In den nächsten Jahren wird diese Technik vervollkommnet - zusätzlich zum Bremsen könnte der Wagen dann auch noch Ausweichen. Die Elektronik würde das schwierige Manöver schneller und sicherer durchführen als ein Rallyefahrer.
Ein ganz allein fahrendes Roboterauto wird noch ein Zeit benötigen, aber schon bald wird es Autos geben, bei denen der Fahrer zwar noch steuert, die aber fast alle Unfälle vermeiden können. Dann stellt sich die Gefährdungsfrage ganz neu. Ob der Fahrer reaktionsschnell oder -langsam ist, wird unwichtig, entscheidend ist, wie smart das Auto brenzlige Situationen managt.
Die bittere Wahrheit heißt dann: Die teuren mit Elektronik vollgestopften Wagen tun niemand mehr etwas zu leide, wirklich gefährlich sind dann nur die einfachen, billigen oder älteren Fahrzeuge.
Ein Verkehrspolitiker, der etwas auf sich hält, sollte sich daher heute darum kümmern, dass diese Technik möglichst schnell nicht nur in Edel-Fahrzeuge eingebaut wird, sondern auch in Lkw. Damit Brummifahrer nicht länger Radfahrer und Kinder beim Abbiegen im toten Winkel übersehen. Das wäre schon mir der Technik von heute einfach zu verhindern.