Wenn Bradleys Arm nur länger wäre, schrieb US-Moderatorin Ellen DeGeneres, als sie das legendäre Oscar-Selfie vor knapp einem Jahr auf Twitter postete. So viele Hollywood-Stars, so wenig Platz: Ganz rechts winkt Angelina Jolie zaghaft in die Kamera, links versucht sich Jared Leto noch ins Bild zu drängeln - vergeblich.
Heute wäre das Bradley Cooper nicht passiert: Zog man früher das Handy aus der Tasche, grinste in die Frontkamera und drückte auf den Auslöser, greift der Selfie-Freund von heute nur lässig zum Selfie-Stick. Das ist eine ausziehbare Stange, an deren Ende das Smartphone eingeklemmt und so der Winkel zum Foto-Objekt vergrößert wird. Sprich: Es passt mehr auf das Bild.
Das ist nicht nur praktisch, wenn sich halb Hollywood hinter den eigenen Rücken quetscht, sondern auch vor großen Sehenswürdigkeiten wie dem Eiffelturm. Für das eigene Fotoalbum ist der Stick somit eine echte Bereicherung, die Touri-Hotspots geraten damit aber immer mehr zum Spießrutenlauf zwischen hektisch umherwirbelnden Stangen. Doch wer ist für das Spieß-Mikado eigentlich verantwortlich?
Der Härtetest für die Selfie-Stange
Erfunden wurde der Selfie-Stick vom Kanadier Wayne Fromm. Die Idee dafür hatte er in einem Italien-Urlaub vor 14 Jahren. Smartphones gab es damals noch nicht, das Problem bestand damals aber trotzdem schon: "Wir standen auf einer Brücke in Florenz, und ich war es leid, immer fremden Leuten meine Kamera in die Hand zu drücken", erzählte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Knapp zweieinhalb Jahre tüftelte Fromm, der in den 90ern interaktives Spielzeug für Disney entwickelte, an der Teleskop-Stange.
Anschließend musste sich der QuikPod, so heißt der Ur-Selfie-Stick, einem Härtetest unterziehen: Fromm fror die Stange ein, lagerte sie 30 Tage in Meersalz und fuhr mit 500-Kilo-Traktorreifen darüber. Für den geforderten Preis von 25 bis 60 Dollar sollte die Stange auch einiges aushalten.
"Der QuikPod wird auf arktischen Expeditionen und von Unterwassertauchern benutzt. Sie müssen in der Lage sein, ihn auch unter harten Bedingungen zu nutzen", sagt Fromm in einem Interview mit dem US-Portal "Inc". Fotogeschäfte auf der ganzen Welt nahmen den QuikPod in ihr Portfolio auf. Endgültig geadelt wurde der Selfie-Stick von Talkshow-Ikone Oprah Winfrey, als diese ihn als eines ihrer Lieblingsprodukte anpries.
Das große Geld kam nie
Dennoch dauerte es mehrere Jahre, bis der Selfie Stick ein Hit wurde - der große Boom kam mit der massenhaften Verbreitung von Smartphones. Das renommierte "Time"-Magazin kürte den QuikPod sogar zu den "besten Erfindungen des Jahres 2014". Fromm verkaufte bis heute laut eigener Aussage mehrere hunterttausend Stück, reich geworden ist er dennoch nie. Fahren Touristen heute die Selfie-Stangen aus, stammt nur der geringste Teil von ihm. Der Markt wird von chinesischen Kopien überflutet, die teils unter zehn Euro kosten. Fromm, der seine geniale Idee mit Patenten schützte, liefert sich seit Jahren juristische Scharmützel mit den Produktpiraten. Vom Markt vertreiben konnte er sie aber nicht.
Vielleicht wird das große Geld auch nie kommen: Während sich die Selfiestangen bei Extremsportlern und Touristen noch großer Beliebtheit erfreut, wurden sie in Großbritannien in den ersten Konzerthallen und auf Festivals bereits verboten. Ein Sprecher der Londoner Wembley Arena sagte dem Musikmagazin "NME": "Wer einen Selfie-Stick mit auf ein Konzert bringt, riskiert, dass ihm der Eintritt verwehrt wird. Wir raten deshalb, die Stangen daheim zu lassen und stattdessen den altbewährten Arm für Fotos zu benutzen." Wo man wieder in der gleichen dummen Situation wie Bradley Cooper wäre: Alle passen nunmal nie aufs Bild.