Ja, wo bleiben sie denn? Tristesse auf grauen Teppichböden inmitten postmoderner Metallkonstruktionen. Als Aussteller im Niemandsland der Republik muss man hart im Nehmen sein.
Schon wieder einer von diesen Schnorrern. Schleicht sich heran an den Tresen und tut interessiert. Will aber nichts als eines der Give-aways. Hier: Bleistifte. Schleicht sich also ran und kommt der Schale mit den Schreibgeräten immer näher. Macht keine Anstalten, irgendwen nach irgendwas zu fragen. Kommt nur, um Zeugs einzustecken. Und dann fährt er seine Schaufellader aus und grabscht, was er packen kann. Zwei Dutzend Bleistifte vielleicht verschwinden in seiner Messetüte. Und weg ist er. Kein Gruß, kein nichts.
Da, der nächste. Hat Beute schon andernorts gemacht. Kommt mit Luftballons und aufgeblähten Anoraktaschen. Hat nur eine Hand frei. Fragt nichts, will nichts wissen. Will nur Bleistifte. Greift einhändig, nimmt vier. Ist weg.
Thomas Hirschbiegel
Kolumnist für stern.de seit 1997 - und das H der H&A medien: Redaktion, Public Relations und Online-Konzepte.
Warum sind hier alle fast farblos?
Und der Nächste mit Rucksack auf dem Rücken. Blass. Warum sind hier fast alle fast farblos? Wegen der schlechten Luft? Wegen dem vielen Platz in den Hallen? Wegen des Schweinefraßes draußen und drinnen? Oder niedergeschlagen, weil Hotel zu teuer, kein Hotelzimmer bekommen, Eintrittskarte verlegt oder in einer Atempause im Restaurant vergessen und am Platz nicht wieder gefunden, obwohl direkt zurückgelaufen, oder einfach nur schlecht drauf, weil die Schuhe zu eng sind nach all der Lauferei?
Jammerlappen. Wenn jemand jammern darf, dann die Hostessen. Mit kürzeren Röcken und höheren Absätzen denn je, weil das die Umkehrbewegung ist zur Konjunktur, die noch immer hinterher hinkt hinter dem wohlfeilen Gefasel und Thrombosen verursacht in den Waden der bemitleidenswerten Damen, die genauso hübsch wie ahnungslos.
Nicht einmal alte Bekannte kommen
Nicht einmal alte Bekannte besuchen den Stand. Haben kein Interesse oder sind anderweitig beschäftigt oder beides. Schon wieder Schulkinder. Zahnspangen in viel zu weiten Hosen auf der Jagd nach Gratisware: CD, DVD, am liebsten wiederbeschreibbar, zur Not auch mit Software, und dem obligatorischen Ramschbouquet der Werbeexperten, die dem Nichts qua proaktiver Geldverbrennung zuvorzukommen versuchen.
Doch wie es einem geht am Ende eines Tages mit Füßen kartoffeldick nach all dem nutzlosen Herumstehen und einer Laune wie Oliver Kahn nach Roberto Carlos' Kullerball, danach fragt keiner. Nächstes Jahr soll es ja wieder besser werden.