Generaloberst Oleksandr Syrskyi, Kommandeur der ukrainischen Bodentruppen, gestand, dass die Ukraine dringend Kampfflugzeuge aus dem Westen benötige. Dabei sprach er nicht von der F16, einem Multirole-Fighter, sondern brachte gegenüber "Reuters" die A-10 ins Spiel, ein Erdkampfflugzeug. Der komplette Name Fairchild-Republic A-10 Thunderbolt II "Warthog" (Warzenschwein).
Der Agentur sagte er: "Ich würde die A-10 als Option sehen, wenn sie uns zur Verfügung gestellt würde […] das ist keine neue Maschine, sondern eine zuverlässige, die sich in vielen Kriegen bewährt hat und für die es eine große Auswahl an Waffen gibt. Sie zerstört Landziele, um der Infanterie zu helfen. Sie dient der Zerstörung landgestützter Ziele: Panzer, Artillerie […] alles, was der Infanterie entgegenwirkt."
Berühmtheit für die Hässlichkeit
Die A-10 trägt wegen ihrer unförmigen Hässlichkeit den Spitznamen "Warthog" – also "Warzenschwein". Konzipiert wurde sie für den Angriff gegen Bodenziele auf kurzer Distanz. Gebaut wurde sie seit 1975 und zählt heute zu den legendärsten noch aktiven Flugzeugen der Welt. Ursprünglich wurde sie entwickelt, um die Armeen des Warschauers Pakts aufzuhalten. Im Tiefflug sollte sie die Panzerspitzen angreifen und alles, was sich ihr entgegenstellte, mit der Bordkanone bekämpfen.
Fairchild-Republic A-10 - fast unzerstörbar und mit gewaltiger Feuerkraft

Die A-10 wurde um diese Hauptwaffe herum aufgebaut. Ihre 30-mm-Bordkanone vom GAU-8/A Avenger und ihr typischer Klang werden von US-Soldaten geradezu verehrt. Das liegt an der Rolle des Kampfflugzeugs. Zum Kampf gegen sowjetische Panzerkolonnen kam es nie. Doch wurde die A-10 im Irak und in Afghanistan mit Erfolg eingesetzt. Wenn US-Truppen in Gefahr gerieten, wurde das "Warzenschwein" geschickt, um sie herauszuhauen. Aus ausrangierten Rohren werden für Soldaten Devotionalien wie Kampfmesser hergestellt. Neben der Feuerkraft des Jets beeindruckt seine Fähigkeit, gegnerische Treffer wegzustecken.
Berühmte Vorgänger
Die A-10 ist der Nachfolger von Flugzeugen des Zweiten Weltkriegs wie dem deutschen Sturzkampfbomber "Stuka" Ju-87 oder der sowjetischen Iljuschin Il-2 "Schturmowik" (Iljuschin IL-2 "Schturmowik" – der fliegende Panzer der Sowjets). Von der Schturmowik übernahmen die Amerikaner die Idee, den Piloten in eine Art stählerne Badewanne zu setzen, um ihn vor Bodenfeuer zu schützen. In der Konzeptionsphase der A-10 soll angeblich sogar der Stuka-Pilot und erfolgreichste Kampfflieger des Zweiten Weltkriegs, Hans-Ulrich Rudel, konsultiert worden sein (Ju 87 Stuka – diese Maschine bombte Hitlers Blitzsiege herbei). Auch wenn der bis zum Tode ein notorischer Nazi geblieben war. Im Vergleich zum russischen Gegenstück, der Suchoi Su-25, hat die A-10 eine Besonderheit: Ihre beiden Triebwerke sind oberhalb der Flügel und weit voneinander getrennt montiert worden. Die A-10 übersteht dadurch sogar Treffer und Feuer in einem Triebwerk, während die Su-25 dann meist in Brand gerät (SU-25 Froschfuß – Putins Erdkampfflugzeug ist veraltet, aber fast unzerstörbar) Die A-10 ist ein Tiefdecker mit breiten Flügeln. Sie wurde so gebaut, dass sie in Bodennähe und bei niedrigen Geschwindigkeiten hochgradig beweglich bleibt, um so den Gegner mit der rotierenden Kanone zu bekämpfen.
Anspruchsloses Arbeitspferd
Anders als die F-16, ist das Warzenschwein keine Diva. Als Frontflugzeug kann sie von kurzen Pisten aus starten und auch an Behelfsflugplätzen gewartet werden. Eine weitere Besonderheit: Das Erdkampfflugzeug wurde so gebaut, dass es auch bei schweren Schäden in der Luft bleibt. Insgesamt wurden über 700 A-10 gebaut. Im Betrieb sind heute immerhin noch 280. Für eine Lieferung an die Ukraine spricht, dass diese Flotte bis 2028 komplett ausgemustert werden soll. Selbst die Abgabe von 50 Stück würde kaum ins Gewicht fallen.
Überholtes Konzept
Aber es gibt auch Gründe, die einer Lieferung im Wege stehen. Zunächst die technischen. Die alte Rolle der A-10 lautet, auf kurze Entfernung Bodenziele mit der Bordkanone zu bekämpfen. Das ist in der Ukraine unmöglich. Die Rolle kann das Erdkampfflugzeug nur übernehmen, wenn die eigene Seite die Luftherrschaft über dem Schlachtfeld besitzt, und der dicke, langsame Brummer, nicht von gegnerischen Kampfflugzeugen attackiert wird. Davon kann in der Ukraine keine Rede sein. Dazu kommen die Fortschritte in der Luftverteidigung seit den 1970er Jahren. Die A-10 würde über dem Gefechtsfeld von allen denkbaren russischen Abwehrraketen attackiert und die Infanterie tragbare Raketen – Manpads – gegen das Warzenschwein einsetzen. Die Hauptwaffe hat zwar eine gewaltige Wirkung, aber eben nur auf kurze Distanz. Allerdings könnte die A-10 eine andere Rolle wahrnehmen. Sie könnte Distanzwaffen wie Taurus oder Storm Shadow in die Luft bringen. Missiles, die weit entfernt von der Front gestartet werden.
Weiteres Hindernis: Die A-10 ist ein altes System, das sich bereits in der Ausmusterung befindet. Auf den baldigen Abgang dürften auch Ersatzteile und Instandsetzungskapazitäten angepasst sein. Es ist auch unwahrscheinlich, dass eine nennenswerte Ausbildung neuer Piloten und Techniker für die letzten Lebensjahre des Systems vorgesehen ist.
Dazu kommen politische Probleme. Ein Flugzeug plus der nötigen Logistik ist immer ein sehr teures System. Derzeit ist nicht zu erkennen, dass die USA sich im Wahljahr dazu durchringen werden. Zumal die A-10 auch schon vor dem Ukraine-Krieg in den USA immer ein sehr emotionales und explosives Thema war. Nicht zu vergessen, dass die F-16, die in die Ukraine kommen sollen, eben nicht direkt von den USA bereitgestellt werden, sie stammen aus Dänemark, Belgien und Norwegen. Der Umweg über kleinere Verbündete ist bei der A-10 nicht möglich, sie wird nur von der United States Air Force geflogen.