Der menschliche Beitrag zum Klimawandel ist schnell erklärt: Seit dem Beginn der industriellen Revolution verbrennen wir im großen Maßstab fossile Brennstoffe. Zur Zeit der Dinosaurier waren Kohle, Gas und Erdöl noch Pflanzen. Das Grünzeug holte das CO2 aus der Luft und verwandelte es in Biomasse. Wir verbrennen diese Biomasse und - wie es aussieht - heizen die Erde damit so auf, dass sich nur Dinosaurier wohlfühlen werden.
Da gibt es zwei naheliegende Ideen: Nummer eins ist bekannt. Wir müssen mit dem Verbrennen fossiler Energieträger aufhören. Nummer zwei: Am besten wäre es, wenn wir zusätzlich CO2 der Luft entziehen. Die natürliche Methode wäre das Mehren der Biomasse, wie man es durch Aufforstung erreichen kann. Oder etwas technischer, dafür aber schneller durch Algentanks.
Oder aber man setzt Maschinen ein, die CO2 absaugen. Eines von mehreren Projekten steht auf dem Dach der Müllverbrennungsanlage in Hinwil (Schweiz). Die CO2-Fabrik von Climeworks filtert CO2 direkt aus der Luft und boostet mit dem Gas das Wachstum von Pflanzen in einem angeschlossenen Gewächshaus. Sie filtert etwa 900 Tonnen CO2 im Jahr. Das Gas wird dann in ein Gewächshaus umgeleitet. Der Gemüseanbau profitiert von dem Gas, aber das Gewächshaus benötigt keine besondere Technologie.
Skalierbares System
2009 machten sich die Maschinenbaustudenten Christoph Gebald und Jan Wurzbacher in Zürich selbstständig. Ihr Ziel: Ein Material zu entwickeln, das CO2 aus der Luft absorbiert. Die Anlage besteht aus einzelnen Modulen, so lässt sie sich leicht skalieren. In jedem Modul befindet sich ein Ventilator zum Ansaugen der Luft. Die wird über den Absorberfilter geleitet, bis das Material gesättigt ist. Der Filter besteht ursprünglich aus Zellulose. Der genaue Aufbau und die chemische Behandlung des Materials sind das Geheimnis der Firma.
In der Anlage funktioniert der Filter wie ein Molekelül-Schwamm. Die CO2-Moleküle lagern sich an die Poren an. Nach etwa drei Stunden ist ein Schwamm gesättigt. Der Ventilator stoppt und die Box mit dem Filter schließt sich. Durch Erhitzung und Vakuum wird das CO2 in reiner Form freigesetzt. "Das kann man immer wieder machen", sagt Jan Wurzbacher. "Das ist ein Zyklus von Sättigung und Regeneration." Der Prozess ist also relativ aufwendig. Der Standort wurde klug gewählt, die benötigte Wärmeenergie stammt aus der Müllverbrennungsanlage.
Abgasreduktion muss dabei die erste Priorität genießen, aber schon CO2-Fabriken wie die jetzt erstellte Anlage können einen messbaren Beitrag leisten. Davon sind die Gründer überzeugt. "Leicht skalierbare Technologien, um Emissionen rückgängig zu machen, sind entscheidend, wenn wir unter dem Zwei-Grad-Ziel der internationalen Gemeinschaft bleiben wollen", so Christoph Gebald, Mitbegründer und Geschäftsführer von Climeworks. "Unsere Technologie bietet deutliche Vorteile um dieses Ziel zu erreichen und eignet sich hervorragend, um mit der unterirdischen Lagerung von CO2 kombiniert zu werden. Wir arbeiten daran, bis 2025 ein Prozent der weltweiten CO2-Emissionen zu filtern. Um dies zu erreichen, benötigen wir rund 250.000 Anlagen wie die in Hinwil."
Wohin mit dem Klimagas?
Climeworks betreibt inzwischen 14 Anlagen in mehreren Ländern. Aber noch stehen die CO2-Sauger am Anfang. Hauptproblem sind die enormen Kosten, die anfallen, um CO2 aus der Luft zu bekommen. Climeworks rechnet derzeit mit etwa 500 Euro pro Tonne CO2. Außerdem muss eine Lösung gefunden werden, wie das CO2 auf Dauer der Atmosphäre entzogen wird. Im Moment wird es im Gewächshaus dem Kreislauf wieder zugeführt. Denkbar ist es, das Gas unterirdisch zu verpressen. Angesichts der Mengen an fossilen Brennstoffen, die seit 1850 verfeuert worden sind, wird das kaum die Lösung sein. Also arbeitet man daran, das eingefangene CO2 zu einen Feststoff zu verarbeiten. Billiger wäre es, daraus synthetischen Treibstoff zu machen. Doch letztlich entzieht man der Atmosphäre so kein Gramm CO2. Wenn der künstliche Sprit verbraucht ist, ist die CO2-Bilanz zwar null, aber eben nicht negativ.
Noch gibt es ungelöste Probleme und vor allem hohe Kosten. Die Technik steht noch am Anfang, deutliche Kostenreduktionen sind möglich. Auch die notwendige Prozessenergie lässt sich auf natürliche Weise herstellen. Ob CO2-Absaugen letztlich nur unter rein marktwirtschaftlichen Bedingungen ein Bombengeschäft wird, ist dennoch fraglich. Vermutlich wird es die Weltgemeinschaft einiges Kosten, die Schäden der Vergangenheit wieder aufzuräumen.
Ein Problem bleibt: Der Einsatz von CO2-Staubsaugern im großen Maßstab wird erst dann sinnvoll, wenn die CO2-Neuemissionen praktisch auf null zurückgefahren sind. Es wird unsinnig und nicht zu bezahlen sein, wenn auf der einen Seite Kohlekraftwerke und Autos im großen Stil CO2 in die Luft blasen, weil fossile Energieträger billiger sind, als klimaneutrale Alternativen. Und der Steuerzahler auf der anderen Seite Anlagen wie Climeworks bezahlt, die aufwendig das Gas wieder einfangen, welches soeben achtlos produziert wurde.