Die zunehmende Zahl an gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 geimpften Deutschen lässt Hoffnungen auf eine langsame Rückkehr zu einem normalen Alltag wach werden. Eine der Voraussetzungen dafür ist ein digitaler Impfnachweis. Den Auftrag dazu erhielt nun das deutsche Unternehmen Ubirch in Zusammenarbeit mit IBM. Die Technologie hinter dem Impfpass ist kompliziert. Aber kann sie ihr Versprechen auch halten?
Die Idee ist zunächst einfach. Statt immer den Impfpass mit sich herumzutragen, sollen die Bürger einfach digital nachweisen können, dass sie ihre Impfung gegen Covid-19 bereits erhalten haben. In der Umsetzung gibt es aber mehrere Hürden. Zum einen gibt es durch die Knappheit an Impfstoff und die Möglichkeiten eines Vorteils für Geimpfte einen starken Anreiz, eine Impfung vorzutäuschen. Andererseits soll der Impfstatus überall abrufbar sein, aber trotzdem die Daten der Geimpften geschützt werden.
Ubirch setzt auf Blockchain
Die von Ubirch nun vorgeschlagene Lösung ist entsprechend komplex. Der impfende Arzt trägt die Impf-Informationen wie das Datum und den genutzten Impfstoff in eine Blockchain ein. Das ist dieselbe Technologie, die auch hinter Bitcoin steckt. Vereinfacht gesagt handelt es sich um eine Art offenes Logbuch, in dem Informationen für jeden öffentlich einsehbar sind. Damit die Daten des Geimpften trotzdem geschützt sind, werden die Impf- sowie die persönlichen Informationen wie Name, Adresse und Personalausweisnummer zuerst verschlüsselt, bevor sie auf Blockchains verteilt werden.
Damit muss sich die geimpfte Person aber selbst nicht auseinandersetzen. Sie erhält nur einen QR-Code. Der enthält einen aus den Informationen und zufälligen Zahlen erstellten, nicht erratbaren digitalen Fingerabdruck in Form eines QR-Codes. Wird dieser gescannt, kann man dann prüfen, ob in der Blockchain ein verschlüsselter Impfeintrag vorliegt und diesen gegebenenfalls mit dem Personalausweis abgleichen. So soll verhindert werden, dass der QR-Code alleine missbraucht werden kann. Der Scan kann über eine spezielle App erfolgen, aber auch von einfachen Smartphone-Kameras über eine Webseite genutzt werden, betont Ubirch.

Eine Karte für das gute Gefühl
Das in Köln beheimatete Start-up hat bereits Erfahrung mit einem Impfpass: Im bayrischen Landkreis Altötting und im Zollernalbkreis in Baden-Württemberg werden bereits digitale Impfpässe der Firma eingesetzt. Eine Karte mit dem QR-Code, den die geimpften Bürger dort erhalten, hat allerdings nur einen psychologischen Zweck: Sie soll den Bürgern vor allem ein gutes Gefühl, etwas Handfestes geben, erklärte Ubirch-Chef Stephan Noller der "Süddeutschen Zeitung". Ihm zufolge kommt das bei den bislang eher den älteren Semestern zugehörigen Geimpften sehr gut an. In Zukunft kann auf die Karte aber auch verzichtet werden und der Code in Form eines Bildes oder in einer App gespeichert werden.
Obwohl die grundlegende Funktion bereits im Einsatz ist, gibt es noch viel zu tun. Der neue Vertrag sieht vor, dass gemeinsam mit IBM "eine Impfnachweis-App, eine Prüf-App und ein Backend für die Integration in Arztpraxen und Impfzentren" entwickelt werden soll, so die Ausschreibung. Dazu bleiben nach Anforderung der Behörde nur acht Wochen Zeit. Den Aufbau des Systems im Hintergrund übernimmt laut Noller IBM. Gegenüber dem "Spiegel" lobte er die Entscheidung: "Ich finde es cool, dass diesmal nicht einfach nur irgendein etablierter Big-Tech-Konzern die Lösung liefert", sondern stattdessen eine Zusammenarbeit stattfände.
Kritik am Blockchain-Einsatz
Doch es gibt auch Kritik an dem Ansatz. Experten des Chaos Computer Club bezweifelten etwa, dass die Blockchain-Technologie einen Vorteil gegenüber anderen Lösungen hätte. Besonders kritisiert wird etwa, dass die Daten zwar in der Blockchain liegen, sich aber nur über Ubirchs Angebot entschlüsseln lassen. Damit würde der theoretische Hauptvorteil der Blockchain – die Transparenz – ausgehebelt. Auch die Kosten dürften steigen, fürchtet der ehemalige Wikimedia-Chef Pavel Richter. "Absolut unglaublich – der digitale Impfnachweis wird tatsächlich mit Blockchain-Quatsch verteuert", schimpfte er bei Twitter. "Ich fasse es nicht, dass dieses digitale Äquivalent zur Homöopathie immer und immer wieder von der Politik wiederbelebt wird."
Noch hält sich der Nutzen des Impfausweises in Grenzen. Zukünftig könnte er aber bei Grenzübergängen und für den Zutritt zu Veranstaltungen, Flugreisen oder ähnliches verlangt werden. Konkret ist das aber noch nicht. Eine besondere Behandlung von Geimpften, etwa in Bezug auf Gastronomie oder Alltagsaktivitäten sei aktuell nicht geplant, betonte übrigens die Bundesregierung. Es gehe vor allem darum, den Papier-Impfpass zu ergänzen. "Statt nur im gelben Impfpass Impfzeitpunkt, Impfstoff und Namen vorweisen zu können, sollen Nutzerinnen und Nutzer diese Informationen künftig auch personalisiert bequem auf ihren Smartphones digital speichern können", erklärt das Gesundheitsministerium.
Quellen: Ausschreibung, Süddeutsche Zeitung, FAZ, Spiegel,