Verzweifelt steht der Weltraum-Sheriff mit seinem Team vor einer Bank. Im Inneren hat sich die Shaw-Gang verbarrikadiert und verlangt Lösegeld und freies Geleit. Mein Problem: In der Bank sind auch die Karten, mit denen ich ein mysteriöses Artefakt zu finden hoffe. Meinem Partner und mir bleibt also nichts anderes übrig, als die Gesetzlosen aus der Bank zu bekommen. Aber soll ich sie geschickt zum Aufgeben überreden? Mich einschleichen und sie mir einen nach dem anderen vorknöpfen, ohne dass die anderen etwas davon bemerken? Das Lösegeld selbst bezahlen. Oder einfach ballernd die Tür eintreten? Im neuen Bethesda-Hit "Starfield" kann ich mich frei entscheiden.
Zumindest ein bisschen. Denn in der Praxis sind mir in der recht früh in der Hauptstory geschehenden Episode dann doch die Hände gebunden. Der Versuch, den Gaunern Honig ums Maul zu schmieren, scheitert an meinem nicht ausreichend hohen Überredungs-Fertigkeiten. Die verlangte Geldsumme ist mir noch zu hoch. Und ich kann mich zwar ins Gebäude schleichen, doch schon der erste Gegner ertappt mich – und zwingt mir den Showdown mit der Schrotflinte auf. Am Ende ist das Ziel aber erreicht. Der Sheriff kann die mit toten Gangstern gespickte Bank wieder übernehmen. Und ich nach meiner Karte suchen.
Ein neuer Anfang
Obwohl es sich bei "Starfield" um die erste große Neuentwicklung Bethesdas neben den Erfolgsserien "Fallout" und "The Elder Scrolls" handelt, fühlt man sich als Spieler einer der anderen Titel sofort Zuhause. Die Geschichte dreht sich um den Spieler als Schwächling, der sich zum Weltenretter aufschwingt und bietet eine enorme spielerische Freiheit und eine Welt voller Details, Geschichten und Geheimnisse, die es zu entdecken gilt. Das ist die Bethesda-Formel, die etwa den zu Elder Scrolls gehörenden Titel "Skyrim" zu einem der meistverkauften Spiele aller Zeiten machte.
Und sie funktioniert auch im Weltall hervorragend. Statt einer einzelnen, riesigen Welt hat man diesmal unzählige Sonnensysteme mit noch mehr Planeten, Raumstationen und Sci-Fi-Städten, die zum Erkunden einladen. Die Bandbreite ist dabei riesig. Von der Hightechstadt Neu-Atlantis bis zum oben beschriebenen Western-Städtchen Akila. Von Eisplaneten bis zu Feuerhölle: Überall gibt es etwas zu entdecken, Gebäude und Höhlen zu erkunden und Geschichten zu erleben.
Starfield: Unendliche Weiten
Das größte Plus ist dabei die schier unendliche Freiheit. Will ich lieber wissen wie die Hauptgeschichte um eine mysteriöse Entdecker-Gemeinschaft und ihre Jagd nach noch mysteriöseren Artefakten weitergeht? Oder soll ich lieber ein Kopfgeldjäger werden? Andererseits könnte ich auch meine eigenen Raumstützpunkte ausbauen. Oder ein tödliches Wettrennen zu meistern versuchen. Oder ich besuche meine Eltern und erfahre, was so in der Nachbarschaft los ist. Oder, oder, oder.
Das Universum ist dabei fast von Anfang an relativ frei erkundbar. Grenzen gibt es nur, wenn Raumsprünge über zuvor nicht entdeckte Systeme führen. Dann muss man diese zuerst anreisen. Wagt man sich zu weit heraus, kann man allerdings auf Gegner treffen, gegen die man erst später eine Chance haben wird – und die einen oft schon im All gnadenlos vom Himmel holen.
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Schlüpfen Sie in die Rolle einer Katze und erleben Sie eines der vielleicht besten Spiele des Jahres. "Stray" ist ein echter Überraschungshit. Sie folgen der Katze in der dritten Person und erkunden dabei – mit einem kleinen Rucksack ausgestattet – eine Cyberstadt. Sounds und Bewegungen der Katze sind wunderbar gelungen.
Plattform: Playstation 5, Playstation 4, PC
Altersfreigabe: Ab 12 Jahre
Der Preis der Freiheit
Gerade am Anfang kann diese Vielfalt wirklich überwältigen. Egal was man sich vornimmt: Irgendwas lenkt sicher von dem eigentlichen Plan ab. Ob in Form einer Ruine auf dem Weg, oder eines Notrufs während man gerade auf einem Mond landen möchte. So kommt man zwar oft dann doch nicht voran, Langeweile kommt trotzdem zumindest nie auf.
Naja, fast nie. Der Preis für die endlosen Weiten im Weltall ist, dass diese, nunja, eben leider oft endlos sind. Das ergibt logisch Sinn: Wenn ich auf einem Planeten ohne Atmosphäre unterwegs bin, der nicht einmal Leben hat – was soll ich dann auf dem Weg auch groß entdecken können? In der Praxis kann das aber manchmal für Frust sorgen. Hunderte Meter durch eine blaue Wüste zu latschen, ist ohne Gegner oder Überraschungen einfach nicht besonders spannend. Das Erkunden macht dann etwas weniger Spaß, als man es von den anderen Titeln kennt.
Hat man die Städte oder Gebäude erreicht, ändert sich das aber schnell wieder. Wie von Bethesda gewohnt sehen die nicht nur schick aus, sondern sind gefüllt mit Details und kleinen und großen Geschichten. Durch das offenere Szenario und die teils sehr unterschiedlichen Planeten ist die Abwechslung noch größer.
