Wie verändert sich die Welt ohne den Menschen? Sie atmet auf und gedeiht – das kann man jedenfalls in der Sperrzone rund um das havarierte Kernkraftwerk von Tschernobyl beobachten. Für den Menschen war der Nuklearunfall ein Unglück, aber allen anderen Arten geht es besser.
Am 26. April 1986 ereignete sich in dem Kraftwerk ein Störfall, in riesigen Wolken zog radioaktives Material über Europa. Über 100.000 Menschen lebten in einer Zone, die als verstrahlt gesperrt wurde. Damals gehörte das Gebiet zur UDSSR, heute zur Ukraine und zu Weißrussland. "Menschen können hier nie wieder leben. Unmöglich – nicht einmal in 24.000 Jahren", sagt die Umweltministerin der Ukraine Hanna Vronska.
Wissenschaftler debattieren die Langzeitfolgen der Strahlung für Pflanzen und Tiere, doch dem Augenschein nach lässt sich die Tierwelt von der Strahlung nicht einschüchtern. Inmitten der allgegenwärtigen Warnzeichen sind Adler und Wölfe wieder die uneingeschränkten Herrscher. Eulen und Spechte besiedeln die Ruinen der Gebäude. Bis auf Forscher, ein paar Jäger und ein paar unentwegte, alte Menschen, die allen Verboten zum Trotz in der Wildnis weiter leben sollen, ist das Gebiet menschenleer. Der weißrussische Fotograf Vasily Fedosenko hat die Tiere in ihrem Reich beobachtet.
Diese Situation dürfte es seit der Steinzeit nicht mehr gegeben haben: Eine Zone so groß wie der Staat Luxemburg wird vom Menschen verschont. Und das in einem Gebiet, das nicht nahe den Polen liegt, sondern den Tieren gemäßigtes Klima, üppige Vegetation und gute Lebensbedingungen bietet.
Die Abwesenheit des Menschen verbessert das Leben der Arten derart, dass es den Wissenschaftlern kaum möglich ist, negative Folgen der Radioaktivität auf ihre Population festzustellen. Minister Vronska will die Sperrzonen in das größte Biosphären-Reservat Europas umwidmen. Dann wäre dieser Staat der Tiere praktisch amtlich.
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