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Neues Ebay-Bezahlsystem Powerseller gehen auf die Barrikaden

Die neuen Zahlungsregeln von Ebay sorgen für Unmut unter den Händlern: Kunden zahlen künftig nicht mehr direkt an die Verkäufer, sondern zunächst an den Internetkonzern. Viele Händler drohen, das Online-Auktionshaus zu verlassen.
Von Peter Neitzsch und Christoph Fröhlich

Ebay ändert im Sommer sein Bezahlsystem. Das Geld für einen Artikel soll der Kunde künftig zuerst an das Online-Auktionshaus überweisen, Ebay leitet die Zahlung anschließend an die Händler weiter. Was den Käufern mehr Sicherheit bieten soll, sorgt unter den Verkäufern für Verärgerung.

"Ein vergleichbares Gebaren habe ich noch in keiner anderen Geschäftsbeziehung erlebt", sagt Jochen Laakmann, Geschäftsführer der Firma "Weiner Autoteile", die ihre Ware auch auf Ebay zum Verkauf anbietet. "Wir müssen unsere Forderungen an die Kunden an Ebay abtreten, das ist ein ungeheuerlicher Vorgang, der dazu führt, dass Ebay bestimmt, wann und wie die Händler ihr Geld sehen."

Laut Ebay erhalten die meisten Händler ihr Geld einen Tag nach Verschicken des Artikels. Im Vergleich zum derzeitigen Modell würde das allerdings eine Verzögerung von mehreren Tagen ergeben, rechnet Laakmann vor. Zum Beispiel wenn ein Wochenende zwischen Bestellung und dem Versand des Artikels liegen würde. Bisher verschickten die Händler die Ware erst nach dem Eingang der Zahlung. "Für mich ist das Nötigung", sagt Laakmann. "Ebay bereichert sich auf Kosten seiner Händler."

Bis zu sieben Tage Wartefrist

Der Autoteileverkäufer Weiner gehört zu den sogenannten Powersellern bei Ebay: Unter dem Namen "teile-freak" verkauft die Firma aus Essen über die Online-Plattform Kfz-Zubehör. Nach eigenen Angaben zahlt der Händler dafür jeden Monat Gebühren zwischen 3000 und 5000 Euro an Ebay. Mit einer Kundenzufriedenheit von hundert Prozent kommt Weiner bei den neuen Ebay-Regeln noch gut weg. Wenn ein Händler eine schlechtere Bewertung habe, würde das Geld noch später ausbezahlt, so Laakmann.

"Die Auszahlungsfrist hängt von der jeweiligen Verkaufshistorie und dem Service-Status des Verkäufers ab", heißt es in den Ebay-Erläuterungen zum neuen Bezahlsystem. Konkret bedeutet das: Neue Anbieter und solche, die die Kriterien nicht erfüllen, müssen bis zu sieben Tage warten. In der Zwischenzeit liegt das Geld auf den Konten des Online-Konzerns. "Die werden ab Juni in Kundengeldern schwimmen", sagt Laakmann.

"Die Zinsen haben nie eine Rolle gespielt"

Maike Fuest, Pressesprecherin von Ebay Deutschland, weist die Vorwürfe zurück: "Wir führen die neue Zahlungsabwicklung nicht mit dem Ziel ein, dadurch zusätzliche Einnahmen zu erzielen." Im Gegenteil: Die Ausgaben für das neue Zahlungssystem würden die Einnahmen um ein Vielfaches überschreiten, erklärt Fuest stern.de.

Durch das neue System soll das Vertrauen der Nutzer in die Handelsplattform Ebay gestärkt werden. "Ein umfassender Käuferschutz und die Möglichkeit, direkt an Ebay zu bezahlen, waren die meist genannten Wünsche der Käufer in Bezug auf das sichere Handeln auf Ebay. Damit unterstützen wir auch das Geschäft der Verkäufer."

Allerdings versteht Fuest die Aufregung vieler Händler: "Uns ist bewusst, dass Veränderungen für unsere Verkäufer nicht immer einfach sind, so müssen ihre Systeme neu angepasst oder die Abläufe umgestellt werden." Deshalb habe sich Ebay so früh wie möglich an die Mitglieder gewandt, um bei der Umstellung auf die neue Zahlungsabwicklung behilflich zu sein.

Neues Bezahlsystem längst aktiv

Insgesamt sind auf dem Online-Auktionshaus 175.000 gewerbliche und mehr als fünf Millionen private Verkäufer tätig. Rund 500.000 Händler nutzen das neue Bezahlsystem bereits. "Wir erfahren viel positives Feedback - sowohl von Käufern als auch Verkäufern", meint Fuest. Um das System weiter zu optimieren, arbeitet Ebay mit besonders aktiven Verkäufern zusammen. "Uns ist wichtig, die neue Zahlungsart an die Bedürfnisse der Verkäufer anzupassen."

Ein Blick in das Ebay-Forum zeigt die derzeitige Stimmung. Die Diskussion umfasst mehr als 1400 Beiträge - in nur acht Tagen. Viele Nutzer sind von dem neuen Regelwerk verwirrt, einige Händler lassen ihrem Ärger freien Lauf: "Für mich als Käufer- und Verkäufer ist eBay ab sofort gestorben. Ich wünsche noch viel Spaß mit ePay", schreibt ein Mitglied mit knapp 3600 positiven Bewertungen.

Weitermachen wider Willen

Einige Nutzer sind überrascht, dass die Stimmung so schnell gekippt ist. Denn ganz neu ist das Zahlverfahren nicht: Seit Ende August testet Ebay in einem Pilotprojekt das neue System. Auch andere Plattformen wie Amazon setzen für Gebrauchthändler auf ein ähnliches Verfahren. Hier muss der Verkäufer ebenfalls auf seine Auszahlung warten - zwischen 24 Stunden und 14 Tagen, abhängig vom Status des Händlers. Hinzu kommt noch die Bearbeitungszeit der Bank, die bis zu fünf Tage dauern kann. In diesem Punkt wäre Ebay seinem Konkurrenten sogar voraus.

Aller Kritik zum Trotz wird "Weiner Autoteile" das Verkaufsplattform wohl auch in Zukunft weiter nutzen, schließlich hängt 20 Prozent des Umsatzes der Firma an dem Online-Auktionshaus. Allerdings sagt Laakmann, er habe "von etlichen Kollegen gehört, die sich deshalb von Ebay verabschieden wollen." Der Händler glaubt nicht, dass sich ein Powerseller gerichtlich gegen die neuen Geschäftsbedingungen zur Wehr setzen wird: "Es wird sich natürlich jeder drei Mal überlegen, ob er gegen einen solchen Giganten klagt."

Im Ebay-Forum sind sich die meisten Mitglieder einig und lehnen das neue Bezahlsystem ab. Ob die Händler der Plattform wirklich den Rücken kehren, wird sich im Sommer zeigen, wenn das neue Verfahren zur Pflicht wird. Ebay wird die Situation genau beobachten. Ein Nutzer bringt es auf den Punkt: "Was ist Ebay ohne die Verkäufer?"

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