Für sein Frühjahrs-Event hatte sich Apple viel vorgenommen. Das Motto "Spring Loaded" lässt sich als Wortspiel sowohl mit "sprungfederhaft" als auch mit "vollgestopfter Frühling" übersetzen. Und tatsächlich hatte Tim Cook und sein Team beim ersten Apple-Event des Jahres Unmengen an Neuheiten im Gepäck - und ließ die Grenzen zwischen den Produkt-Klassen weiter einbrechen.
Denn Apple brachte gleich mehre Produkt-Klassen näher zusammen. Der iMac ist nun nicht nur wieder so bunt wie sein legendärer Vorgänger aus den Neunzigern, er orientiert sich mit seinem neuen, extrem flachen Look auch sehr stark am iPhone und iPad. Und auch im Innern nähert er sich drastisch an die kleinen Stars des Unternehmens an.
Der iMac wird mehr zum iPhone
Wie schon bei den mobilen Rechnern arbeitet nun auch im iMac der selbstentwickelte M1-Prozessor. Der auf den im iPhone entwickelten A-Prozessoren basierende Chip ermöglicht nicht nur ein deutlich dünneres Gehäuse, sondern versorgt den iMac auch mit einer bisher nicht gekannten Leistung: 85 Prozent schneller als das Basismodell aus dem letzten Jahr sollen die neuen iMacs sein, bei der Grafik werden in optimierten Apps bis zu zweimal soviel Rechenpower geboten. Der festverbaute Grafikchip soll sogar 50 Prozent schneller sein als die meisten dezidierten Grafikkarten. Das ist beeindruckend.
Auch an anderer Stelle nähert sich der iMac dem iPad und iPhone an: Die Tastatur - die jetzt farblich zum gewählten Modell passt - bietet nun erstmals den Fingerabdruckscanner TouchID, wie ein Smartphone oder die neuen Macbooks soll der Rechner quasi sofort aufwachen und arbeitsbereit sein. Weitere schicke Neuerungen sind die verbesserte Kamera sowie das überarbeitete Sound-System. Beide sollen durch clevere Features wie Beam-Forming, bei dem einem der Sound intelligent durch den Raum folgt, besonders gut für Videotelefonie optimiert sein. Die neuen iMacs sind ab 1450 Euro erhältlich.
Ein Tablet wie ein Profi-Rechner
Auch die neuen iPad Pro rücken spürbar in Richtung Mac - und zwar mehr, als es die Gerüchteküche vermutete. Denn auch Apples Profi-Tablets werden von nun an mit dem M1-Chip betrieben. Zwar versorgte Apple die Highend-iPads schon länger mit speziellen Chips, dass sie aber dieselben erhalten wie die Computer, ist ein absolutes Novum.
Die Möglichkeiten steigen dadurch enorm. Die im Vergleich zum letzten iPad Pro 50 Prozent höhere Leistung macht den Weg frei, das iPad noch viel mehr als vorher auch für den mobilen Arbeitseinsatz zu verwenden, etwa um Fotos oder Videos zu bearbeiten. Sogar Videoeffekte wie Motion Capturing oder das Freistellen von Personen im Greenscreen soll direkt auf dem iPad möglich sein. Kein Wunder, dass in einem Videoclip ein Entwickler, Videoprofi und Spieledesigner nach dem anderen über die neue Leistung schwärmen durften.

Tatsächlich war der Sprung aber auch nötig: Mit den neuen iPads musste Apple das Ungleichgewicht im Line-up wieder ausgleichen, das durch die Vorstellung des iPad Air 4 im Herbst entstanden war. Der Abstand vom Air zum Pro war kaum noch vorhanden, der Aufpreis für die wenigsten gerechtfertigt.
10.000 Leuchten für ein Halleluja
Das ändert sich nun wieder drastisch - vor allem beim Modell in 12,9 Zoll. Denn während das 11-Zoll-Gerät weiter auf das schon sehr gute Liquid-Retina-Display setzt, bekommt das große iPad ein riesiges Upgrade: Es erhält ein Liquid Retina XDR-Screen. Das XDR hat Apple von seinem 5500 Euro teuren Pro Display übernommen. Wie der Profi-Bildschirm soll auch das iPad sich nun mit einer Helligkeit von bis zu 1600 Nit in der Spitze und einem Kontrastverhältnis von 1:1.000.000 sowie einer noch besseren Farbdarstellung direkt zur Endproduktion von Videos nutzen lassen.
