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Sturmgewehr Wieso die AK-47 zur berühmtesten Waffe der Welt wurde

Über Jahrzehnte war die AK die Ordonnanzwaffe der Roten Armee.
Über Jahrzehnte war die AK die Ordonnanzwaffe der Roten Armee.
© Commons
Die AK 47 ist das am meisten verbreitete Sturmgewehr der Welt. Trotz einiger Schwächen stachen die Vorzüge der Konstruktion alle Konkurrenten aus.

Die Kalaschnikow AK-47 ist das bekannteste Gewehr der Welt. Das liegt an der Verbreitung – über 100 Millionen Exemplare wurden gebaut – und auch am Personenkult um den Konstrukteur Mikhail Kalaschnikow, der ganz bewusst in der UdSSR aufgebaut wurde. Die Erzählung von dem verwundeten Rotarmisten, der im Krankenbett beschloss, eine wirksame Waffe für seine Kameraden zu bauen, war ganz der Stoff, aus dem die Helden der Sowjetunion gemacht worden sind.

Um die Entstehung der Kalaschnikow ranken sich daher zahlreiche Legende, vor allem nach dem Zerbrechen der UdSSR wurde erbittert darum gestritten, wie groß der Anteil von Kalaschnikow tatsächlich war und auf welche Vorarbeiten er zurückgreifen konnte. Für die Bedeutung der Waffe selbst hat der Streit keine Bedeutung. Und Mikhail Kalaschnikow hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er große Unterstützung bekam und bei seinen Arbeiten Waffen anderer Länder, darunter das deutsche Sturmgewehr 44, studieren konnte. Denn es gehörte auch zu den Heldenlegenden der UdSSR, dass das Kollektiv im Hintergrund den Erfolg erst möglich macht. "Viele Soldaten fragen mich, wie man Konstrukteur werden kann und wie neue Waffen konstruiert werden. Das sind sehr schwierige Fragen. Jeder Konstrukteur hat seine eigenen Wege, seine eigenen Erfolge und Misserfolge. Aber eines ist klar: Bevor man versucht, etwas Neues zu schaffen, muss man alles, was es auf diesem Gebiet bereits gibt, gut einschätzen können. Ich selbst habe viele Erfahrungen gemacht, die dies bestätigen."

Entwicklung der Nachkriegszeit

Das Kürzel "47" zeigt, dass die Waffe nach dem Zweiten Weltkrieg fertig wurde, also im Weltkrieg nicht im Einsatz war. Das Ziel ihrer Entwicklung war es, eine absolut verlässliche und einsatzbereite Waffe für den Rotarmisten bereitzustellen, die die Feuerkraft einer Maschinenpistole mit einer höheren wirksamen Reichweite kombinierte. Die PPSch-41 war die russische Maschinenpistole des Krieges, sie galt als außerordentlich verlässlich und wurde von deutschen Soldaten der eigenen Schmeisser MP 40 vorgezogen. Diese Verlässlichkeit sollte auch die AK besitzen, die in der UdSSR übrigens als Maschinenpistole firmierte.

Ähnlich wie die Deutschen benötigte die AK daher ein spezielles Mittelkaliber, in der Größe zwischen den Gewehr- und Pistolenpatronen. Die damaligen Gewehrpatronen waren zu groß und zu schwer, um ein Sturmgewehr mit vielen Schuss Munition auszustatten. Auch gab die PPSch-41 mit ihrem 71-Schuss-Trommelmagazin einen enormen Wert vor. Die Sowjets wählten das Kaliber 7.62×39mm und folgten damit in etwa den deutschen Entwicklungen für das Sturmgewehr 44 (7.92×33mm Kurz). Mit dem Kaliber und dem gleichen Konzept enden aber auch die Gemeinsamkeiten von AK-47 und StG 44. Das ähnliche Aussehen mit dem gebogenen Magazin verführt immer wieder dazu, die Kalaschnikow als eine Art Nachbau des StG 44 anzusehen, das ist nicht der Fall.

Entwickelt für große Gefechte  

Die AK-47 war für ihren ursprünglichen Einsatzzweck perfekt geeignet – um zu verstehen, wo ihre Grenzen sind, sollte man sich den vor Augen halten. Bei der Konstruktion wurde nicht an einen auf sich allein gestellten Schützen und sein Ziel gedacht. Die AK-47 wurde für Großkampflagen gebaut, wie die Russen sie aus dem Zweiten Weltkrieg kannten und wie man sie im Kalten Krieg plante. Und das sah dann so aus: Begleitet von gepanzerten Fahrzeugen stürmen die Infanteristen voran. Auf größere Entfernung wird der Gegner von Artillerie, Luftwaffe und Maschinengewehren niedergehalten. Gleichzeitig feuern die Panzer aus allen Rohren auf die gegnerischen Stellungen. Die AK-47 kommt erst auf kürzere Entfernung zum Einsatz. Und nicht mit einzelnen Schüssen. Durch massiven Einsatz halten ihre Salven den Gegner in seiner Position und erst auf kürzeste Entfernung werden gegnerische Soldaten gezielt mit Feuerstößen bekämpft.

