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Waffen USA Wie das Sturmgewehr AR-15 zur Lieblingswaffe der Amerikaner wurde

Die AR-15 ist keine Waffen für Scharfschützen - aber auf Distanzen bis zu 200 Meter trifft die Waffe präzise.
Die AR-15 ist keine Waffen für Scharfschützen - aber auf Distanzen bis zu 200 Meter trifft die Waffe präzise.
© Jim Watson
Massaker, Morde und Waffenwahn – das verbinden Europäer mit der AR-15. Auch bei dem jüngsten Massenmorde in den USA war sie die Tatwaffe. Doch in den USA wird das Sturmgewehr geliebt. Inzwischen ist es die Standardwaffe der Amerikaner.

In Europa verbinden wir mit dem Sturmgewehr AR-15 schreckliche Massaker – in Aurora, Newtown, San Bernardino, Sutherland Springs und auch Las Vegas wurden mit dieser Waffe Unzählige erschossen. Trotz alledem: Wenn es eine "Waffe der Herzen" in den USA gibt, ist es dieses kleine Sturmgewehr. Nach jedem Massaker werden die Waffenläden gestürmt – aus Angst, die Regierung könnte den Verkauf reglementieren. 

Ursprung in einer Kriegswaffe

Der Start der AR-15 verlief eher unspektakulär. Die Waffe wurde in den 50er Jahren entwickelt, für die Bedürfnisse der modernen Kriegsführung. Die Anforderungen glichen denen, die bereits zuvor zur Entwicklung des deutschen Sturmgewehrs 44 und der russischen Kalaschnikow geführt hatten. Viel Munition und hohe Schussfolge zählten mehr als Präzision und Reichweite. Aus der AR-15 wurde dann das damalige Standardgewehr der US-Truppen im Vietnamkrieg, die M16, entwickelt.

Die AR-15 ist keine Waffen für Scharfschützen - aber auf Distanzen bis zu 200 Meter trifft die Waffe präzise.
Die AR-15 ist keine Waffen für Scharfschützen - aber auf Distanzen bis zu 200 Meter trifft die Waffe präzise.
© Jim Watson

Sturmgewehr mit zahllosen Nachbauten

In den zivilen Bereich kam die Waffe erst sehr viel später. Als der ursprüngliche Patentschutz auslief, begannen mehrere Firmen billig Nachbauten und Varianten herzustellen. Die Waffengesetze in den USA führten dazu, dass die zivilen Modelle keine echten Vollautomaten mehr waren, jeder Schuss musste mit einem Fingertippen ausgelöst werden.  Aber auch damit lässt sich eine hohe Schussfolge erzielen, wie zahllose Anschläge beweisen. Das stört die Waffenfans in den USA nicht. Im Gegenteil, sie fasziniert die AR-15 gerade wegen der direkten Abstammung vom Militärgewehr M16 – so wie jede Kalaschnikow vom Ruhm der AK-47 zehrt.

Hinzu kommt die Kombination von geringem Gewicht und der ungeheuren Zerstörungskraft. Im Gegensatz zu einem Gewehr ist die AR-15 handlich genug, um auch in Häusern und Räumen benutzt zu werden. Im Vergleich zu einem klassischen Revolver oder einer Pistole verfügt die AR-15 über eine weit größere effektive Reichweite, eine hohe Kadenz - also eine hohe Schussfrequenz - und ihre Munition ist schon in der Standardausführung besonders zerstörerisch.

In der Reklame wird betont, dass man so Haus und Wohnung schützen könne. In Wirklichkeit richten Kriminelle ungeheuren Schaden mit der Kriegswaffe an. "Wenn diese Geschosse mit hoher Mündungsgeschwindigkeit ein Organ treffen, ist es wahrscheinlicher, dass sie schwere oder tödliche Verletzungen zufügen, als Munition mit niedrigerer Mündungsgeschwindigkeit", sagte Donald Jenkins, ein Unfallchirurg am University of Texas Health Science Center in San Antonio dem Sender "NBC News". Der TV-Sender hat dem Siegeszug des Sturmgewehrs ein großes Feature gewidmet (America’s rifle: Why so many people love the AR-15, Jon Schuppe)

Nach dem 11. September setzte sich die AR-15 durch

Versuche der Regierung, diese Art von Waffen zurückzudrängen, hatten kaum Erfolg. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington wurde die AR-15 zum Standard. "De-facto ist das heute unsere Standardwaffe", sagte Evan Daire, Mitarbeiter einer Shooting-Anlage, dem Sender. "Ganz egal, was du vorhast, die AR-15 geht für alles."

So wie Tempo für Taschentücher steht der Name AR-15 im US-Alltag inzwischen für eine ganze Gattung von Sturmgewehren - die sich in den Details unterscheiden, im Konzept aber alle ähnlich sind. Inzwischen ist jede fünfte verkaufte Waffe in den USA ein Sturmgewehr.

Das Gewehr für Bastler und Tuner

Der Erfolg der AR-15 beruht auch auf einer hierzulande wenig bekannten Besonderheit: Eine AR-15 kann individuell verändert werden. Mit wenigen Handgriffen kann man eine Waffe zerlegen und wieder zusammenbauen. Jedes einzelne Modul kann angepasst werden. Die Standardwaffe aus dem Regal ist so variabel wie ein Legobaukasten - selbst das Kaliber lässt sich variieren. Viele Leute kaufen gar keine fertige AR-15, sondern setzen ihr individuelles Modell zusammen.

Durch die bloße Feuerkraft versprechen Sturmgewehre in der Art der AR-15 Schutz in jeder Bedrohungssituation. In Waffenforen machen sich Ex-Soldaten über den Sturmgewehr-Wahn in der Heimat lustig. Da stößt man auf Marines, die erklären, ein sechsschüssiger Revolver und ein Kampfmesser genügten, um Haus und Familie zu schützen. Mit der AR-15 könnte sich aber – so das Versprechen der Waffenlobby – auch ein verängstigter, mittelprächtiger Schütze einer Gruppe von Angreifern erwehren. Nicht gesagt wird, dass auch ein Laie damit Dutzende von Opfern erschießen kann.

Die AR-15: Mehr als eine Waffe

NBC befragte auch die junge Megan Hill, eine typische Käuferin. Als sie über die Familienplanung nachdachte, entschied sie, dass eine Waffe zum Haushalt gehöre. Sie und ihr Mann sind keine Waffennarren, also wollten sie etwas Sicheres, Zuverlässiges und Vielseitiges zu einem vernünftigen Preis. Und landeten unweigerlich bei einem Sturmwehr. "Wir haben uns die AR-15 angesehen und sie hat alles geboten", erklärte Hill, dem TV-Sender. "Man kann mit ihr gezielt schießen, sich schützen und auch jagen. Zum Glück mussten wir sie nicht zur Selbstverteidigung einsetzen. Aber es ist gut zu wissen, dass die AR-15 da ist, um meine Kinder und meine Familie zu schützen."

Für Hill ist die Waffe im Schrank auch ein Symbol, aber nicht für die Toten der Massenmorde. Die junge Frau erklärte rundheraus: "Unsere Freiheit ist das, was uns als Nation stark macht. Die AR-15 repräsentiert diese Freiheit."

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