Mithilfe von Apps avancieren Smartphones nicht nur zum Helfer in allen Lebenslagen. Als Navigationsgerät, Freundefinder oder Kalender sammeln die Geräte meist mehr Informationen über ihre Besitzer, als denen lieb sein kann. Ein sensibler Pool von Daten, nach denen sich die Werbebranche die Finger leckt. In einer US-Klage, die unter anderem gegen Apple zielt, wehrt sich nun ein Anwender. Darin heißt es, Anwendungen auf iPhone und iPad würden Nutzerinformationen an Werbenetzwerke weiterreichen - ohne Wissen der Kunden.
Sollte die Klage Erfolg haben, hätte das nicht nur Folgen für Apple sondern für die gesamte Technologiebranche. Auf Handyanwendungen setzen Mobilfunkbranche und Werbetreibende gleichermaßen. Der US-Marktforscher IDC rechnet damit, dass die Zahl der Apps auf Mobiltelefonen und Tablets binnen vier Jahren weltweit von 10,9 Milliarden auf 76,9 Milliarden steigen wird. Der mit Apps erzielte Umsatz werde mehr als 35 Mrd. Dollar betragen.
Apps sollen in allen Lebenslagen eingesetzt werden. Eine Spielwiese nicht nur für Entwickler - sondern vor allem auch für die Werbebranche. Kostenlose Apps werden schließlich immer häufiger mit Werbebotschaften gespickt. Mit den Informationen moderner Handys kann die elektronische Werbung sehr genau ausgerichtet werden.
Dank GPS lässt sich zum Beispiel der Aufenthaltsort feststellen, die heruntergeladenen Programme lassen zudem auf Vorlieben des Nutzers schließen oder greifen sogar auf das Telefonbuch der Besitzer zu.
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der Onlineausgabe der "Financial Times Deutschland"
Will ein Nutzer eine App verwenden, hat er nur die Wahl, diese Zugriffe zuzulassen, oder sich gegen die Anwendung zu entscheiden. Hinzu kommt, dass jedes Handy über eine eigene ID-Nummer verfügt, ein Wiedererkennungsmerkmal, das mit einem Cookie im Internetbrowser vergleichbar ist.
Das "Wall Street Journal" fand in einem Test heraus, dass von 101 Smartphone-Apps 56 die Geräte-ID versandten, ohne den Nutzer um Erlaubnis zu fragen. 47 Programme gaben den Ort des Handys an. Fünf schickten Informationen zu Alter, Geschlecht und anderer persönlicher Details des Nutzers. Mehr als die Hälfte der Apps informierten nicht über den Versand sensibler persönlicher Daten.
Google schiebt den Nutzern die Verantwortung zu
In den USA wurde es einem iPhone-Nutzer zu bunt. Er reichte kurz vor Weihnachten Klage bei einem kalifornischen Gericht gegen Apple und mehrere App-Anbieter ein - und will diese zu einer Sammelklage ausweiten. "Einige Apps verkauften zusätzliche Informationen an Werbenetzwerke - etwa Standort, Alter, Geschlecht, Einkommen, ethnischer Hintergrund, sexuelle Neigung und politische Einstellung", heißt es in der Klageschrift.
Apple war für einen Kommentar am Dienstag nicht zu erreichen. Der iPhone-Anbieter betreibt mit mehr als einer Viertel Million Apps den größten App-Store.
Beim Konkurrenten Google, der mit seinem Android-Marketplace auf mehr als 100.000 Apps kommt, schiebt man die Verantwortung den Nutzern zu. Lasse der Anwender den Zugriff auf bestimmte Telefonfunktionen zu, könne Google nicht ausschließen, dass App-Anbieter die Daten zu Werbezwecken nutzten, sagte ein Sprecher. Nur für den eigenen Werbevermarkter Admob könne man garantieren. Dorthin werde etwa die Geräte-ID nur als Fragment übermittelt.
Datenschützer beklagen, dass die Verantwortung für den Datenschutz allein in der Hand der Nutzer liege. "Der Verbraucher weiß überhaupt nicht, was mit seinen Daten passiert", sagt Moritz Karg vom Datenschutzzentrum in Schleswig-Holstein. Außerdem fehle eine Entscheidung, wer für den Datenschutz verantwortlich sei - der App-Store-Betreiber oder die Entwickler.