Thomas D. "Der Ego-Shooter wurde vom Militär entwickelt"

Thomas Dürr hat den deutschen Hip Hop mit den "Fantastischen Vier" hierzulande populär gemacht. Computerspiele sind seine zweite Leidenschaft. Im stern.de-Interview spricht er über seine Jugend, Moral und über selbstgebaute Eingabegeräte.

Herr Dürr, Sie sind ein leidenschaftlicher Zocker. Wann hat sie die Videospiel-Begeisterung gepackt?

Angefangen hat alles mit dem Commodore 64. Allerdings habe ich damals mehr Zeit damit verbracht, Spiele zum Laufen zu bringen, als dass ich sie gezockt habe. Ich denke oft mit Schrecken an die Zeit zurück, in der Spiele noch von Kassette geladen wurden. Dann hat mein bester Kumpel das Atari bekommen. Da haben wir oft ganze Wochenenden vor dem Fernseher verbracht. Eine ganz große Konsole!

Wenn ich zurückblicke, behalte ich eine Geschichte ganz sicher ewig in Erinnerung: Meinen selbstgebauten Joystick. Ich habe einen "Competition Pro"-Stick zerlegt und in eine Brettkonsole eingebaut, die ich mir auf den Schoß legen konnte. Ich fühlte mich wie in meiner eigenen Spielhalle. (lacht)

Witzig war auch, dass Smudo und ich uns im zarten Alter von 16 Jahren regelmäßig in die Spielhallen geschlichen haben. Vorbei am Pförtner. Da haben wir an nem Abend wahnsinnige fünf oder sechs Mark an Videospielautomaten verzockt. Das war für uns ein unglaublich hoher Betrag. In der gleichen Zeit haben Typen an Geldspielautomaten neben uns 50 oder 100 DM "versenkt". Wir haben uns bei dem Anblick nur gedacht, wie viele Jahre Vergnügen die an "unseren" Automaten mit so viel Kohle hätten haben können... (lacht)

Das alles waren die Anfänge. Seitdem hat mich diese Welt immer fasziniert. Bin praktisch mit den Konsolen aufgewachsen und spiele jetzt Playstation 2.

Nur Playstation 2? Spielen Sie keine PC-, Gamecube- oder Xbox-Games?

Der PC als Spielekiste hat sich mir nie eröffnet - ich bin Mac-User. Ich habe zwar ein PC-Laptop, aber damit kann man nicht wirklich daddeln. Zudem wollte ich immer ein Spiel reinschieben und direkt loslegen. Das geht nur mit der Konsole.

Das N64 von Nintendo war der Hammer damals. Ich kann mich noch ganz genau an die vielen Nächte erinnern, an denen wir vor der Flimmerkiste saßen und "Super Mario" gespielt haben. Eines der ersten dreidimensionalen Jump’n’Run-Spiele. Das war unglaublich gut!

Und dann kam Sonys erste Playstation-Konsole. Der Controller war für mich eine einzige Offenbarung! Das Ding liegt super in der Hand und alle Knöpfe sind sehr logisch platziert. Die Spiele lassen sich damit fantastisch steuern. Und seitdem spiele ich eigentlich fast ausschließlich Playstation-Spiele.

Also ist der Controller für Sie entscheidend? Und nicht die Spielidee oder die Grafik?

Ja, eindeutig. Zwar sind mir Innovationen und gute Grafik auch wichtig, aus diesem Grunde mag ich auch Nintendo-Spiele sehr gerne. Aber letztlich zählt ein sicheres Spielgefühl, welches das Joypad vermitteln muss. Das ist auch der Grund, warum ich mit der Xbox nie klargekommen bin. Ich kann diesen Controller einfach nicht bedienen. Der liegt mir nicht. Ich hoffe noch immer darauf, dass es irgendwann einmal einen Adapter geben wird, mit dessen Hilfe man ein Playstation-Joypad an die Xbox stöpseln kann.

Welche Spiele mögen Sie am liebsten?

Ich bin absolut kein Ego-Shooter-Spieler. Ich mag es nicht, Menschen umzubringen. Auch nicht am Bildschirm. Da habe ich einfach eine moralische Sperre. Wenn ich solche Games zocke, dann suche ich immer nach Alternativen. Kann ich den Gegner auch K.O. schlagen? Oder wie wär’s mit Vorbeischleichen? Das ist natürlich in den meisten Shootern nicht möglich. Also spiele ich diese Art von Spielen nicht.

Ich mag gerne Sportspiele. "SSX" ist cool. Oder die "Tony Hawk’s"-Serie. Autorennen sind auch genial. Und Fußballspiele, als Gemeinschaftsding. Klasse finde ich auch interaktive Eingabegeräte. Ich habe mir daher gleich nach Erscheinen im letzten Jahr den Gametrak-Controller mit dem Boxspiel geholt. Hab mir gleich am ersten Tag die Schulter ausgekugelt, weil ich beim Boxkampf direkt von 0 auf 100 gegangen bin, ohne mich vorher warm zu machen. Konnte mich dann drei Tage lang nicht mehr bewegen. Es war trotzdem ein riesiger Spaß! Ein weiteres tolles, interaktives Spiel ist das Musik-Quiz "Buzz". Eine schöne Controller-Idee, finde ich.

Legendär sind für mich Spiele wie "Super Mario" oder "Zelda". Ich freue mich immer wieder auf Fortsetzungen dieser Serien.