Wie es euch gefällt
Das gilt auch für die Möglichkeiten, die Herausforderungen anzugehen. Dem Spieler bleibt es selbst überlassen, ob man sich lieber aus allen Problemen herausredet, schleicht oder kämpft, ob man dann Laserpistole oder das Schwert wählt, ob man lieber Computer hacken oder kunstvoll sein Raumschiff manövrieren und neu gestalten möchte – und jede Kombination dazwischen. Wobei, so ganz stimmt das nicht: Ganz ohne zu kämpfen ist das Ende der Story eher nicht zu erreichen. Eine vollends friedfertige Figur dürften aber ohnehin nur die allerwenigsten spielen wollen.
Apropos Spielfigur: Bei der Kreation hat man so viele Möglichkeiten, wie man es sonst in kaum einem Spiel findet. Ob bei der Körperform oder dem Gesicht: Auch hier sind der Kreativität der Spieler kaum Grenzen gesetzt. Und so hopst mein Held als leicht übergewichtiger Schnurbartträger mit Hautkrankheiten durchs All. Zum Glück kann ich ihn später auch noch umgestalten, der Weltraum-Gentechnik sei Dank.
Wo bin ich? Und was wollte ich hier?
Natürlich hat das Spiel auch Schwächen. Die Karte ist etwa gleichzeitig enorm kompliziert und teilweise zu unpräzise. So kann man zwischen Galaxien, dort zwischen Planeten und am Ende nochmal auf den Planeten selbst hin und herwechseln. Die Oberflächenkarte ist dann aber in komplexen Städten quasi komplett unbrauchbar. Hier wäre es schön, wenn Bethesda nochmal nachbessern würde.
Auch das Quest-Tagebuch kann gerne einmal überarbeitet werden. So gibt es keine Möglichkeit zu schauen, welche Aufgaben sich in der Nähe finden um sie abzuarbeiten. Da das Tagebuch sich aber im Nu immer weiter mit Aufgaben füllt, sorgt das schnell dafür, dass jegliche Übersicht verloren geht. Immerhin kann man sich jede Aufgabe einzeln auf der Karte anzeigen lassen. Eine Sortierfunktion wäre aber enorm willkommen.
Mehr ist nicht immer mehr
Das Sammeln von Ressourcen überfordert ebenfalls schnell. In der Welt finden sich Unmengen von Materialien, Rohstoffen und Bauteilen, die man benötigt um Essen zu kochen, Waffen oder das Raumschiff zu verbessern oder Basen auf Planeten zu bauen. Und obwohl das Inventar ständig mit den Ressourcen überfüllt ist, hat man die passende dann meist eben doch noch nicht gefunden. Für Fans von Crafting-Systemen dürfte das ein Traum sein. Die meisten anderen Spieler werden aber wohl schnell genervt aufgeben, die unzähligen Teile einzusammeln. Für das Abbauen der Ressourcen per Laser hat Bethesda ein bisschen zu viel zum Konkurrenten "No Mans Sky" geschielt.
Auch bei den aus anderen Bethesda-Games bekannten Begleitern ist das Mehr nicht unbedingt immer ein Plus. Weil man Raumstationen und Schiffe mit Besatzung füllen muss und auch immer einen Partner mit in Missionen nehmen kann, finden sich Dutzende von hilfswilligen Nebenfiguren. Nur einige wenige haben aber auch eine Persönlichkeit, mit der man sich befassen will. Weil es aber so viele der möglichen Begleiter gibt, ist es schwerer, diese auch zu finden. Hier machen Spiele wie der Klassiker "Mass Effect" oder das aktuelle "Baldurs Gate 3" vor, wie es besser geht.
Schade: Als erstes Bethesda-Spiel erscheint "Starfield" nicht für die Playstation. Das war abzusehen: Microsoft hatte das Studio vor einigen Jahren aufgekauft, um das Portfolio von Xbox und PC zu verbessern. Trotzdem dürfte es für viele Fans des Studios frustrierend sein, den lange erwarteten Titel nicht doch spielen zu können.
Fazit: Ein starker Neustart
"Starfield" ist ambitioniert – und liefert trotzdem. Bethesda ist es gelungen, seine Stärken auszuspielen und eine sehr gut funktionierende Mischung seiner bisherigen Spielsysteme umzusetzen. Die Spielwelt ist gigantisch, aber trotzdem mit Liebe umgesetzt. Das Weltraum-Setting erlaubt es, die Bethesda-Formel noch einmal deutlich kreativer und abwechslungsreicher mit Leben zu füllen, als das in einem Elder-Scrolls- oder Fallout-Titel möglich wäre. Das so geschaffene Universum ist prall gefüllt mit Möglichkeiten – und überlässt es dem Spieler, welche, wann und wie man sie angeht.
Gerade für Gelegenheitsspieler kann das aber auch ein Nachteil sein. Unter mehreren Dutzend Stunden ist die Story kaum zu schaffen, wer möglichst viel sehen will, muss nochmal erheblich mehr Zeit einrechnen. Angesichts dessen sind die langen Wege auf leeren Planeten fast noch ärgerlicher. Die gute Nachricht: Man muss ja nicht. Wer nur gelegentlich mal ein bisschen Weltraum-Luft schnuppern will, kommt auch dann auf seine Kosten, wenn man die Story links liegen lässt. Schließlich gibt es auch genug anderes zu tun.
"Starfield" erscheint offiziell am 6. September für Xbox und Windows. Es ist ab dem ersten Tag in Microsofts Spiele-Abo Gamepass enthalten oder einzeln kaufbar. Eine Premium-Version erlaubt das Spielen bereits ab dem 1. September.