Eine schnelle Nachricht an die Freunde, den Eltern-Chat für den Sportverein oder um einen Termin beim Friseur auszumachen: Messenger wie Whatsapp sind für viele Menschen kaum aus dem Alltag wegzudenken. Doch obwohl fast jeder Whatsapp nutzt: Nicht jeder Kontakt ist über die gleichen Messenger zu erreichen. Nun soll diese Hürde endlich fallen.
Seit zwei Jahren baut der Messenger an der Option, alle anderen Messenger in die eigene App einzubinden. Allerdings nicht ganz freiwillig: Betreiber Meta setzt damit eine Vorgabe der EU um. Die hatte Whatsapp und Facebooks Messenger dazu verdonnert, sich für die anderen Chat-Apps zu öffnen, um die Konkurrenz zwischen den Betreibern anzufeuern und Monopolen entgegenzuwirken. Gegenüber "Wired" hat Whatsapp nun verraten, wie das aussehen soll.
Whatsapp öffnet sich für Dritt-Chats
Die Nachrichten aus anderen Apps sollen demnach in einem eigenen Bereich ankommen, der oberhalb der klassischen Whatsapp-Chats angezeigt wird. "Wir wollten ein eigenes Postfach dafür einführen", erklärt Whatsapp-Entwickler Dick Brouwer gegenüber "Wired". Einmal geöffnet, unterscheiden sich die Chats aber nur in Details von Whatsapps eigenen.
Das betrifft vor allem die unterstützten Funktionen: Zunächst wird der Messenger Text- und Sprachnachrichten, den Versand von Bildern, Videos und Dateien unterstützen. Das entspricht der Vorgabe der EU. Sprach- und Videoanrufe oder der Versand von SMS sind bisher nicht Teil der Vorgabe und nach Angaben von Whatsapp auch bislang nicht eingeplant.
Die größte Herausforderung ist die Verschlüsselung: Weil jeder Messenger auf andere Techniken setzt, können die Nachrichten nicht einfach empfangen und lesbar gemacht werden. Whatsapp hat deshalb ein Protokoll entwickelt, mit dem sich andere Messenger in Whatsapp "einklinken" können und die gleiche Verschlüsselung nutzen. Dazu müssen die Betreiber allerdings einen Vertrag mit Meta eingehen. Weitere Details sollen im März folgen, dann soll die Funktion auch bei den Nutzer:innen ankommen.
Marktmacht Whatsapp
Der Zwang zur Öffnung der beiden Meta-Messenger ist Teil der größeren Digital-Initative der EU, des Digital Markets Acts (DMA). Der soll die Monopol-Bildung im digitalen Sektor einschränken und Konkurrenten eine Chance lassen. In diesem Rahmen hatte die EU die sechs Weltkonzerne mit der größten Marktmacht identifiziert und deren Produkte nach Monopol-Potenzial im europäischen Raum bewertet.
Dass bei den Chat-Apps nur Whatsapp und Facebooks Messenger zur Interoperabilität verdonnert wurden, liegt an ihrer enorm weiten Verbreitung: Whatsapp und Facebook Messenger werden zusammen von über drei Milliarden Menschen weltweit genutzt, nur das in China beliebte WeChat kann auch nur in Ansätzen mithalten. In Europa ist allein Whatsapp auf knapp 80 Prozent der Smartphones installiert. Damit schlägt es sogar vorinstallierte Apps: Anders als bei den Browsern Chrome (Googles Android) und Safari (Apples iOS) hat die EU, die auf Smartphones vorinstallierten Messenger nicht als Gatekeeper definiert– weil sie in Europa schlicht nicht an die Nutzungszahlen der Meta-Messenger herankommen.
Wer macht mit?
In der Praxis dürfte es spannend werden, wie viele Messenger die Funktion tatsächlich unterstützen werden – und ob die Kunden sie dann auch nutzen. Denn: Anders als Meta sind die anderen Messenger-Betreiber nicht zum Mitmachen verpflichtet. Auch für die Kunden soll die Integration der anderen Chat-Apps freiwillig sein, muss bewusst aktiviert werden.
Mit Signal und Threema haben bereits Konkurrenten Skepsis gegenüber Metas Plänen angemerkt. Martin Blatter, einer der Mitgründer des Schweizer Messenger Threema, hatte etwa schon den bloßen Ansatz der von Whatsapp nun angebotenen Schnittstellen kritisiert. Sie würden es etwa Whatsapp ermöglichen, Metadaten der Chats auszuwerten. "Aus unserer Warte ist der Schutz der Privatsphäre der Nutzer das Wichtigste", erklärte er gegenüber "Heise". Auch finanziell wäre es für den Messenger nicht interessant: Will man Threema-Nutzer erreichen, muss man den Messenger zuvor kaufen. Könnte man die Nutzer aber über Whatsapp erreichen, fiele diese Hürde weg – und damit die einzige Einnahmequelle des Messengers.
Für Meta ist die Verweigerung der anderen Anbieter indes kein Problem: Die EU-Vorgabe sieht nur vor, dass Whatsapp und der Facebook Messenger andere Apps hinein lassen müssen. Ob die dann mitmachen, liegt nicht in Metas Verantwortung.
Quellen: Wired, Details zur EU-Vorgabe, Statista, Sinch Engage