Nach RAM-Kauf im Netz (Teil 2) Eine Odyssee durch den Dschungel des Online-Rechts

Von Jens Lubbadeh
Die Widerrufs-Irrfahrt geht weiter: Der defekte RAM-Streifen ist zurückgeschickt. Der Verkäufer will ihn jedoch nicht erhalten haben. Also erstattet er das Geld nicht zurück - obwohl er es laut Gesetz müsste. Das letzte Mittel: die Zwangsvollstreckung.

Es wird ernst: Man rät mir, dem Verkäufer eine Frist zu setzen, dann einen Mahnbescheid zu beantragen und, falls er dann noch immer nicht zahlen sollte, eine Zwangsvollstreckung zu veranlassen.

Zwangsvollstreckung?

Ich bin unentschlossen - aber klein beigeben will ich jetzt auch nicht. Also beschließe ich, den Weg durch die Instanzen zu gehen, mache mich schlau und finde auch eine sehr hilfreiche Seite: www.internetrecht-rostock.de, die das ganze Prozedere recht gut erklärt.

"Gerade bei Kleinbeträgen ist der Mahnbescheid sinnvoll, um dem Schuldner deutlich zu machen, dass man es bitter ernst meint", sagt Johannes Richard, Rechtsanwalt in Rostock und Experte in Online-Recht.

Ein mühseliges Verfahren

Der Weg zur Zwangsvollstreckung ist lang. Zunächst muss ich einen Mahnbescheid beantragen. Den muss der Schuldner aber nicht hinnehmen - er kann Einspruch einlegen. Und damit sollte er nicht lange warten: "Der Schuldner sollte - wenn er sich im Recht sieht - gleich gegen den Mahnbescheid Widerspruch einlegen", sagt Johannes Richard. Denn ja länger die Sache gedeiht, desto teurer wird es.

Also gut, ich fülle das Antragsformular das, das ich beim Amtsgericht einreichen muss. Zwar kann man den Antrag auch in einigen Bundesländern, unter anderem Hamburg, online stellen, doch erfordert das einigen technischen Aufwand:

Auf den Seiten des Amtsgerichtes Hamburg ist zu lesen:

Voraussetzung für die Nutzung des Online-Mahnantrages ist neben einer entsprechenden PC-Ausstattung mit Internetzugang eine Signaturkarte, da die "elektronische Unterzeichung" des Antrages mit einer "qualifizierten elektronischen Signatur" erforderlich ist.

Signaturkarte?

Qualifizierte elektronische Signatur? Habe ich nicht und will ich mir auch nicht zulegen. Also ziehe ich das Ganze jetzt offline mit Formular durch. Das gibt es übrigens nicht etwa beim Gericht, sondern absurderweise im Schreibwarenladen. Kostenpunkt: circa zwei Euro. Outsourcing heißt hier wohl das Stichwort.

Das Formular ist recht kompliziert. Es muss alles korrekt ausgefüllt sein, sonst wird er nicht bearbeitet und alles verzögert sich. Ist der Antrag eingegangen, bekomme ich eine Bestätigung des Gerichtes, dass der Mahnbescheid dem Verkäufer zugestellt wurde. Das kostet schon mal 18 Euro Gebühr (die ich aber natürlich vom Schuldner zurückfordern kann). Dann ist erst er am Zug: Er hat zwei Wochen Zeit, zu reagieren. Zahlt er, ist alles gut. Widerspricht er dem Mahnbescheid, wird die Sache dem Gericht übergeben und es käme - wenn ich es denn wollte - zum Prozess.

Phase 2

Wird innerhalb von zwei Wochen kein Geld zurückerstattet, geht's weiter und ich kann Phase zwei einleiten: den Vollstreckungsbescheid beantragen. Doch auch hier hat der Schuldner wieder zwei Wochen Zeit, sich zu entscheiden: zahlen (nun allerdings auch alle Gebühren) oder Widerspruch einlegen.

So lasse ich zwei Wochen plus zwei Tage vergehen - doch nichts passiert. Dann beantrage ich den Vollstreckungsbescheid, was unkompliziert ist. Ich muss dazu nur den Vordruck des Gerichtes unterschreiben und zurückschicken.

Ende in Sicht

Mittlerweile ist es Frühsommer geworden. Der iMac surrt leise vor sich hin - längst habe ich ihm - zertifiziertes - Apple-RAM eingebaut. Mit MacOS Tiger schnurrt der acht Jahre alte Rechner nun sanft wie eine Katze. In der Hand halte ich den Brief von Obergerichtsvollzieher Knocke aus Braunschweig - er teilt mir mit, dass der "Schuldner einen Betrag von 91,93 Euro an mich gezahlt hat." Nach Abzug seiner Kosten werde mir der Betrag von 70,83 Euro überwiesen. Der letzte Satz könnte schöner nicht sein: "Die Sache ist damit erledigt."

PRODUKTE & TIPPS