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Samsung Galaxy S3 im Test High-Tech-Androide mit Sprachproblemen

Das Galaxy S3 steht in den Läden. Samsung preist sein Android-Handy als schnell und vor allem schlau an. Wir haben das Spitzenmodell getestet - mit leichten Verständigungsproblemen.
Von Christoph Fröhlich

Es kann denken, sehen, zuhören und reagieren: Das Galaxy S3, das neue Smartphone-Spitzenmodell, soll die Wünsche seiner Nutzer erfüllen können, indem es wie sie handelt - das zumindest verspricht Samsung. Das Telefon wurde "für Menschen entworfen", doch das liegt auf den ersten Blick nicht auf der Hand: Mit einem 4,8-Zoll-Display ist das Gerät sehr groß und alles andere als hosentaschenfreundlich, und dort dürften wohl mehr als 90 Prozent der Geräte ihr Dasein fristen. Legt man das Samsung-Flaggschiff auf ein iPhone 4S, wird der Unterschied noch deutlicher: Allein das Display ist fast so groß wie das gesamte iPhone. Für Menschen mit kleinen Fingern ist das Handy somit nur bedingt zu empfehlen.

Polycarbonat statt Plastik

Auch die Hülle des Handys ist nicht jedermanns Geschmack: Statt edlem Metall oder Keramik, wie im Vorfeld vermutet, nutzt Samsung für die Geräterückseite Polycarbonat. Das sieht aus wie Plastik, fühlt sich auch so an - ist in der Verarbeitung aber wesentlich hochwertiger, verspricht der Hersteller. Im Gegensatz zu schnödem Plastik sei das Material wesentlich leichter und stabiler. Auf der Waage bringt das Pluspunkte: 132 Gramm für ein derart großes Handy sind sehr gut, zudem liegt das Gerät trotz der Größe bequem in der Hand. Das kompaktere iPhone 4S ist mit 140 Gramm sogar etwas schwerer, besteht dafür aber auch aus Aluminium und Glas.

Doch ganz überzeugen kann der Werkstoff nicht: Beim Öffnen der Rückseite bleibt die Angst, die Abdeckung zu verbiegen oder gar zu zerbrechen. Vielleicht ist diese Sorge unbegründet - allzu oft sollte man das Handy vielleicht trotzdem nicht öffnen. Wie es besser geht, zeigt HTC beim One X: Das Gerät ist ähnlich groß wie das Galaxy, fühlt sich aber wertiger an. Doch letztlich zählen die inneren Werte. Und die sind beim Galaxy S3 mehr als überzeugend.

Außen pfui, innen hui

Vollgestopft mit modernster Technik gewinnt das Samsung-Handy im Moment jede Leistungsschau. In Belastungstests verweist das Galaxy das iPhone 4S und die übrigen Rivalen auf die Plätze. Das Display mit HD-ready-Auflösung wird von einem Vierkernprozessor mit jeweils 1,4 Gigahertz angetrieben. Der bis zu 32 Gigabyte große interne Speicher lässt sich mit einer MicroSD-Karte um weitere 64 Gigabyte aufstocken. Das ist auch nötig, denn das Testexemplar mit 16 Gigabyte bietet dem Nutzer in der Werkseinstellung nur etwas über 11 Gigabyte Speicherplatz. Mit Spielen und HD-Filmen stößt man damit schnell an Grenzen. Mit Zusatzkarte schafft man es aber auf knapp 100 Gigabyte, weit mehr als das iPhone, dass es maximal auf 64 bringt. Und: Samsung spendiert seinen Nutzern weitere 50 Gigabyte Dropbox-Speicher für volle zwei Jahre, um Dateien in der Cloud zu lagern - wenn man denn möchte.

Die Acht-Megapixel-Kamera auf der Rückseite gehört zu einer der besten in einem Android-Handy, die Frontkamera ermöglicht HD-Videotelefonie. Der Akku setzt mit 2100 Milliamperestunden (mAh) zwar keine neue Bestmarke, im Vergleich zum Galaxy S2 (1650 mAh) ist er aber weitaus besser bestückt. Und: Im Gegensatz zum Großteil der Konkurrenz - wie etwa dem HTC One X oder dem iPhone 4S - ist die Batterie auswechselbar. Ein Segen für jeden Reisenden.

"Near Field Communication", kurz NFC, ist selbstverständlich auch an Bord. Damit ist das Handy für die Zukunft gerüstet und dient unter anderem als digitale Geldbörse. Dank der in Android 4.0 implementierten Funktion "Beam" können Daten kabellos ausgetauscht werden. In unserem Praxistest hat das aber nicht funktioniert: Zwar haben sich die Geräte gegenseitig erkannt, die Datei wurde trotzdem nicht verschickt. Welches der beiden Geräte den Funkverkehr behinderte, konnten wir aber nicht genau ermitteln.

Kein LTE, dafür guter Klang

Das einzige echte Manko: LTE sucht man beim deutschen Galaxy S3, wie auch beim iPad 3, vergebens. Ultraschnelles mobiles Surfen ist damit hierzulande nicht möglich.

Ein großer Pluspunkt, der in Zeiten von Apps und Megapixel-Wahn häufig unter den Tisch fällt: Die Gesprächsqualität beim Galaxy S3 ist sehr gut. Wer mit seinem Smartphone nicht nur spielt, sondern auch noch telefoniert, dürfte mit dem Samsung-Handy gut beraten sein. Sowohl die Lautsprecher als auch das Mikrofon leisten einen guten Job.