Bunt, schlank, extravagant: Das sind Apples Neuvorstellungen in Bildern

Möglich macht das die neue Display-Technik. Unter dem Namen "Mini-LED" hat Apple die einzelnen Leuchtzellen um den Faktor 120 eingeschrumpft. Die über 10.000 Leuchten, die nun das Display von hinten erhellen, lassen sich zudem so gezielt ansteuern, dass 2500 Lichtzonen entstehen, die einzeln an- und ausgeschaltet werden können. Dieses sogenannte Local Dimming lässt Inhalte noch kontrastreicher erscheinen. Zusammen mit Pro-Motion, der True-Tone-Farbdarstellung und dem P3-Farbraum soll so ein auf Tablets ungekanntes Bild entstehen. Ob sich diese vollmundigen Versprechen auch in der Praxis haltbar sind, kann erst ein Test zeigen.
Die sonstigen Neuerungen wirken dagegen fast klein. Dank der smarteren Kamera-Steuerung kann einem der Blick der Zuschauer in Video-Anrufen per Facetime automatisch durch den Raum folgen, durch den neuen Thunderbolt-Anschluss sind nun noch höhere Datenraten und sogar der Anschluss von 6k-Monitoren möglich. Und: Das neue Mobilfunk-Modell unterstützt wie das iPhone den 5G-Standard.
Die Grenzen brechen ein
Das alles verblasst aber hinter dem Bild, dass die beiden Neuvorstellungen zusammen ergeben: Mit der Nutzung desselben Chips in Desktop-Rechner und Tablet reißt Apple die Schranken zwischen seinen System konsequent weiter ein. Die Nutzer können nun den Formfaktor wählen, den sie zum Arbeiten brauchen - ohne sich dabei groß an technischen Hürden orientieren zu müssen.
Sollte Apple bei der Software diesen Weg ebenfalls so konsequent weiter gehen, dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch die Unterschiede zwischen den Betriebssystemen immer kleiner werden. Man darf auf die Software-Messe WWDC im Juni gespannt sein. Die neuen iPads erscheinen zum selben Preis wie die Vorgängermodelle und werden ab Mitte Mai ausgeliefert.
Tolle Neuerungen unter ferner liefen
Angesichts der großen Bewegung bei iPad und iMac gehen zwei kleinere Ankündigungen etwas unter: Die kleinen Alltagshelfer zum Wiederfinden verlorener Gegenstände - die AirTags - sowie das neue AppleTV.
Vor allem die AirTags wurden gespannt erwartet. Die kleinen Plättchen sollen den Nutzern helfen, Alltagsgegenstände wie den Schlüsselbund, das Portmonee oder auch das Fahrrad über die "Wo ist"-App wieder zu finden. Das war bislang nur mit Apple-Geräten möglich, erst vor zwei Wochen hatte Apple eine Unterstützung für Dritt-Geräte wie die von Belkin angekündigt. Ein Airtag mit Halterung verkauft Apple für 35 Euro, ein Viererpack ist für 110 Euro erhältlich.
Airtags geistern bereits seit zwei Jahren immer wieder durch die Gerüchteküche. Dass Apple sie nun tatsächlich vorstellt, dürfte bedeuten, dass der Konzern mit der Umsetzung endlich zufrieden ist. Wie gut sich die Plättchen im Alltag bewähren, wird allerdings erst ein Test zeigen können.
Das Apple TV ist die unscheinbarste Neuerung. Das neue Modell heißt - wie das alte - schlicht AppleTV 4K. Es erhält nun den A12-Prozessor, den Apple mit dem iPhone XS vorstellte. Dadurch beherrscht es nun HDR auch in höheren Bildraten. Toll: Mit dem Kamera-Sensor des iPhones ist es nun möglich, das Bild des AppleTVs auf dem eigenen Fernseher zu kalibrieren, um Inhalte noch besser aussehen zu lassen. Der Preis liegt bei 179 Euro für das Modell mit 32 Gigabyte und 199 Euro für das 64-GB-Modell.
Quelle: Apple