Der weltgrößte Computerhersteller IBM hat angekündigt, 500 Patente für die ungehinderte Nutzung durch Software-Entwickler frei zu geben. Damit kehrt IBM von seiner bisherigen Strategie bei geistigem Eigentum ab.
"Das ist mit Abstand die größte Freigabe von Patenten in der Geschichte der USA", teilte IBM mit. Entwicklern stehe es nun frei, sie für die Schaffung von etwas Neuem zu verwenden. Der für geistiges Eigentum zuständige Vize-Präsident bei IBM, Jim Stallings, sagte, die Patente bezögen sich unter anderem auf Bildverarbeitung, Datenbank-Verwaltung und Netzwerke.
Stallings sagte, mit der Freigabe wolle IBM andere Firmen ermutigen, auch ihr geistiges Eigentum zur allgemeinen Verwendung verfügbar zu machen. Es könne dann als gemeinschaftliches Gut verwaltet werden. IBM wolle diesen Vorgang anstoßen, nicht aber kontrollieren. Die Open Source Development Labs (OSDL), die die Entwicklung von Software mit einem frei zugänglichen Quellcode (Open-Source-Software) fördern, begrüßten den Schritt. "Ich glaube, andere Firmen werden folgen", sagte OSDL-Chef Stuart Cohen. Zehn Firmen könnten insgesamt 1000 oder mehr Patente freigeben.
Mehr Patente als jede andere Firma
IBM wurden im vergangenen Jahr 3248 US-Patente zugesprochen und damit das zwölfte Jahr in Folge mehr als jede andere Firma. Im vergangenen Jahrzehnt hatte IBM versucht, mit diesem geistigen Eigentum Gewinn zu machen. Durch die Ankündigung unterstützt IBM nun indirekt Forderungen nach einer Reform des US-Patentrechts. Kritiker sehen in dem gegenwärtigen System ein Hindernis für Innovationen im Software-Bereich.
Allerdings geht IBM damit auch in Stellung gegen den weltgrößten Software-Hersteller Microsoft, der sich besonders gegen das Open-Source-Entwicklungsmodell stellt. Dieses Modell hat unter anderem das alternative Betriebssystem Linux hervorgebracht, das mit Microsofts Windows-Familie konkurriert. IBM gehört zu den größten kommerziellen Förderern von Linux.
"Billige Effekthascherei"
Kritik an dieser IBM-Ankündigung kommt der Kampagne NoSoftwarePatents.com, nach deren Aussage nur rund ein Prozent der IBM-Patente von der Freigabe betroffen seien. "Nach einem substanzlosen Nichtangriffsversprechen gegenüber Linux tut sich IBM nun erneut durch Augenwischerei und billige Effekthascherei im Zusammenhang mit Patenten und Open Source hervor", sagt Kampagnenleiter Florian Müller.
Zur politischen Entwicklung bezüglich Softwarepatenten in der EU teilte NoSoftwarePatents.com mit, dass über 60 Europaabgeordnete aus 13 Ländern und vier Fraktionen einen Antrag auf Neustart des Richtlinienverfahrens gestellt haben. Diesen Schritt begrüßten Softwarepatentkritiker als eine Chance auf einen Neubeginn, der den immer größeren Problemen, die von Softwarepatenten ausgingen, besser Rechnung tragen könne. Kurz vor Weihnachten hatte die polnische Regierung überraschend eine Entscheidung im EU-Rat zur Einführung von Softwarepatenten verhindert.