Die Affäre um Wikileaks-Mitgründer Julian Assange droht zu einer Spaltung in der Führungsriege der Enthüllungs-Website zu führen. Der deutsche Wikileaks-Sprecher, der unter dem Pseudonym Daniel Schmitt bekannt ist, kündigte in der am Montag erschienenen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" seinen Rückzug an. "Da gibt es eine Menge Unmut, und einige werden wie ich aussteigen."
Grund für den Rückzug seien interne Querelen und Streit mit Assange, sagte Schmitt dem Magazin. "Wir alle hatten in den letzten Monaten wahnsinnigen Stress." Es seien Fehler passiert, was in Ordnung sei, "solange man daraus lernt", sagte er. "Dafür muss man sie sich aber eingestehen. Vor allem scheint das Vertrauen verlorengegangen zu sein, dass wir an einem Strang ziehen."
Wikileaks versteht sich als Plattform für die anonyme Veröffentlichung brisanter Geheimdokumente im Internet, um auf diese Weise Missstände aufzudecken. Ende Juli hatte Wikileaks für Wirbel gesorgt, weil die Seite zehntausende Geheimdokumente zum NATO-Einsatz in Afghanistan öffentlich machte.
Der gebürtige Australier Assange war als Gesicht der Enthüllungs-Website bekannt geworden, geriet im August in Schweden aber unter den Verdacht der Vergewaltigung und Belästigung. Mitarbeiter von Wikileaks legten ihm daraufhin nahe, sich zurückzuziehen, bis die Vorwürfe ausgeräumt seien. Assange weist die Anschuldigungen dagegen als Kampagne gegen ihn und Wikileaks zurück.
Schmitt kritisierte im "Spiegel" weiterhin, dass sich die Website zu sehr auf die großen Projekte konzentriert habe und dabei kleinere, nationale Dokumente vernachlässigt worden seien. "Ich habe mehrfach versucht, das anzustoßen, aber Julian Assange hat auf jede Kritik mit dem Vorwurf reagiert, ich würde ihm den Gehorsam verweigern und dem Projekt gegenüber illoyal sein", sagte er.
Schmitt nannte im "Spiegel"-Interview auch erstmals seinen richtigen Namen: Daniel Domscheit-Berg. Den Angaben zufolge war er bis zu seinem Rückzug einer von wenigen Vollzeitmitarbeitern der Plattform, Anfang 2009 hatte er dafür schließlich seinen Hauptberuf in der IT-Branche aufgegeben.