Der Chaos Computer Club (CCC) hat den Wikileaks-Aussteiger Daniel Domscheit-Berg aus seinen Reihen ausgeschlossen. Als Grund nannte der Vorstand die Präsentation von Domscheit-Bergs Whistleblower-Plattform Openleaks auf dem #link;http://www.stern.de/digital/computer/chaos-communication-camp-2011-hack-the-planet-1716290.html;Sommercamp des CCC# in der brandenburgischen Ortschaft Finowfurt. Dabei habe Domscheit-Berg den Eindruck erweckt, dass der CCC "eine Art Sicherheitsüberprüfung" für das neue Projekt übernommen habe, und so den Ruf des Vereins ausgenutzt, heißt es in der Begründung des einstimmig gefassten Vorstandsbeschlusses. "Der CCC ist kein TÜV", sagte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn im Interview mit dem "Spiegel".
Der Nachrichtenagentur DPA sagte der Sprecher: "Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat." Zuvor gab es massive Unstimmigkeiten, weil Müller-Maguhn keinen Erfolg bei Bemühungen hatte, zwischen Domscheit-Berg und Wikileaks zu vermitteln. Dabei geht es um vertrauliche Daten, die bei Wikileaks eingereicht wurden, und die Domscheit-Berg bei seinem Ausstieg im vergangenen Jahr mitgenommen hat. Der Ausschluss ist nach Angaben Müller-Maguhns erst der zweite in der 30-jährigen Geschichte des Vereins.
Wie "Zeit Online" berichtet, habe es auch auf dem Hackercamp Probleme mit Domscheit-Bergs Vorgehen gegeben. Die Server von Openleaks sollten in Finowfurt aufgebaut und hochgefahren werden. Starker Regen verzögerte den Start dann aber um zwei Tage. Der CCC wirft laut "Zeit Online" dem Openleaks-Macher vor, sich nicht im Vorfeld erkundigt zu haben, ob die Infrastruktur des Camps für diese Aktion überhaupt geeignet gewesen sei.
"Habe viel positives Feedback bekommen"
Der Betroffene reagierte mit Unverständnis und Bedauern auf die Entscheidung. Man habe ihm am späten Samstagabend den Beschluss überreicht, ohne mit ihm darüber geredet zu haben, sagte Domscheit-Berg. Dabei sei er gar nicht Mitglied der allgemeinen Organisation, sondern nur Mitglied beim CCC Berlin. In einem Workshop zu Openleaks auf dem Sommercamp habe es sehr viel positives Feedback zu dem Projekt gegeben. "Ich finde es sehr schade, dass dies nicht gesehen wird."
Eigentlicher Grund für den Ausschluss sei seine Weigerung, auf eine Vermittlung im Streit um die Wikileaks-Dokumente einzugehen, sagte Domscheit-Berg im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Ich kann da aber nichts tun, was eine Quelle potenziell in Schwierigkeiten bringen würde." CCC-Mitglied Felix von Leitner stellt den Streit in seinem Blog so dar: Der Chaos Computer Club habe sich als Vermittler bei der Rückgabe der verschlüsselten Festplatte angeboten, die Domscheit-Berg bei seinem Weggang von Wikileaks mitgenommen hatte. Der ehemalige Sprecher habe zugestimmt, die Harddisk an den CCC zu übergeben, heißt es in dem Blogeintrag. Doch dann sei nichts passiert. Nach elf Monaten habe der CCC das Hilfsangebot jetzt widerrufen.
Im Streit Wikileaks verlassen
Domscheit-Berg war Sprecher der Enthüllungsplattform WikiLeaks, verließ das Projekt aber im vergangenen Jahr nach Streitigkeiten mit dessen Gründer Julian Assange. In seinem Buch "Inside Wikileaks. Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt" beschreibt er, wie er sich mit "diesem verrückten Australier" überworfen habe.
Domscheit-Bergs Alternativprojekt Openleaks will nicht mehr selbst Enthüllungen dokumentieren, sondern nur als neutraler Vermittler dienen zwischen Whistleblowern - also Leuten, die brisante Interna an die Öffentlichkeit bringen - und den Medien sowie Nichtregierungsorganisationen.
Lange Verzögerung
Der Start von Openleaks verzögerte sich lange Zeit. Am vergangenen Mittwoch sagte Domscheit-Berg, jetzt werde die Technik beim Sommertreffen des CCC von Experten auf ihre "Penetrierbarkeit" getestet. Danach solle das Portal in den Dauerbetrieb gehen. Als erste Kooperationspartner nannte Openleaks in Deutschland die Tageszeitung "taz" und der wöchentlich erscheinende "Freitag". Dazu kommen die dänische Tageszeitung "Dagbladet Information", das portugiesische Wochenblatt "Expresso" und die Verbraucherorganisation Foodwatch.
Die Tests sollen nach Angaben Domscheit-Bergs noch bis Dienstag fortgesetzt werden. "Dann werten wir das alles in Ruhe aus und erläutern die Ergebnisse in einem Blog-Beitrag." Der CCC erklärte zu seiner Ausschlussentscheidung, Openleaks sei intransparent. Der CCC könne nicht beurteilen, ob potenzielle Whistleblower, die sich Openleaks anvertrauten, nachhaltig geschützt werden könnten.