Sicherheit im Reisebus Mit Technik gegen die Flammenhölle

Brände in Reisebussen sind extrem selten. Wenn es aber dazu kommt, ist das Gefährdungspotenzial für die Insassen durch Hitze und giftige Gase enorm. Reisebusbetreiber und Verkehrsexperten fordern daher bereits seit Jahren bessere Sicherheitsstandards.

Rund 150 bis 200 Busbrände registrieren die deutschen Versicherungen jährlich. Die meisten ereignen sich während der Fahrt. Häufigste Ursache des Feuers sind undichte Kraftstoffleitungen, gefolgt von elektrischen Defekten und mechanischen Schäden. An eine Katastrophe mit mehreren Toten, wie sie sich nun auf der A2 bei Hannover ereignet hat, können sich Branchenexperten wie Hans-Gerd Oester-Barkey, Busbetreiber und Mitglied im Sicherheitsausschuss des Bundesverbandes deutscher Omnibusunternehmer (bdo), jedoch nicht erinnern. Im vorliegenden Fall sind Fahrzeugmodell und Busunternehmen als zuverlässig bekannt, meint er. Der Unfall sei daher eine nicht vorhersehbare Tragödie, bei der gleich mehrere ungünstige Faktoren zusammengekommen seien. Trotzdem sieht er Handlungsbedarf in Sachen der Sicherheitstechnik bei Reisebussen.

Vor allem serienmäßige Brandmeldeanlagen wünscht sich der Experte. Einige Bushersteller bieten sie gegen Aufpreis an, meist für den Motor- und Gepäckraum. Geordert wird diese Technik aber von den preissensiblen Reisebusbetreibern kaum, so Oester-Barkey. Noch seltener findet man Brandmelder auf den Toiletten, wo bei der aktuellen Buskatastrophe offenbar das Feuer ausgebrochen war. Den Einsatz von Brandmelde-Technik, gerade in dem nicht einsehbaren Verschlag in der Fahrzeugmitte, hatte auch schon die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in einer Studie aus dem Jahr 2004 gefordert. Die Untersuchung nennt noch eine Reihe von weiteren Sicherheitsproblemen. So seien für einen Großteil der Innenausstattung zwar schwer entflammbare Materialien vorgeschrieben, doch die derzeit gültigen Richtlinien würden den realen Brandverlauf nur näherungsweise wiedergeben, da brennende Bauteile oftmals einzeln und nicht in ihrem Zusammenwirken untersucht würden. Auch seien neue Kriterien in Sachen Brandausbreitung und Giftigkeit des Rauches notwendig. Aber ganz verhindern lässt sich ein Brand durch den Einsatz von schwer entzündbaren Materialien nicht; wenn die Hitze groß genug ist, gehen auch diese in Flammen auf.

Die meisten weiteren Forderungen der Bundesanstalt sind bei seriösen Fuhrunternehmen bereits umgesetzt. So gibt es für die Passagiere vor Fahrtantritt einen Sicherheitshinweis zum Verhalten bei Unfällen und Bränden, meist auf Video oder in Form von Merkblättern. Auch herrscht in den meisten Bussen ein generelles Rauchverbot, um Brände von vornherein zu vermeiden. Der Fahrer verfügt zudem über einen Feuerlöscher und ist im Umgang damit ausgebildet.

Eine weitere Möglichkeit, eine Katastrophe wie die bei Hannover zu vermeiden, wären automatische Feuerlöschanlagen für Motor und Innenraum. Diese sind jedoch extrem teuer, weshalb auch die BASt davon absieht, eine Ausstattungspflicht vorzuschlagen. Zudem haben moderne Busse ein Gewichtsproblem, das sich durch jegliche Zusatztechnik weiter verschärfen würde. Denn jedes Gramm Fahrzeuggewicht reduziert die Passagierkapazität, da ein Reisebus in Deutschland voll beladen nicht mehr als 18 Tonnen wiegen darf. Der bdo fordert daher eine Erhöhung der Grenze auf 19,5 Tonnen; dann wäre zusätzliche Technik leichter einsetzbar.

Trotz des Unglücks bleibt der Bus das sicherste Straßenverkehrsmittel. Der Anteil der Bus-Insassen an den Straßenverkehrstoten in Deutschland lag 2006 deutlich unter einem Prozent. Pkw-Fahrer machen 53 Prozent aus, 27 Prozent waren mit Fahrrad oder Motorrad unterwegs.

Holger Holzer/mid