Wieviel Zeit verbringen Sie mit Videospielen?

In den letzten zwei Jahren ist die Zeit für dieses Hobby deutlich knapper geworden - seit meine Tochter am Start ist. Sie hat mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. (lacht) Besser gesagt: Die Zeit fürs Spielen hat sich durch dieses Ereignis verlagert. Wenn wir auf Tour sind, zocke ich irre viel. Dann kommt die PSP zum Einsatz. "Archer Maclean’s Mercury", "Lemmings" oder andere Puzzle-Spiele-Games, die man zwischendurch mal weglegen muss, um über Lösungswege nachzudenken.

Gerade hat Microsoft mit der Xbox 360 eine neue Konsolen-Generation eingeläutet. Sony und Nintendo ziehen in Kürze nach. Was erwarten Sie von den neuen Plattformen?

Eines ganz bestimmt nicht: Innovation. Außer von Nintendo vielleicht. Deren neues Hardware-Konzept klingt sehr spannend und vielversprechend. Das könnte innovative Spiele hervorbringen und das Unternehmen wieder nach vorne bringen. Da muss auch etwas passieren, denn den Kampf gegen Sonys Playstation haben sie verloren. Nintendo muss sich einfach was Neues einfallen lassen, um in Zukunft gegen die Konkurrenz bestehen zu können. Letztlich glaube ich aber, dass Sony auch in der neuen Videospiel-Generation die Nase vorn haben wird.

Was war für Sie das ungewöhnlichste Erlebnis in einem Videospiel?

Oh, da gibt es viele Momente! Habe sehr viele Erfahrungen beim Spielen gemacht, die sich sogar teilweise auf das reale Leben auswirken. So die "Burnout"-Rennspielserie. Um da ganz weit vorn im Wettstreit zu landen, muss man Fahrzeugen ausweichen. Wie im realen Straßenverkehr.
Der aktuelle Teil von "Burnout" hat mich dann ein wenige schockiert: Hier müssen Autos von der Straße gerammt werden. Dadurch erhält man zusätzliche Spielzeit. Ganz im Ernst: Obwohl ich die Serie wie gesagt sehr gerne mag, habe ich diesen Teil einfach nicht spielen könne, weil ich jedem Fahrzeug ausgewichen bin.

Wie sehen Sie die Diskussionen um Gewalt in Computerspielen?

Nicht ganz zu Unrecht wird darüber diskutiert, finde ich. Zumindest sollte man sich Gedanken über eine ganz bestimmte Art von Spielen machen. Der Ego-Shooter wurde vom Militär entwickelt, glaube ich. Weil sie festgestellt haben, dass ihre Soldaten im Ernstfall nicht so gerne abdrücken. Diese Art von Spiel baut sicherlich die Hemmschwelle ab.

Ein anderes Beispiel für Spiele, die ich nicht mag, sind Games, die mit einer Lichtpistole gespielt werden. Hier richtest du eine Plastik-Wumme auf ein Computerwesen und drückst ab. Dein Körper tut das - aktiv. Und es gibt keine andere Möglichkeit, den Konflikt zu lösen. Das sieht das Programm nicht vor. Eine Aktion, die man im normalen Leben niemals tun würde. Man wird durch solche Spiele meiner Meinung nach näher an die Gewalt herangeführt. Und ich glaube schon, dass das, womit sich dein Kopf beschäftigt, auch Teil deines Lebens wird. Wenn man sechs Stunden am Tag Leute umnietet, dann hat das sicherlich auch einen Effekt auf das Verhalten im Alltag.

Leider kommen immer mehr dieser Spiele auf den Markt. Immer stumpfere Games. Und um nicht von den Landesjugendbehörden bzw. der USK verboten zu werden, bauen Entwickler Aliens statt Menschen ein oder rotes statt grünes Blut. Aber das Prinzip bleibt für mich dasselbe.

Im Allgemeinen will ich solche Spiele nicht daddeln. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen. Ich gestehe... Zum Beispiel "Resident Evil". Aber das Spiel bietet auch kein wirklich reales Setting. Man kämpft gegen Zombies. Allerdings habe ich auch hier ein paar Stunden gebraucht, bis ich die Gegner kaltherzig erledigen konnte. (lacht)

Wie wichtig ist der Aspekt Musik im Spiel für Sie?

Genau wie im Film hilft Musik auch im Spiel, eine Atmosphäre aufzubauen. Eine tolle akustische Untermalung ist schon sehr wichtig für mich. Ich habe mir sogar den Soundtrack zu "SSX" gekauft, weil mir die Musik zugesagt hat. Viele Bands habe ich erst durch Spiele kennengelernt. Durch die "Need for Speed"- oder "Tony Hawk’s"-Serien beispielsweise.

Als Künstler glaube aber nicht, dass Soundtracks zu Spielen in Zukunft von der Musikbranche vermehrt vermarktet und verkauft werden. Für den Musiker ist finanziell bei einer solche Geschichte nicht viel drin. Die Industrie macht sehr harte Verträge. Hochdotierte Acts wird man also nicht verpflichten können. Andererseits können Spiele für einen Künstler jedoch aus einem ganz anderen Grund sehr wertvoll sein. Games werden weltweit verkauft und teilweise von Millionen von Spielern gezockt. Das kann den Bekanntheitsgrad eines Musikers schon enorm erhöhen, wenn auch nur in einer speziellen Bevölkerungsschicht.

Interview: Udo Lewalter

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