Terroristen haben mit erschreckender Kaltblütigkeit und mit alarmierender Leichtigkeit einen der blutigsten Terrorakte unserer Zeit verübt und das World Trade Center in Schutt und Asche gelegt. Fußballspiele, Preisverleihungen und andere Veranstaltungen wurden abgesagt. Aber wie sieht es in der Unterhaltungsbranche aus? Wird das Attentat Auswirkungen auf den Bereich der Computerspiele haben?
Zum Glück gibt's keinen »Virtuellen Attentäter 1.0«
Als im Live-Fernsehen erst der eine Turm des World Trade Centers einstürzte und dann der andere, war mein erster Gedanke: Hoffentlich gibt es kein Computerspiel, das genau solch ein Szenario vorsieht. Mir ist zum Glück keines eingefallen. Gewundert hätte es mich nicht. Es gibt ja auch vermeintlich lustige kommerzielle Spiele, bei denen der Anwender etwa in die Rolle eines Mafiosi schlüpft, um mit Gewalt und Terror gegen die Konkurrenz im Städtchen vorzugehen. Einzelne Shareware-Spiele schicken den Benutzer bereits als Dealer auf die Straße, um virtuellen Kunden Crack zu verkaufen. Gewonnen hat am Ende der, der am meisten Geld in der Tasche hat. Zum Glück habe ich den »Virtuellen Attentäter 1.0« noch nicht im Laden gesehen.
Haben wir uns an digitale Gewalt gewöhnt?
Nebenbei werden der moderne Krieg und das militärische Denken mit Hilfe von Echtzeit-Strategiespielen im Kinderzimmer trainiert. Die härteren Egoshooter, die das Gemetzel anstelle aus der Vogelperspektive gleich direkt aus dem Blickwinkel der Spielfigur zeigen, werden nicht umsonst – Berichten zufolge - von der amerikanischen Armee zur Ausbildung der Soldaten eingesetzt. Die große Frage: Gehen solche Spiele angesichts der Tatsache, dass der Welt ein größerer bewaffneter Konflikt vielleicht bevorsteht, nicht ein wenig zu weit? Oder sogar viel zu weit? Haben wir uns in letzter Zeit zu sehr an die digitale Gewalt gewöhnt? Und: Wird der Handel aus Solidarität mit den vielen tausend Opfern Kriegsspiele aus den Regalen entfernen? Wohl kaum.
Ich muss daran denken, wie wir vor Jahren mit einem der ersten Microsoft Flugsimulatoren »geübt« haben, mit einer Verkehrsmaschine unter der Golden Gate Bridge hindurchzufliegen. Die aktuellen Bilder im Fernsehen sehen so unwirklich aus, als habe jemand in einer futuristischen Version des Flugsimulators versucht, zwischen den beiden Türmen des World Trade Centers hindurchzufliegen. Und es nicht geschafft. Nur ist es leider keine Simulation. (Hinweis der Redaktion: In Großbritannien haben »Virgin Megastore« und »Woolworth« den MS Flugsimulator aus den Regalen genommen, berichtet die Tageszeitung »Guardian«)
»Con Air«, »Final Destination« - gestern war's noch Unterhaltung
Vor wenigen Wochen habe ich wieder einmal einen Schwung neuer DVDs getestet. Erst war der Film »Con Air« an der Reihe, in dem brutale Verbrecher ein Flugzeug kidnapten und es am Ende mitten auf dem Strip von Las Vegas landen liessen – die Maschine raste in ein voll besetztes Casino. Dann sah ich »Final Destination«. In diesem Film explodiert eine Verkehrsmaschine gleich nach dem Start in der Luft. Beim Schauen der Filme war das vor einigen Wochen im ersten Fall aufregend, im zweiten gruselig und erschreckend. Aber eben noch immer Unterhaltung. Heute sieht das anders aus.
Fortan wird es in den USA nicht mehr möglich sein, mit explodierenden Flugzeugen Unterhaltung zu betreiben. Auch hier besteht der Denkansatz, dass es erst jetzt auf einmal zynisch wirkt, überhaupt mit den Leben von Menschen in einem Unterhaltungsfilm zu spielen.
Mitten in diese Überlegungen hinein mischt sich eine Nachricht aus einem Nebenschauplatz: So soll der Trailer zum neuen Superheldenfilm »Spider Man« nach dem Attentat aus dem Internet genommen worden sein. Möglicher Grund: Vielleicht spielt in diesem New Yorker Film das World Trade Center eine dominante Rolle. Da es dieses Gebäude inzwischen nicht mehr gibt, macht eigentlich auch der Film keinen Sinn mehr. Muss nachgedreht werden?
Das Netz hat geächzt, sich aber bewährt
Ein wenig stolz bin ich als PC-Journalist auf »mein« Internet. Auch wenn viele Leitungen zusammenbrachen: Per Mausklick ließen sich bei allen großen Nachrichtenseiten rund um die Uhr die wichtigsten Fakten und Meldungen auf den Bildschirm holen: Bei Stern.de, CNN.com und Spiegel.de wurde ich stets bestens informiert. So konnten sich auch die Anwender schlau machen, die vielleicht gerade keinen Zugriff auf einen Fernseher hatten.
Carsten Scheibe