Es sind heikle Gespräche: Wenn der Chef einer Firma wie Apple die Aktionäre über die Quartalserwartungen informiert, ist jedes Wort, jeder Satz vorsichtig abgewägt. Warum das so ist, zeigt eindrücklich eine aktuelle Gerichtsverhandlung des iPhone-Herstellers.
Eine Gruppe von Aktionären hatte Apple wegen eines der Telefonate verklagt. Der Vorwurf: Tim Cook habe bewusst die wirtschaftliche Entwicklung des Konzerns im wichtigen Markt China beschönigt. In einer außergerichtlichen Einigung erklärte sich Apple nun bereit, 490 Millionen Dollar zu zahlen, um das Verfahren zu beenden.
Apple: Rückschlag in China
Konkret geht es um ein Gespräch mit den Aktionären am 1. November 2018. Im Rahmen des Quartalsbericht hatte Cook eine rückläufige Nachfrage in Märkten wie Russland, Indien, der Türkei und Brasilien berichtet. Dann kam der Satz, der den Konzern nun eine halbe Milliarde Dollar kostete: "China würde ich nicht in dieser Kategorie sehen", betonte Cook.
Für die Aktionäre kam das beruhigend. Trotz der großen heimischen Konkurrenz ist China einer der wichtigsten Märkte für Apple. Über 50 Milliarden Dollar nahm Apple dort 2018 ein, über 25 Prozent seiner weltweiten Verkäufe.
Doch kurze Zeit später kam der Schock: Apple fuhr seine Bestellungen für das damals aktuelle iPhone XS zurück, korrigierte seine Gewinnerwartungen um neun Milliarden Dollar nach unten – zum ersten Mal seit der Einführung des iPhones. Als Grund nannte man die Handelsstreitigkeiten Chinas mit der Trump-Regierung. Die Börse reagierte schnell auf die Korrektur: Der Konzern verlor an einem einzigen Tag zehn Prozent seines Wertes, war plötzlich knapp 74 Milliarden Dollar weniger wert. Dieser Verlust ist auch die Basis für die Klage der Aktionäre.
Apple weist Schuld von sich
Noch hat sich Apple nicht offiziell zu der Einigung geäußert. Dem Vergleich zufolge sieht der Konzern aber nach wie vor keine Fehlinformation der Aktionäre oder gar einen Gesetzesbruch durch Falschaussagen. Cook habe betont, dass die Zahlen im vorigen Quartal sehr gut waren, die anfänglichen Verkäufe des zu diesem Zeitpunkt neuen iPhone XS keine Hinweise auf eine Abschwächung gaben, argumentierte der Konzern beim Versuch, die Klage abzuwenden. Richterin Yvonne Gonzalez Rogers fand allerdings die Argumentation der Kläger plausibel, dass Apple auch klar über künftige Käufe gesprochen hatte und ein Abflauen der chinesischen Wirtschaft hätte vorhersehen können.
Die Einigung hatte der Konzern den Unterlagen zufolge angenommen, um weitere Kosten durch ein langwieriges Verfahren zu vermeiden.
Der Einbruch des Aktienkurses Anfang 2019 war ohnehin nur eine Momentaufnahme: Damals hatte Apple gerade als erste börsendotiertes Unternehmen einen Gesamtwert von einer Billionen Dollar übertroffen, bevor der Wert wieder auf 750 Milliarden Dollar einbrach. Davon hat sich der Kurs längst erholt: Im letzten Sommer knackte der Konzern erstmals die Marke von drei Billionen Dollar Marktwert – also dem Vierfachen des damaligen Werts.