Vorwürfe gegen Twitter Musk klagt vor Gericht gegen Nazi-Vorwürfe – das ist seine Argumentation

Elon Musk benennt Twitter um
Elon Musk hatte Twitter vor einem Jahr gekauft und mittlerweile in X umbenannt
© NurPhoto / Imago Images
Eine Studie warf Twitter/X vor, Werbung bekannter Marken neben Hitler-Verherrlichung gezeigt zu haben. Nun geht Elon Musk gerichtlich dagegen vor – und wirft den Erstellern Betrug vor.

Es waren schwere Vorwürfe mit einer raschen Wirkung: Werbeposts von Apple, IBM und anderen sollen beim Kurznachrichtendienst X, besser bekannt als Twitter, neben Inhalten gelandet sein, die den Holocaust verharmlosen, Hitler verherrlichen und den Nationalsozialimus feiern. Einige der Firmen reagierten prompt – und stellten die Werbung bei X ein (hier erfahren Sie mehr). Wegen der verlorenen Einnahmen zieht Musk nun vor Gericht. Er fühlt sich betrogen. 

Das geht aus der Klage hervor, die Musk am Montag gegen Media Matters eingereicht hat. Die Organisation hatte vergangene Woche den Skandal losgetreten. In mehreren Screenshots hatte man dokumentiert, wie auf die X' Werbung großer Marken neben rechtsextremen Inhalten gezeigt wurde. Dabei soll es aber zu Manipulationen gekommen sein, argumentiert X in der Klage. Und fordert Schadensersatz für die dadurch entstandenen Werbeausfälle. Auch ein Staatsanwalt ermittelt mittlerweile wegen Betrugs.

Echt – und doch manipuliert

Interessant dabei ist, dass X nicht den Inhalt der Screenshots bezweifelt – sondern eine Manipulation in ihrem Entstehen vermutet. "Media Matters hat die für die Nutzerführung verantwortlichen Algorithmen manipuliert", heißt es in der Klage. "So sollten Sicherheitsmaßnahmen ausgehebelt werden, um Bilder zur erzeugen, die Posts von X' größten Werbekunden neben rassistischen, anstachelnden Inhalten zu zeigen." Ziel sei es gewesen, den Eindruck zu erwecken, dass es ohne Zutun zu solchen Situationen kommen könnte. 

Dafür habe die Organisation mit einer sehr eigenwilligen Methode gesorgt, lautet der Vorwurf. Media Matters soll demnach eigens X-Profile erstellt haben, die ausschließlich Rechtsextremen folgten – und den wichtigen Werbekunden. Dann habe man durch "endloses Scrollen und Neuladen des unrepräsentativen, handverlesenen Feeds" darauf abziele, beide Arten von Inhalten nebeneinander zu erwischen, behauptet X in der Klage.

Bereits bei Veröffentlichung der Studie vergangene Woche hatten Musk und X-CEO Linda Yaccarino betont, dass die dargestellten Inhalte nicht representativ seien. Tatsächlich zeigte gleich eine Reihe der Screenshots Posts desselben rechtsradikalen Accounts neben den Werbetreibenden.

Harsche Kritik an Musk

Wie genau die X-Führung von der Manipulation erfahren haben will, ist nicht bekannt. Die durchaus schweren – und im Falle einer Verurteilung wohl auch sehr teuren – Vorwürfe dürften nicht ohne weiteres zu beweisen sein. Das sieht auch Media Matters so. "Wir werden unbeeindruckt weiterarbeiten. Sie sollen klagen, wir werden gewinnen", gibt sich der Präsident der Organisation, Angelo Carusone, gegenüber mehreren US-Medien selbstbewusst.

Vom X-Besitzer scheint er aber nichts anderes erwartet zu haben. "Elon Musk hat die letzten Jahre damit verbracht, ohne Grundlage Leuten mit Klagen zu drohen, Verschwörungstheorien zu verbreiten und persönliche Angriffe gegen vermeintliche Gegner zu fahren", geht er hart mit ihm ins Gericht. "Diese willkürliche Klage soll X` Kritiker zum Schweigen bringen."

"Strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen"

Tatsächlich könnten zwei weitere Ankündigungen Konsequenzen haben. Auch Staatsanwälte in Texas und Missouri haben mittlerweile Ermittlungen gegen Media Matters eingeleitet. Der texanische Staatsanwalt Ken Paxton sprach dabei von einer "linksradikalen Organisation". Paxton, der als konservativ gilt, reagierte mit den Ermittlungen auf einen Vorschlag des ehemaligen Trump-Beraters Stephen Miller. Musk teilte die Pressemitteilung des Staatsanwaltes bei X. "Betrug hat strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen", betonte er. 

Verfassungsexperten und Rechtswissenschaftler bewerteten die Erfolgsaussichten der Klagen allerdings eher als schwach, berichtet "CNN". Die Studie sei ihrer Einschätzung nach von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Versuch, die Kunden zu beruhigen

Worum es bei der Klage letztlich gehen dürfte, zeigten Kommentare Yaccarinos gegenüber Mitarbeitern. Sie hätte am Wochenende "gute Gespräche mit den Werbekunden" gehabt, betonte sie laut "Fortune". "Die Werbekunden mögen ihre Ausgaben eine Weile pausiert haben. Aber sie werden zurückkommen." Eine hinzugefügte Warnung liest sich aber nicht so selbstsicher. Jeder solle "so verantwortlich wie möglich" mit seinen Budgets umgehen und möglichst sogar neue Geldquellen auftreiben. Schließlich müsse man mögliche Verluste ausgleichen können. 

Einen Aspekt der Vorwürfe deckt die Klage ohnehin nicht ab. Auch X-Besitzer Musk persönlich war in der vergangenen Woche gleich mehrfach vorgeworfen worden, mit Antworten auf entsprechende Tweets und raunende Verschwörungstheorien antisemitische Stimmungen angeheizt zu haben (hier erfahren Sie mehr). Als dann die Werbekunden wegliefen, trat er sogar noch nach – und warf ihnen Zensur vor.

Quellen: Klageschrift, CNN, The Verge, X

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