Twitter Musk ignoriert Ergebnis seiner Rücktritts-Abstimmung – und wittert eine Verschwörung

Der Twitter-Kauf beschäftigt Elon Musk seit Wochen
Das Ergebnis seiner Abstimmung scheint Twitter-Chef Elon Musk nicht zu gefallen
© Muhammed Selim Korkutata/ / Picture Alliance
Mittels öffentlicher Abstimmungen wollte Elon Musk Twitter demokratischer machen. Und stellte nun sogar seinen Verbleib als Chef zur Wahl. Mit dem Ergebnis will er sich aber offenbar nicht zufriedengeben.

Das scheint der Twitter-Chef sich anders vorgestellt zu haben. Nach Kritik an mehreren seiner Entscheidungen forderte Elon Musk am Sonntag unerwartet seine Follower zur Abstimmung auf: Er fragte sie, ob er weiter den Kurznachrichtendienst führen soll. Das Ergebnis fiel sehr klar gegen ihn aus. Vielleicht genau deswegen wird sie von Musk nun mit keinem Wort erwähnt.

Seit die Umfrage am Montag um 12:00 deutscher Zeit endete, hat Musk sich zwar mehrfach bei Twitter zu Wort gemeldet, direkt zu seiner Abwahl durch die Nutzer hat er sich aber nicht geäußert. Stattdessen retweetete er einen Post zu den sogenannten Twitter-Files und mehrere Pressemitteilungen seiner anderen Unternehmen Tesla und Starlink. Und verkündete, wie gut die Twitter-Zahlen zum WM-Finale ausfielen. Wer wissen wollte, was Musk zum Poll denkt, konnte das dagegen nur indirekt erfahren – aus seinen vielsagenden Antworten auf andere Tweets.

Elon Musk wittert Verschwörung

So nannte Musk einen Post "interessant", der die Legitimität der Abstimmung in Zweifel zieht. Das Ergebnis ist zwar sehr eindeutig – 57,5 Prozent der Nutzer stimmten für Musks Rücktritt –, die sonstigen Statistiken des Tweets erscheinen einigen Nutzern aber als merkwürdig. Die vor einem Monat beendete Abstimmung zur Rückkehr Donald Trumps hatte etwa bei einer vergleichbaren Anzahl von abgegebenen Stimmen eine erheblich höhere Menge an Likes, stellte der Tweet fest, auf den Musk antwortete. Seine Schlussfolgerung: Es müssten Bots dahinter stecken.

Dabei gibt es eigentlich eine viel einfachere Erklärung: Die Trump-Abstimmung sammelte auch nach dem Ende des Polls einen Monat lang weiter Likes, wurde retweetet. Auch Musks Poll hat seit dem Screenshot kräftig zugelegt und innerhalb eines knappen Tages bereits ein Drittel mehr Likes und mehr als doppelt so viele Retweets wie zuvor. 

Radikale Schlussforderung

Der Twitter-Chef scheint die Verschwörungs-Vermutung um die Bot-Manipulation allerdings zu teilen. Schon am Sonntag hatte der durch seine Raubkopien-Plattform Megaupload bekannt gewordene Kim Dotcom den Poll als schlechte Idee bezeichnet. Seine Begründung: Der sogenannte Deepstate – eine unter Verschwörungs-Ideologen beliebte Idee von geheimen Regierungs-Organisationen, die eigentlich die Fäden ziehen würden – habe Musk als "wichtigsten Staatsfeind" identifiziert. Zudem würden sie das größte Bot-Netz bei Twitter betreiben. In Antwort darauf hatte Musk eine radikale Änderung bei Twitter angekündigt.

Dabei stimmte er einem Vorschlag eines Nutzers zu: Nur Abonnenten des Premium-Dienstes Twitter Blue sollten in Zukunft zu Abstimmungen in der Lage sein. "Sie haben wenigsten etwas zu verlieren", behauptete der Nutzer. Musks Antwort: "Guter Punkt. Twitter wird diese Änderung umsetzen."

Die Folgen würden schwer wiegen. Schon jetzt sind Musks Abstimmungen nicht so neutral, wie er das gerne darstellt. Weil er die Polls auf seinem Privat-Account durchführt, werden sie bevorzugt Nutzer gezeigt, die ihm folgen. Dürften nur noch Abonnenten abstimmen, würde das die Ergebnisse noch weiter verzerren. Wer Musks Twitter nicht finanziell unterstützen kann oder möchte, würde automatisch ausgeschlossen.

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Abstimmung ohne Folgen

Schon vor Ende der Abstimmung war spekuliert worden, ob Musk das Ergebnis anerkennen würde. Zwar hatte der Twitter-Chef in den letzten Wochen auch Poll-Ergebnisse teilweise umgesetzt, die gegen seine Interessen ausfielen, etwa bei der Freischaltung von ihm gesperrter Journalisten. In Bezug auf seinen Chefposten hat eine verlorene Abstimmung aber natürlich ein anderes Gewicht.

Ob sich nach einem möglichen Abtreten aber tatsächlich etwas ändern würde, ist ein ganz anderes Thema. Schließlich wäre Musk auch weiterhin der Besitzer des Kurznachrichtendienstes. Ein neuer Twitter-Geschäftsführer wäre immer noch von ihm eingesetzt, dass diese Person vollständig gegen die Interessen des Besitzers arbeiten würde, erscheint extrem unwahrscheinlich. Das weiß auch Musk. Die Idee, sich vom Chefposten zurückzuziehen, hatte er ohnehin schon deutlich früher. Er werde den Posten nur ausführen, bis er einen Nachfolger gefunden habe, erklärte er schon im November. Das scheint sich aber schwieriger zu gestalten, als angenommen, merkte Musk am Sonntag während des laufenden Polls an. "Es gibt keinen Nachfolger. Niemand, der Twitter wirklich am Leben halten könnte, will den Job."

Quelle: Twitter

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