Mit "Hellgate: London" präsentieren die Flagship Studios ihr mit Vorschusslorbeeren überhäuftes Erstlingswerk. Dabei vertrauen die ehemaligen Blizzard-Mitarbeiter vornehmlich auf teuflische Tugenden, die schon vor zehn Jahren Erfolg versprachen und die sich nun als Fluch und Segen gleichermaßen erweisen.
"Hellgate: London" setzt vollends auf das "Jäger und Sammler"-Prinzip des Genre-Begründers "Diablo", verlässt sich allerdings allzu sehr auf alte Stärken, ohne große Neuerungen zu bieten. Eine der wenigen ist das Szenario - angesiedelt im Jahr 2038. Dämonen überfallen die Erde und legen London in Schutt und Asche. Die Überlenden rotten sich zu Widerstandskämpfern unter der Führung der Templer zusammen, um für die Rettung der Welt zu kämpfen.
Mit Schwertmeister, Hüter, Beschwörer, Kampfmagier, Scharfschütze und Ingenieur stehen in "Hellgate: London" sechs Klassen zur Verfügung, die sich nicht nur spielerisch voneinander unterscheiden. Dank der 3D-Engine wird der gewählte Charakter - je nachdem, ob er Nah- und Fernkämpfer ist - entweder in der Verfolger- oder der Ego-Perspektive durchs postapokalyptische London und dessen Untergrund gesteuert.
Der Zufall ist der Spielmeister
Das Ganze geht erstaunlich flott und unkompliziert von der Hand: Mit Schwert, Knarren, Magie und der Maus wird die versammelte Dämonenbrut zurück in die Hölle geschickt. Aber nicht nur das hat "Hellgate: London" mit dem großen Vorbild gleich: Erneut kommen zufallsgenerierte Level zum Einsatz, der Sightseeing-Faktor hält sich entsprechend in Grenzen - zumal allerorts Heerscharen von ekligen Kreaturen auftauchen, die im Falle ihres Ablebens beachtliche Mengen an Geld und Gegenständen hinterlassen.
Für jede absolvierte Aufgabe und jeden erlegten Gegner gibt es Genre-typisch Erfahrungspunkte und besondere Ausrüstungsteile, die mit üppigen Boni aufwarten. Infolge eines Rangaufstiegs können neue Zaubersprüche erlernt und Attribute wie Stärke, Präzision, Ausdauer und Willenskraft erhöht werden. Was wiederum zur Folge hat, dass sich neue, stärkere Waffen tragen und damit mächtigere Gegner aus den Latschen stoßen lassen... die typische "Diablo"-Spirale eben.
Neu hingegen ist die Möglichkeit, gefundene Gegenstände, die nicht verwendet werden können, in ihre Einzelteile zu zerlegen. Jene können später wiederverwendet werden, um das eigene Waffenarsenal zu pimpen. In dieselbe Kerbe schlagen sogenannte "Modifikationen", die ebenfalls die Waffen und Rüstungen verstärken und sich auf Wunsch auch wieder entfernen lassen. Leider herrscht im viel zu klein geratenen Inventar permanentes Chaos - eine Sortierfunktion gibt es nicht.
Stete Standardkost
"Hellgate: London" mag vieles richtig machen, ohne sich aber Eigenständigkeit zu verschaffen. Aufgrund des Zufallsgenerators sind sich die Level beispielsweise sowohl im Aufbau als auch der Struktur allzu oft ähnlich, während über die gelegentlichen Ausflüge in die Hölle besser der Mantel des Schweigens gelegt werden sollte: Selten sah Luzifers Reich hässlicher aus. Auch die Quests sind teilweise erschreckend öde gestaltet. "Töte x Monster" hier, "Sammel y Teile" dort. Nur wenige Ausnahmen wie der Trip in die Gedankenwelt eines Besessenen entschädigen für die stete Standardkost.
Dank der unspektakulären, aber stimmungsvollen Grafik läuft das Spiel immerhin auch auf kleineren Rechnern - sofern nicht die DirectX-10-Variante unter "Windows Vista" zum Einsatz kommt. Die Performance-Unterschiede sind gewaltig, die verbesserte Optik kaum wahrnehmbar.
Hellgate: London
Hersteller/Vertrieb | Flagship/EA |
Genre | Rollenspiel |
Plattform | PC |
Preis | ca. 50 Euro |
Altersfreigabe | ab 18 Jahren |
Insgesamt bietet "Hellgate: London" dank der unverwüstlichen Spielmechanik und dem umfangreichen, aber teils kostenpflichtigen Multiplayermodus viele Stunden Spielspaß. Für einen möglichen Nachfolger, den das offene Ende in Aussicht stellt, sollte Flagship allerdings mehr Mut zur Eigenständigkeit zeigen. Der erwartete "Diablo"-Thronerbe ist der Höllentrip nicht geworden.