Eine Treffergenauigkeit wie für Scharfschützen oder einen Jäger ist für so einen Einsatz nicht notwendig. Starke Feuerkraft, ein großes Magazin und absolute Verlässlichkeit sind die zentralen Stärken der Waffe.

Die AK taucht in jedem Bürgerkrieg der Welt auf - hier im Sudan.
Die AK taucht in jedem Bürgerkrieg der Welt auf - hier im Sudan.
© Alberto Arzoz / Picture Alliance

Einfachheit als Prinzip

Die AK-47 wird aus wenigen Teilen zusammengebaut, sie zu reinigen und zu warten, ist buchstäblich kinderleicht. Heute erreichen das viele Sturmgewehre, doch damals war es eine große Leistung. Der Konstrukteur sagte dazu: "Als junger Mann habe ich irgendwo Folgendes gelesen: Gott der Allmächtige sagte, 'Alles zu Komplizierte ist unnötig, und das Notwendige ist einfach.' ... Und das wurde zu meinem Lebensmotto - Ich habe Waffen zur Verteidigung der Grenzen meines Vaterlandes so konstruiert, dass sie einfach und zuverlässig sind."

Dazu sorgte Kalaschnikow dafür, dass sein Sturmgewehr mit allen Widrigkeiten der Umwelt zurechtkam. Die Maße waren absichtlich so berechnet, dass die Waffe nicht klemmte. Durch die großen Toleranzen arbeiteten AK's auch, wenn sie aus schludriger Fertigung stammen. Auch das war eine wichtige Voraussetzung, die AK sollte einfach zu produzieren sein. Man kann sie also kaum mit heutigen Waffen auf Basis der AR-15 vergleichen, die eine Hightech-Fertigung benötigen. Da Verbrennungsrückstände abgeführt werden, kam die Waffe auch mit mangelhafter Munition zurecht. Zur AK gibt es unzählige Geschichten, wie die Waffen tagelang in Schlamm liegen konnte, aber dennoch feuerbereit war, als ein Soldat sie aus dem Dreck holte. Vor allem die Temperaturbeständigkeit war für Russland ein wichtiger Punkt. Hier konnte es passieren, dass die Waffe aus einem überhitzten Unterstand in 40 Grad Kälte herausgenommen wurde, und dennoch sollte sie funktionieren.

Heute veraltet 

All diese Entscheidungen gingen jedoch zulasten der Genauigkeit bei langen Distanzen. Oberhalb von 300 Metern nimmt die Einzelschussgenauigkeit ab. Im sowjetischen Militär begegnete man diesem Problem, indem jede Gruppe einen Schützen mit einem weitreichende Dragunowgewehr besaß. Die klassische Kalaschnikow hat neben der Zielgenauigkeit weitere Nachteile. Probleme in der Ergonomie sind der Zeit geschuldet. 70 Jahre später hat man einiges dazu gelernt. Das Magazin lässt sich zum Beispiel nur schwer einführen. Blickkontakt ist nötig, um die Bewegung auszuführen. In gut trainierten Armeen wie der NVA wurde das solange geübt, bis es auch im Dunkeln klappte – schwierig war es allemal.

Ebenso ein Problem ist der charakteristische Sicherungshebel, der auch auf Einzel- bzw. Dauerfeuer umschaltet. Um ihn zu erreichen, muss der Finger vom Abzug genommen werden, auch das würde man heute anders lösen. Die Unverwüstlichkeit ist der Grund, warum die AK-47 in der ganzen Welt eingesetzt wurde und noch heute wird. Bis 2009 sind etwa 100 Millionen Exemplare der AK gebaut worden. Eigentlich ist das ein Wunder, denn zum eigentlichen Einsatz – stürmende Grenadiere in einer Panzerschlacht – kam es in diesen Kriegen nicht.

Das Gewissen des Konstrukteurs

Kalaschnikow selbst beschäftigte immer die Frage nach seiner Verantwortung. Stets war er stolz auf seine Waffe. Sagte aber auch immer, dass nur die Deutschen Schuld an dieser Wendung in seinem Leben waren, ohne den Krieg hätte er lieber nützliche landwirtschaftliche Maschinen konstruiert. Diese zwiespältige Haltung verstärkte sich noch, als die AK in Bürgerkriegen auf dem ganzen Erdball auftauchte. Im Kampf gegen die Truppen der UdSSR verlangten sogar die afghanischen Mudschaheddin die Lieferung von AKs von ihren amerikanischen Verbündeten. Das beunruhigte den Konstrukteur sehr, aber er sagte auch, dass die Terroristen eben nicht dumm seien und daher die zuverlässigste, nämlich seine, Waffe wünschten.

Mikhail Kalaschnikow starb 2013 im Alter von 93 Jahren. Im Alter quälten ihn immer mehr Gewissensbisse wegen der Menschen, die durch seine Waffen gestorben sind. Auf dem Totenbett schrieb Kalaschnikow an das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche: "Ich stelle mir immer wieder dieselbe Frage: Wenn mein Gewehr Menschenleben gefordert hat, kann es dann sein, dass ich als Christ und orthodoxer Gläubiger schuld an ihrem Tod bin?"

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