Illegaler Darknet-Marktplatz BKA schaltet Drogenmarkt Hydra ab: Was Betreiber und Kunden nun zu befürchten haben

Fehlermeldung beim Aufrufen der Hydra-Market-Seite
"Die Plattform und der kriminelle Inhalt wurden beschlagnahmt": Diese Meldung begrüßt Besucher:innen des ehemaligen Schwarzmarkts.
© BKA
Der bislang weltweit größte illegale Darknet-Marktplatz "Hydra Market" ist Geschichte. Das BKA stellte Server sicher und beschlagnahmte Bitcoins im Wert von 23 Millionen Euro. Wie geht es wohl weiter?

Das Bundeskriminalamt und die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) feiern einen großen Sieg gegen den digitalen Handel mit illegalen Waren. Gestern schalteten die Behörden den "Hydra Market" ab, den bis dahin weltweit größten illegalen Darknet-Marktplatz. Seit 2015 war es auf der russischsprachigen Plattform möglich, ungestört Drogen, gestohlene Daten und gefälschte Dokumente zu kaufen sowie unrechtmäßig erworbenes Kryptogeld zu waschen und Hacker für Datenraubzüge zu beauftragen.

Dem BKA gelang es durch "aufwändige Ermittlungen", die in Deutschland befindliche Serverinfrastruktur sicherzustellen und 543 Bitcoins mit einem Wert von rund 23 Millionen Euro zu beschlagnahmen. Der "Hydra Market" zählte nach Angaben des BKA zuletzt 17 Millionen Kunden und über 19.000 Verkäuferkonten. 2020 beliefen sich die Umsätze der Plattform demnach auf rund 1,2 Milliarden Euro. Mehrere US-amerikanische Behörden waren Teil der Operation.

US-Behörde klagt Russen an

Das US-Justizministerium meldet, der "Hydra Market" sei im vergangenen Jahr für rund 80 Prozent aller Transaktionen mit Kryptowährungen im Darknet-Markt verantwortlich gewesen. Seit Gründung der Seite im Jahre 2015 hätten die Betreiber insgesamt 5,2 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Anders als das BKA, welches bislang keine Festnahmen verkündete, stellten die Amerikaner eine Strafanzeige gegen einen in Russland lebenden Mann namens Dmitry Olegovich Pavlov (30), der nach Ansicht der Behörden für die Server-Bereitstellung verantwortlich war. Im Verfahren der ZIT bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main werden unterdessen Ermittlungen gegen die Betreiber der Plattform geführt, die noch nicht identifiziert sind.

Das amerikanische Finanzministerium verhängte außerdem bereits Sanktionen gegen den ehemaligen Marktplatz und eine weitere Internetseite namens Garantex, deren Betreibern das Ministerium vorwirft, bei der Geldwäsche illegaler Mittel geholfen zu haben. Damit ist es US-Amerikanern untersagt, Geschäfte mit Personen zu machen, die für diese Seiten arbeiten oder gearbeitet haben. Eine erste Liste mit 100 sanktionierten Konten für virtuelle Währungen hängt der Meldung an, darunter auch Adressen, die in Verbindung zu den berüchtigten russischen Ransomware-Gangs Conti, Ryuk und Sodinokibi stehen.

Besonders für Kriminelle in russischsprachigen Ländern, wo der "Hydra Market" sein Kerngeschäft hatte, ist die Schließung und Sicherstellung der Seite ein harter Schlag. Es fehlt nicht nur die bislang renommierteste Adresse für allerlei illegale Geschäfte, auch das Anonymisieren von Lösegeldern aus Erpressungen wird zunächst deutlich erschwert. Nach Angaben von Blockchain-Forschenden stammten etwa 86 Prozent der illegalen Bitcoin, die russische virtuelle Währungsbörsen im Jahr 2019 direkt erhalten haben, von Hydra.

Es geht wohl munter weiter – aber nicht für alle

Für ehemalige Betreiber, Kunden und Händler beginnt nun die große Zeit des Zitterns. Da die Server in Deutschland standen und sich in den Händen der Behörden befinden, ist eine umfangreiche Auswertung der darauf gespeicherten Daten wahrscheinlich. Abhängig davon, was der "Hydra Market" alles gespeichert hat, ist wohl mit weiteren Verfahren zu rechnen, insbesondere gegen die Verkäufer der Plattform, die sich durch das Anbieten illegaler Ware strafbar gemacht haben.

Einer der ermittelnden Staatsanwälte, Sebastian Zwiebel, berichtet dem stern: "Die Daten auf dem Server werden nun ausgewertet, was angesichts deren Umfangs sicherlich einen sehr langen Zeitraum beanspruchen wird. Sollte die Auswertung Hinweise auf in Deutschland ansässige Verkäufer und/oder Kunden ergeben, so werden wir diesen nachgehen. Die Einleitung von diesbezüglichen Ermittlungsverfahren würde dann eine zwingende Konsequenz sein, zu der wir aus Legalitätsgründen auch verpflichtet sind."

Was die Marktplätze betrifft, geht es anderswo vermutlich munter weiter im Darknet: Wie der Name "Hydra" bereits suggeriert, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich eine Alternative im Darknet einen Namen macht. So lief es 2014 nach der Schließung des damaligen Platzhirschs "Silk Road", so wird es wohl auch diesmal geschehen.

Nicht alle Webseiten im Internet können über Suchmaschinen aufgefunden werden. Das Darknet hat sich daher zu einem Marktplatz für illegale Geschäfte entwickelt. 
Nicht alle Webseiten im Internet können über Suchmaschinen aufgefunden werden. Das Darknet hat sich daher zu einem Marktplatz für illegale Geschäfte entwickelt. 
© Silas Stein / DPA
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Wohl aber nicht durch die Betreiber des "Hydra Markets", teilte das Bundeskriminalamt auf Twitter mit. Dort heißt es: "Wie bei jedem IT-System wäre auch bei dem [...] geschlossenen illegalen Marktplatz "Hydra Market" die Wiederherstellung bei Vorliegen eines vollständigen Back-Ups grundsätzlich möglich. Die [...] erfolgte umfassende Beschlagnahme der Serverstruktur des Marktplatzes in Deutschland sowie das Abschöpfen der finanziellen Mittel dürfte eine "Neueröffnung" jedoch sehr aufwändig gestalten."

Schlimmer noch: "Darüber hinaus dürfte das Vertrauen der Underground Economy in den Marktplatz mit den [...] erfolgten Exekutivmaßnahmen nachhaltig beeinträchtigt worden sein und die gewinnbringende Wiedereröffnung hierdurch zusätzlich erschwert werden", fügt das Amt hinzu.

Quellen: BKA, DOJ, DOT, BKA Twitter

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