Strom lässt sich - zumindest im Prinzip - kostengünstig auf nicht fossile Art erzeugen. Windenergie und Fotovoltaik haben dieses Problem bereits gelöst, andere Energieträger werden folgen. Es bleibt ein Problem: Strom lässt sich nicht aufbewahren, er muss gespeichert werden. Fortschritte in der Akkutechnik machen es möglich, Strom über Tage oder einige Wochen aufzubewahren, um so die Schwankungen in der Erzeugung abzufangen, aber es ist absehbar nicht möglich, im warmen Sommer die Heizenergie für den kalten Winter zu bunkern. Bei allen beweglichen Systemen muss zudem die schwere Batterie bewegt werden, vor allem den Luftverkehr stellt das vor Schwierigkeiten.
Silver Bullet der Energiewende
Die Lösung all dieser Probleme verspricht der Wasserstoff. Das Gas hat einen bestechenden Vorteil: Es lässt sich aus Wasser gewinnen und bei der Verbrennung entstehen keine Klimagase oder sonstigen Abgase, sondern nur Wasser. Neben dem Wasser benötigt man lediglich Strom, um das energiereiche Gas mittels Elektrolyse herzustellen. Strom, der auf natürliche Weise hergestellt werden kann. Wird der Wasserstoff dann in der Brennstoffzelle verbrannt, wird aus dem Gas wiederum Strom, der dann einen Motor antreibt.
Das hört sich verlockend an, aber die Tücke steckt im Detail. Die doppelte Verwandlung von Strom und Gas und umgekehrt "frisst" Energie. Der Weg von Strom-Wasserstoff-Strom ist immer weniger effizient und damit teurer als das bloße Verwenden des Stroms. Hinzu kommen die Kosten für Betrieb und Technik der Elektrolyse-Anlage und der Brennstoffzelle. Hier steht die Wasserstofftechnik in Konkurrenz zu den stark sinkenden Kosten einer Batterielösung und wird sich in vielen Anwendungsfällen nicht durchsetzen können.
Anders sieht es aus, wenn die Energie sehr lange Zeit gespeichert werden soll oder über große Entfernungen transportiert werden muss. Denkbar wäre es, Wasserstoff in sonnenreichen, aber menschenarmen Gegenden herzustellen und dann in die Industriestaaten zu exportieren. Aus den Wüsten würde dann kein Erdöl, sondern Wasserstoff geliefert.
Programm der Bundesregierung
Auch die Bundesregierung hat eine Strategie für den Aufbau des Energieträgers Wasserstoff. Bis 2030 sollen Kapazitäten von bis zu 5 Gigawatt für die Erzeugung entstehen. Neun Milliarden Euro sollen in das neue Programm fließen. Das dicht besiedelte Deutschland müsste allerdings erst mal einmal so viel erneuerbare Energie produzieren, dass neben dem akuten Strombedarf Überkapazitäten für die Umwandlung in Wasserstoff bereitstehen würden.
Doch es gibt ein weiteres Problem: Wasserstoff ist ein tückisches Gas und lässt sich bei Weitem nicht so leicht speichern und transportieren wie fossile Gase. Wasserstoff neigt dazu, jeden Tank zu durchdringen, zudem ist es hochgradig explosiv. Technisch lassen sich diese Probleme meistern, aber die aufwendigen Lösungen treiben den Preis nach oben. Einfach in Propangasflasche lässt sich Wasserstoff leider nicht füllen. Also wird daran gearbeitet, Wasserstoff in Trägermaterialien zu binden. Aber auch diese Umwandlungen verbrauchen Energie und treiben die Kosten nach oben. Für eine CO2-freie Zukunft macht nur "Grüner Wasserstoff" Sinn, der aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wird. Heute ist er weit teurer, als Wasserstoff, der mit fossilen Energieträgern hergestellt wird. Strom dürfte nur etwa 2,5 Cent pro kW/h kosten, dann wäre es der Wasserstoff aus Strom genauso teuer, als wenn er heute mit Energie aus fossilen Trägern produziert wird.
Aus dem Blick des Technikers ist Wasserstoff der weiße Ritter, der das Speicherproblem der erneuerbaren Energie lösen kann. Gegen den Helden sprechen letztlich nur die Kosten. Das Rennen um den Pkw der Zukunft ist vermutlich schon von der Akkutechnik für sich entschieden. Auch neue Wunderakkus, die bislang nur im Labor funktionieren, werden die bestehenden Techniken kontinuierlich billiger bei zunehmender Leistungsdichte machen. Die Wasserstofftechnik muss in ganz andere Preisregionen vorstoßen, um eine Chance zu haben.
Starke Wandlungsverluste
Ulf Bossel, Schweizer Maschinenbau-Ingenieur und Brennstoffzellen-Experte, bringt die Probleme gegenüber dem "BR" auf den Punkt. Es ist die mehrfache Transformation der Energieform: "Wenn man dann analysiert, die ganzen Verluste rechnet, kommt man schnell zu dem Schluss, weshalb es die Wasserstoffwirtschaft in der Vergangenheit nicht gegeben hat, weshalb sie sich heute schwertut und weshalb sie in Zukunft vermutlich nie kommen wird: Es ist im Grunde genommen ein riesiges Energie-Verlustspiel. Und wir haben keine Energie zu verlieren, sondern wir müssen sehen, dass wir die Energie, die wir gewinnen, sinnvoll nutzen."