Schau mir in die Kamera

An der technischen Ausstattung hat Samsung nicht gespart. Doch erst die Software macht das Gerät zu etwas Besonderem. Als Betriebssystem dient Android 4.0 mit einer modifizierten Oberfläche namens "TouchWiz". Zudem sei das Handy "mehr als smart", verspricht der Hersteller. Bei der Präsentation in London Anfang Mai propagierte Samsung die neueste Schöpfung geradezu als Genie, dass zuhören, zuschauen und selbst denken kann.

Das erhoffte Wunderkind ist es am Ende zwar nicht geworden, aber ein sehr schlaues. Ein Highlight ist die Funktion "Smart Stay": Dabei überprüft die Frontkamera in regelmäßigen Abständen, ob die Augen des Nutzers auf das Display gerichtet sind. Das ist besonders praktisch beim Lesen von E-Books oder Internetseiten, da so nicht permanent der Stromsparmodus den Bildschirm abdunkelt.

Eine weitere Neuerung ist der "Direct Call". Erhält man eine Textnachricht oder schreibt gerade eine SMS und möchte doch lieber mit der Person telefonieren, reicht es, sich dass Telefon ans Ohr zu halten. Das Handy wählt dann automatisch die Nummer des Gesprächspartners. Aber: Bei externen Diensten wie Whatsapp funktioniert der schnelle Anruf nicht. Möglicherweise können Fremdentwickler diese Funktion aber nachrüsten.

Allgemein hat Samsung die Gesten für sich entdeckt: Um einen Screenshot des Bildschirms zu machen, kann man entweder den Home- und Power-Button gleichzeitig drücken oder mit der Handkante über das Display streichen - das erfordert jedoch einiges an Übung. Auch gut gedacht, aber nicht perfekt umgesetzt, ist die Funktion zum Stoppen der Medienwiedergabe: Das Abspielen der Musik lässt sich pausieren, indem man mit der Hand entweder den Bildschirm abdeckt oder das Gerät schnell umdreht. Allerdings bleibt die Funktion nutzlos, wenn das Display ausgeschaltet ist, dann läuft die Musik weiter. Solche Fehler dürften sich aber per Software-Update leicht beheben lassen.

Nervige Sprachsteuerung mit Hörproblemen

Bislang hatte nur das iPhone einen Sprachassistenten, jetzt zieht auch das Galaxy S3 nach. Das Samsung-Pendant zu Apples Siri hört auf den etwas sperrig klingenden Namen S-Voice, und genauso fühlt sich der Sprachdienst auch an. Simple Aufgaben wie das Erstellen von Kalendereinträgen oder das Anrufen von Personen klappen meist ohne Probleme, doch die Genauigkeit der Spracherkennung ist mehr als ausbaufähig. Besonders viel Mühe scheint sich Samsung bei der deutschen Version nicht gegeben zu haben, bereits bei der Begrüßungsnachricht "Sagen Sie 'Hallo Galaxy', um mich aufzuwechen" hat sich ein Rechtschreibfehler eingeschlichen.

Das wäre noch verzeihbar, wenn wenigstens der Dienst überzeugend wäre. Doch nicht einmal die Beispielfunktionen klappen problemlos: Bei der Funktion "Antwort finden" listet Samsung die Frage "Wie hoch ist der Mount Everest". Sieben Mal haben wir das ausprobiert - vergebens. Mal verstand das Handy "Wie hoch ist der Mond West", ein anderes Mal "Wie hoch ist der Mond Terrorist". Einmal sollten wir sogar etwas kaufen und wurden auf einen Shoppingdienst weitergeleitet. Die richtige Antwort bleibt das Gerät bis heute schuldig (8848 Meter). Apples Siri verstand die Frage dagegen gleich beim ersten Versuch, an der Aussprache kann es also nicht liegen. Auch beim Diktieren von Nachrichten ist S-Voice sehr fehleranfällig: Probleme mit Umlauten oder unbekannten Wörtern machen mehr Arbeit, als das Handy einem abnimmt. Dann lieber gleich mit den Fingern tippen.

Fazit

Wer ein neues Highend-Smartphone mit dem Betriebssystem Android sucht, macht beim Galaxy S3 nichts falsch. In punkto Leistung sticht es die Konkurrenz mühelos aus, Gamer werden an dem Gerät ihre Freude haben. Dank des riesigen Bildschirms eignet sich das Handy auch für Menschen, die häufiger Navigations-Anwendungen nutzen oder Filme schauen. Auch die Sprachqualität - und darauf kommt es bei einem Telefon letztlich an - ist überzeugend.

Die vielfach angepriesenen intelligenten Funktionen, die das Smartphone vom Handy-Rest abheben sollten, überzeugen aber nur teilweise. Funktionen wie "Smart Stay" sind praktisch, aber kein Kaufargument. Auch die Verarbeitung wirkt nicht sehr edel und rechtfertigt den stolzen Preis von rund 700 Euro nicht. Wer auf Software-Spielereien, ein größeres Display, etwas mehr Akku und Rechenpower verzichten kann, dürfte auch mit dem Galaxy S2 gut beraten sein. Das dürfte mit dem Erscheinen des Nachfolgers im Preis weiter fallen. Insgesamt ist das Galaxy S3 trotzdem eines der besten Handys am Markt. Die Kinderkrankheiten der intelligenten Funktionen werden aber erst in einiger Zeit auskuriert sein. Spätestens beim vierten Galaxy.

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