Die schlechten Nachrichten für Boeing reißen nicht ab. Nachdem der Konzern infolge des Debakels um die Boeing 737 Max zum ersten Mal seit 22 Jahren Verluste verbuchen musste, meldet das Pentagon nun die nächste Panne: In einer von Boeing entwickelten Software sollen Sicherheitslücken entdeckt worden sein. Es geht ausgerechnet um ein Lenksystem für Atomwaffen.
Im gerade veröffentlichten Bericht des "Director, Operational Test and Evaluation" (kurz DOT&E), einer Art TÜV der US-Streitkräfte, weisen die Experten auf die Probleme hin. In dem von Boeing für 178 Millionen Dollar entwickelten Lenkaufsatz fänden sich "in einer Systemkomponente Sicherheitslücken", so der Bericht. Wie genau die sich nutzen ließen, verrät er nicht. Die gute Nachricht für Boeing: Anders als bei der 737 Max ist die Lücke nach Einschätzung des US-Militärs "ohne größere finanzielle und zeitliche Investitionen zu beheben." Das sollte aber auch möglichst schnell geschehen, fordert der Bericht.
Frischer Wind für alte Bomben
Die Lücke ist nur eine Verzögerung von vielen des Aufrüstungsprogramms. Seit Jahren wollen die US-Streitkräfte ihre bereits 1963 erstmals entwickelte Wasserstoffbombe B61 zukunftstauglich machen. Die aktuell genutzte Version 11 ist bereits seit 1997 im Einsatz. Unter anderem mit einem neuen Lenksystem will man die großen Bombenvorräte wieder frisch machen.
Mit dem B61-12 soll die bunkerbrechende Bombe eigentlich gleich vier Vorgängermodelle in einer neuen Variante vereinen und so weiter nutzbar machen. Doch obwohl das Pentagon bereits 2013 davor warnte, dass die Umstellung bis spätestens 2019 erfolgen müsste, zog sich die Modernisierung immer weiter hin. Erst im September verkündete die Behörde zur Atomsicherheit, dass sich die Auslieferung bis mindestens 2020 verschiebt. Bei entsprechend höheren Kosten, wie das "Airforcemag" berichtet.

Mehrkosten und Wartezeit
Ein Grund sind auch die zahlreichen veralteten Komponenten der Atomwaffe. Die Sicherheitslücke fand sich aber im überarbeiteten Lenksystem, dass als Aufsatz auch die alten Bomben smart machen soll. Während die ersten Modelle der B61 einfach abgeworfen wurden, soll die B61-12 dank der montierbaren Heckeinheit auch für Präzessionsschläge geeignet sein. Für die Zielerfassung setzen die Bomben aber nicht auf GPS, sondern bekommen die Koordinaten direkt von ihrem Trägerflugzeug. Wie wichtig der Heckaufsatz ist, zeigen seine Kosten: Von den 8,8 Milliarden Dollar, die für die Modernisierung veranschlagt wurden, gehen alleine 1,1 Milliarden für das Lenksystem drauf. Für das Pentagon ist es eine gute Investition: Für die B61-12 sind 20 bis 30 Jahre Einsatzzeit eingeplant.
Teuer, genial und voller Pannen - das umstrittene F-35 Projekt

Doch nicht nur bei der taktischen Atomwaffe gab es laut des DOT&E Ärger mit Sicherheitsproblemen - sondern auch bei seinem wichtigsten Träger. Neben der F-22 Raptor soll die B61-12 auch im Tarnkappen-Jet F-35 eingesetzt werden. Beim von Boeing-Konkurrent Lockheed-Martin gebauten Kampfjet fanden die Tester ebenfalls Mängel bei der Cybersicherheit. Besonders schwerwiegend: Dieselben Lücken hatte man bereits letztes Jahr bemängelt - behoben wurden sie aber nicht.
Über den F-35 war das DOT&E auch aus anderen Gründen alles andere als glücklich: Die Bordkanone des Kampfjets weise in Tests eine "unakzeptabel" niedrige Treffergenauigkeit auf, so der Bericht. Zudem gebe es mehrere Hundert Softwarefehler, die nicht als sicherheitsrelevant bewertet wurden. Hersteller Lockheed-Martin verteidigte den Jet gegenüber der "Time" trotzdem als "tödlichsten, überlebensfähigsten und bestvernetzten Kampfjet der Welt". Demnach seien über 65 Prozent der Jets einsatzbereit. Vom eigentlichen Ziel des Pentagons ist das aber noch weit entfernt: Der ehemalige Verteidigungsminister Jim "Mad Dog" Mattis hatte im Herbst noch eine Einsatzrate von 80 Prozent als Ziel gesetzt.
Quellen:Jahresbreicht des DOT&E, "Time", "Airforcemag", "The Bulletin"