Ob Smartphone, Spielkonsole oder PC: Mit dem Betriebssystem Windows 10 wollte Microsoft wieder auf allen Plattformen mitmischen. Seit dem Start vor zehn Monaten wurde die Software, die es bis 29. Juli noch als kostenloses Upgrade gibt, auf mehr als 300 Millionen Geräten aktiviert. Es ist eine beeindruckende Zahl, doch sie ist weit entfernt von der angepeilten Milliarde in den ersten drei Jahren. Vor allem auf Smartphones gelang Microsoft bislang nicht der dringend benötigte Durchbruch. Und das könnte sich langfristig rächen, glaubt der renommierte Windows-Experte Paul Thurrott.
Microsofts Problem sind Apps
In einem Beitrag auf seinem Blog schreibt Thurrott, dass er ein baldiges Ende der Windows-Ära erwartet. Das klingt zunächst überraschend, denn Windows hat auf dem PC-Markt immer noch einen Marktanteil von 90 Prozent. Apples Mac OS X läuft dagegen auf nur jedem zehnten Rechner, Googles Chromebooks haben keinen nennenswerten Anteil.
Doch Google und Apple haben "die Geheimwaffe, die Google fehlt: unglaublich beliebte Mobilplattformen." Und genau hier werde der Kampf in der Zukunft entschieden, glaubt Thurrott. "Man muss festhalten, dass Microsoft mit Windows 10 seine Präsenz im PC-Markt zwar ausbauen konnte, im Mobile-Bereich ist das aber (noch) nicht der Fall. Das Problem sind, natürlich, die Apps."

Zudem haben Apple und Google im Produktivbereich in den vergangenen Jahren stark aufgeholt. Apple hat mit dem iPad Pro (hier unser Test) ein enorm leistungsfähiges Tablet auf den Markt gebracht, zuletzt verkündete der iPhone-Hersteller eine Kooperation mit dem deutschen Business-Software-Hersteller SAP. Auch Google zielt mit dem Pixel C (lesen Sie den Test hier) auf Unternehmenskunden, Chromebooks sind in US-Bildungseinrichtungen sehr populär.
Ironischerweise half Microsoft beiden Unternehmen, im Business-Sektor Fuß zu fassen, indem die beliebte Office-Suite auf iOS und Android portiert wurde. Zwar verdient Microsoft damit gutes Geld, doch mit jedem Download wird Windows als Plattform ein Stück bedeutungsloser.
"Ein potenzieller Moment der Auslöschung"
Bislang kommt Microsoft noch zugute, dass weder Apples noch Googles Betriebssysteme wirklich gut auf die Bedürfnisse in Büros angepasst sind. Doch das dürfte nur eine Frage der Zeit sein: "Es ist viel einfacher, mobile Plattform so zu optimieren, dass sie den PC ersetzen, als den PC soweit zu verschlanken, dass er auch mobilen Ansprüchen genügt", schreibt Thurrott. "Das ist ein potenzieller Moment der Auslöschung. Android und iOS nehmen die Rolle des Asteroiden ein, der auf die Erde zurast und die Windows-Dinosaurier auslöschen könnte."
Das Problem werde sich noch verschärfen, wenn jene Generation, die mit Smartphones und Tablets aufgewachsen ist, berufstätig wird. "Für sie ist Microsoft so relevant wie Sears, AOL oder IBM", schreibt Thurrott. Für den einst wertvollsten Konzern der Welt eine Horrorvorstellung. Thurrotts Fazit: "Die Zukunft des Personal Computings, wie wir es kennen, wird meiner Meinung nach nicht länger von Microsoft geprägt." Stattdessen sollte sich der Konzern darauf konzentrieren, gute Software und Cloud-Lösungen anzubieten, die überall auf jeder Plattform genutzt werden.